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Aktuelle Ausgabe

Editorial

Kulturpolitik

Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester

Auf ein Wort mit...
Fabrice Bollon, Generalmusikdirektor des Theaters Freiburg

Hinter den Kulissen brodelt es
Die Semperoper sucht wieder einen neuen Intendanten

Portrait

Und dann waren zwanzig Jahre um...
Der Dresdner Kinderchor und sein Leiter

Gesundheit

Den Schmerz vermeiden
Die Praxis Pöhlmann & Götz betreut Tänzer des Bayerischen Staatsballetts

Gesundheitsförderung für Musiker
Prävention bei Orchestermusikern als Modellprojekt

Wenn zwei sich streiten
Mediation und deren Anwendung in Kulturbetrieben

Konfliktlösung und Feuerwehr
Jutta Sirotek über ihre Konfliktsprechstunde an der Bayerischen Staatsoper

Berichte

Mittelalterlicher Bilderbogen
„Der feurige Engel“ an der Komischen Oper Berlin

Lokal, regional, international
Die erste Heidelberger Tanzbiennale

Eine Liebesgeschichte geht zu Ende
Vladimir Malakhovs Abschied von Berlin

Hollaender aktuell
Dagmar Manzel singt live

Begegnung mit dem Unbekannten
Das Tanzprojekt „fremd“ in Vorpommern

Ohne rechte Attacke
Wilfried Hillers „Flaschengeist“ in München

Menschliche Implosion
Yuki Moris „Intime Briefe“ und „Sacre“ in Regensburg

Klangfarbe bekennen
Mark Andres Oper „wunderzaichen“ in Stuttgart

CD-Tipp
Dagmar Manzel, Menschenskind

Klassiker des Tanztheaters
Zwei neue Tanz-DVDs

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Editorial

In was für Zeiten leben wir? Es passieren merkwürdige Dinge in der Welt. Dinge, die normaler Weise nur als Fiktion in Geschichten auftauchen, die – in künstlerischer Überhöhung – eigentlich nur auf unseren Bühnen stattfinden sollten.

   

Gerrit Wedel

 

So erinnert die Situation in der Ukraine mit der unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten höchst fragwürdigen dreisten Landgewinnung Russlands schon recht deutlich an die in russischen Opern zelebrierten Intrigen. Flugzeuge verschwinden auf unerklärliche Weise – und selbst die NSA weiß nicht, wo. In Venezuela verstärken sich die Proteste gegen das System, ganz zu schweigen von der Türkei mit den zunehmend heftiger werdenden Auseinandersetzungen, die sich vor allem um die Zensur drehen und mit dem Zwitscherverbot einen vorläufigen Höhepunkt erreicht haben. Die Tragödie um Fukushima oder der Bürgerkrieg in Syrien geraten schon fast in Vergessenheit.

Aber es kommt noch verrückter: Ein Ex-Fußballspielender Wurstfabrikant und Weltmeister nötigt der Kanzlerin „hohen Respekt“ dafür ab, dass er als verurteilter Straftäter seine Strafe für eine der spektakulärsten Steuerhinterziehungen von über 28 Millionen Euro (inklusive Solidaritätszuschlag!) akzeptiert. Verkehrte Welt, wenn man für ein derartiges Verhalten sogar noch von höchster staatlicher Stelle eine solche Anerkennung – übrigens unter Verzicht auf jegliche Anspielung auf die Verwerflichkeit des vorangegangenen Tuns – erntet. Wie geht es da all den anderen Verurteilten in unserem Land? Nur nebenbei sei bemerkt, dass allein von diesem hinterzogenen Zocker-Geld die Probleme in der Kulturfinanzierung von zwei Bundesländern (Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern) gelöst werden könnten – und hierbei handelt es sich nur um die Steuern auf einen Teil der erzielten Spekulationsgewinne!

Aber auch der Ex-Intendant des Wiener Burgtheaters Matthias Hartmann ist nicht nur etwas zu großzügig mit dem Geld des Hauses umgegangen, sondern hadert überdies mit den Steuerbehörden und hat gerade seine Selbstanzeige verfasst, da er einen Teil seiner Gage in Höhe von 110.000 Euro nicht angegeben hatte. Ist zwar nicht ganz die Liga Hoeneß, aber Hartmann arbeitet ja auch nur im künstlerischen Bereich.

Geradezu niedlich, wenngleich doch höchst befremdlich ist da dann schon, wie man im Freistaat Sachsen, wo das Finanzministerium sonst jeden Cent mindestens dreimal unter der Lupe umdreht, bevor er das Haus verlassen darf, aktuell mit den Kulturmitteln umgeht. Wo sonst Mittel gestrichen oder nicht oder, wohl um ein paar Cent zu sparen, um Monate verspätet ausgezahlt werden, wird in der Frage um die Intendanz der Semperoper, die von Herrn Dorny noch nicht einmal angetreten werden musste/konnte/durfte, im Rahmen der Kompetenzrangeleien ungehemmt ein Verlust von 1,5 Millionen in Kauf genommen, die Herr Dorny nun im Begriff ist einzuklagen. Die Schuldzuweisungen auf beiden Seiten füllen inzwischen so manches Bücherregal. Immerhin hatte die Kulturministerin Frau von Schorlemer den Tanz eröffnet, indem sie in ungewohnt scharfem Ton gegenüber der Presse verlauten ließ: „Vorhandenes und entgegengebrachtes Vertrauen hat er in kürzester Zeit verspielt. Zu unserer großen Enttäuschung hat er den Erwartungen, die wir in ihn gesetzt hatten, nicht entsprochen.“ Hätte man das nicht früher herausfinden können?

Immerhin, sie lässt es offensichtlich an „diplomatischer“ Deutlichkeit nicht mangeln, vielleicht wäre das ja auch ein passendes Vorbild für den Umgang mit dem russischen Präsidenten Putin, den man dummerweise nicht einfach so entlassen kann? In dem Zusammenhang kommt dann auch der Gedanke auf, dass man, wenn man den Herrn nicht schlagen kann, auf den Knecht eindrischt. Sprich: Ist Putins Fürsprecher auf Erden (also in Bayern), Valery Gergiev, als Chefdirigent in München noch haltbar – oder ist zumindest der zu entlassen?

Alles Vorlagen, die Stoff zur Auseinandersetzung auf der Bühne sein sollten, wenn nicht die Realität hier immer wieder der Bühne den Rang abliefe. Happy End nicht inklusive...

Gerrit Wedel

 

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