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Berichte

Hitzelose Hexenjagd

Ottorino Respighis „La Fiamma“ an der Deutschen Oper Berlin

Von Dieter David Scholz

Ottorino Respighi ist neben den Veristen Giacomo Puccini und Pietro Mascagni, einem erklärten Anhänger Mussolinis, der einzige Komponist der um 1880 geborenen „generatione dell’80“, dessen Werke und vor allem sinfonische Dichtungen – zumal die „Trilogia romana“ – den italienischen Faschismus überlebt und Eingang ins Repertoire gefunden haben. Respighi war allerdings auch der „unpolitischste“ seiner Zeitgenossen.

Die Deutsche Oper Berlin grub nun das 1934 in Rom uraufgeführte Stück „La Fiamma“ aus. Es ist Respighis letzte vollendete Oper und so etwas wie seine kompositorische Summe, sein „Weltabschiedswerk“. Die Oper nach dem Libretto von Claudio Guastalla basiert auf der Geschichte von Anne Pedersdotter, einer Norwegerin, die der Hexerei beschuldigt und 1590 auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Die Handlung wird aber ins byzantinische Ravenna des siebten Jahrhunderts verlegt, was die Berliner Inszenierung von Christof Loy allerdings verleugnet. Stattdessen sieht man die Verlängerung des Zuschauerraums der Deutschen Oper auf der Bühne, mit denselben Holzvertäfelungen, Treppen, mehreren Bühnenrahmen, Schiebewänden und gelegentlichen Ausblicken auf Landschaften, Qualm und Feuer einer angedeuteten Hexenverbrennung. Für das nackte, sterile Bühnenbild ist Herbert Murauer, verantwortlich. Kostümiert wurden die Darsteller und Darstellerinnen von Barbara Drosihn allesamt in zeitlos-modernen schwarzen Anzügen beziehungsweise Abendkleidern.

Ottorino Respighi, „La fiamma“ mit dem Ensemble der Deutschen Oper Berlin, Foto: Monika Rittershaus

Ottorino Respighi, „La fiamma“ mit dem Ensemble der Deutschen Oper Berlin, Foto: Monika Rittershaus

Die intrigenreiche, brutale, faszinierende Oper wurde mit ihrem farbig schillernden Amalgam aus Ravel, Strawinsky, Rimsky-Korsakov und Monteverdi wurde in der mutlosen Lesart des Dirigenten Carlo Rizzi und dem gut disponierten Orchester der Deutschen Oper Berlin leider nicht ansatzweise angemessen realisiert. Rizzi dirigierte einen eher zärtlichen, verinnerlichten Respighi, harmloser als notwendig. Die im Stück so wichtigen Chöre der Deutschen Oper (Einstudierung Jeremy Bines) befleißigten sich durchweg einer viel zu lauten, ja brachialen Interpretation.

Thema der intrigenreichen Oper ist die Angst der im Stück auftretenden Frauen vor dem Vorwurf der Hexerei und die Hexenjagd. Der Titel des Stücks bezeichnet in erster Linie, was Silvana selbst als ihre gesteigerte Liebesfähigkeit beschreibt, ihre innere Flamme. Die weibliche Hauptfigur der Oper liebt ihren Stiefsohn und wird deshalb als Hexe verbrannt. Die russische Sopranistin Olesya Golovneva beglaubigt dies allerdings keineswegs. Sie spielt und singt eine schroffe, harte Frau. Von lyrischer Süße und beseeltem Feuer in der Stimme keine Spur. Stattdessen Schreigesang.  Auch ihr Liebhaber und Stiefsohn Donello war mit dem russischen Tenor Georgy Vasiliev fehlbesetzt. Man vermisste bei seinem angestrengten Tenor jugendlichen Glanz, Strahlkraft und wenigstens eine Spur von Belcanto. Mit eben dem glänzte dagegen der italienische Heldenbariton Ivan Inverardi als gehörnter Ehemann Silvanas, des Statthalters von Ravenna. Er war der sängerische und darstellerische Höhepunkt der Aufführung.

Daneben gab es im großen Ensemble allerdings weitere beachtliche Stimmen: Die Eudossia der Wiener Sopranistin Martina Serafin war eindrucksvoll, und die unverwüstliche Sängerdarstellerin Doris Soffel sang eine sensationelle Agnese di Cervia, die als Erste auf dem Scheiterhaufen endet. Auch die Monica (eine der Frauen Silvanas) der zauberhaften koreanischen Sopranistin Sua Jo zeigte außerordentliche Gesangskultur, ebenso der schwarzstimmige Exorzist des jungen, amerikanischen Bassbaritons Patrick Guetti. Auch das übrige Ensemble war insgesamt rollendeckend. Gesanglich eine beachtliche Leistung der Deutschen Oper Berlin (von den beiden Hauptfiguren abgesehen). Die sterile Regie und perfekt gestylte, aber nur aseptisch andeutende Inszenierung lässt jedoch kalt. Schade um das Stück und seine Musik.

Dieter David Scholz

 

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