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„Die ganze Stadt ist Bühne“
Geschichte, Hintergründe und Programm der Salzburger Festspiele

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Opulent, mitreißend, spannend
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Die Bregenzer Festspiele bieten fast alles

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Bei den Tiroler Festspielen Erl geht Bernd Loebe und kommt Jonas Kaufmann

Herausfordernd, fragwürdig, amüsant
Breitgefächertes Programm der Opernfestspiele München

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Saison-Endspurt beim Bayerischen Staatsballett mit dem Premierenabend „Sphären.02“

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Die Münchener Biennale für neues Musiktheater 2024

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„The Littmann-Sessions: eine Pop-Gala“ in der Staatsoper Stuttgart

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Neun „(fast) konzertante“ Opernaufführungen in der Elbphilharmonie Hamburg

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Schwerpunkt: Opern-Sommer

„Die ganze Stadt ist Bühne“

Geschichte, Hintergründe und Programm der Salzburger Festspiele

Salzburg im Sommer, das ist eine ziemlich egalitäre Erzählung. Durch die Getreidegasse schiebt sich von früh bis spät ein Strom von Menschen. Ständig macht jemand ein Selfie vor Mozarts Geburtshaus, es riecht nach Sonnencreme, Crêpes und Pferdeäpfeln. Mozart und die Festspiele, die beiden kulturellen Markenzeichen der Stadt, sind auf unaufdringliche Weise omnipräsent, von der Mozartkugel über die Auslagen in den Buchhandlungen bis hin zum Premierentratsch an den Hotelrezeptionen. Im Festspielbezirk zwischen Mönchsberg und Universitätsplatz herrschen tagsüber staubig-drückende Hitze und als Dresscode kurze Hosen und Baseballcaps. Erst wenn gegen Abend in der Hofstallgasse die Champagnerstände öffnen und Damen in Seidenroben den Limousinen entsteigen, wird es exklusiv. Und über allem thront wie eine prächtige Kulisse die Festung Hohensalzburg.

Wie es euch gefällt

„Die ganze Stadt ist Bühne“: Nicht von ungefähr hat schon der Festival-Initiator Max Reinhardt das leicht abgewandelte Zitat aus William Shakespeares Komödie „Wie es euch gefällt“ zu seinem Motto erhoben. Die Salzburger Festspiele sind eng mit der Stadt verwoben – und zugleich sind sie Welttheater. Was in Salzburg stattfindet, wird international beachtet.  So bedeutende Köpfe wie der streitbare Intendant Gerard Mortier haben die Festspiele zu einem Ort der Auseinandersetzung mit der künstlerischen Gegenwart ebenso wie mit der Zeitgeschichte gemacht, die weit über die Traditionspflege hinausreichte. Ohne Glanz und Glamour geht es natürlich nicht. In Salzburg ist zu erleben, wer Rang und Namen hat. Herbert von Karajan, als Dirigent wie als medialer Selbstdarsteller gleichermaßen begnadet, war seit den 1970er-Jahren der Platzhirsch, Berühmtheiten wie Mirella Freni und Plácido Domingo traten auf, Anna Netrebko und Rolando Villazón waren das sängerische Traumpaar der Nullerjahre. Ach, überhaupt, die Sängerinnen. Die Sopranistin Asmik Grigorian, die sich 2018 an der Salzach mit „Salome“ an den internationalen Sternenhimmel katapultierte, ist nur ein Beispiel für bejubelte Entdeckungen.

Die Riege der grossen Namen

Lukas Crepaz (Kaufmännischer Direktor), Kristina Hammer (Festspielpräsidentin), Markus Hinterhäuser (Intendant). Foto: SF/Peter Rigaud

Lukas Crepaz (Kaufmännischer Direktor), Kristina Hammer (Festspielpräsidentin), Markus Hinterhäuser (Intendant). Foto: SF/Peter Rigaud

Die Riege der großen Namen ist auch 2024 beachtlich. Igor Levit und András Schiff geben Klavier-Recitals und die Mezzosopranistin Elīna Garanča einen Liederabend. So gegensätzliche Geigerinnen wie Anne-Sophie Mutter und Patricia Kopatchinskaja sind dabei, letztere im Verein mit der Sopranistin Anna Prohaska. Jörg Widmann dirigiert seine „Schumannliebe“, gesungen von Bariton Matthias Goerne. Riccardo Muti und Gustavo Dudamel leiten die Wiener Philharmoniker. Doch zurück zu den Anfängen. Reinhardt und seine Mitstreiter, zu denen der Dichter Hugo von Hofmannsthal sowie später der Komponist und Dirigent Richard Strauss gehörten, waren nicht die einzigen, die im frühen 20. Jahrhundert Festspiele in Salzburg etablieren wollten. Sie haben sich lediglich durchgesetzt in der Kakophonie der Stimmen, die dieses Ziel aus den unterschiedlichsten politischen und künstlerischen Gründen verfolgten. Sie waren beseelt von der Idee, außerhalb des urbanen Trubels einen „Wallfahrtsort der Kunst“ zu schaffen. Für Reinhardt sollten die Festspiele ein völkerverbindendes Friedenswerk sein, ein geistiges Lebensmittel für die breiten Schichten. So forderte er es bereits 1917, mitten im Ersten Weltkrieg, in einer Denkschrift an die k.u.k.-Hoftheaterintendanz in Wien.

Dass die ersten Salzburger Festspiele am 22. August 1920 allerdings mit Hofmannsthals „Jedermann“ starteten, gehört eher zu den Kuriosa der Gründungsgeschichte. Hofmannsthal war mit dem eigentlich vorgesehenen Eröffnungsstück „Das Salzburger große Welttheater“, der Bearbeitung eines Dramas von Pedro Calderón de la Barca, nicht rechtzeitig fertiggeworden. Also musste das Stück herhalten, das 1911 in dem Berliner Theater Zirkus uraufgeführt worden und bei der Kritik durchgefallen war. Calderóns „Das große Welttheater“ wird stattdessen seit 1924 in deutscher Übersetzung von Joseph von Eichendorff vor der Benediktinerabtei im Schweizerischen Einsiedeln aufgeführt.

Ikone Jedermann

1921 wurden erstmals Konzerte gegeben, 1922 kam die Sparte Oper hinzu. Der „Jedermann“ aber avancierte zur programmatischen Ikone der Festspiele. Alljährlich wird er auf dem Domplatz aufgeführt, alljährlich sind die Besetzung der Titelrolle und der Buhlschaft, die Kräche und Krisen der Regie Stadtgespräch. Natürlich ließe sich der Lebensstil des Zynikers Jedermann auch anders darstellen als mit dem Pomp, den Robert Carsen und sein Ausstatter Luis F. Carvalho für die diesjährige Inszenierung getrieben haben, vergoldetes Mercedes-Cabrio und Hundertschaften von glitzernden Partygästen inklusive. Aber der Überwältigungsaspekt tritt in den Hintergrund, als Philipp Hochmair in der Hauptrolle dem Tod eine Stunde Aufschub abhandelt. In dem Moment gewinnt die Handlung an Dramatik und an Innerlichkeit. Der rücksichtslose Hedonist lässt sich ergreifen – und das Pub­likum spürbar auch. Wenn der Ruf „Jedermann“ durch die Gassen der Altstadt schallt, kann es einem kalt den Rücken herunterlaufen.

In Salzburg schaffen die Spielorte eine besonders innige Verbindung zwischen Festspielen, Stadt und Region. Konzerte finden im Mozarteum, in der Kollegienkirche oder der Universität statt. Traditionell erklingt Mozarts c-Moll-Messe am Ort ihrer Uraufführung in der Stiftskirche St. Peter, wenngleich die verschwommene Akustik eine Zumutung ist. Als Off-Hotspot für experimentelles Theater fungiert eine stillgelegte Saline im knapp zwanzig Kilometer entfernten Hallein.

Für besonders prominente Konzerte und für die Oper ist der Festspielbezirk da. Das Große Festspielhaus mit seinen mehr als zweitausend Sitzplätzen wurde 1960 eröffnet, das Kleine Festspielhaus nach längeren Umbauarbeiten im Jahr 2006 als Haus für Mozart wiedereröffnet. Der auratischste Ort aber ist zweifellos die Felsenreitschule mit den markanten Arkaden, die bereits im 17. Jahrhundert in einen aufgelassenen Steinbruch gehauen wurden. Die rauen Wände vermitteln heute noch eine Ahnung davon.

Die Foyers der drei Spielstätten und die Hofstallgasse sind ihrerseits Bühnen. Dort zeigt sich das mondäne Opernpublikum und beklatscht seine Stars. Die hier versammelte Finanzkraft erkennt man nicht nur an der Dichte der Smokings und kostbaren Abendkleider. Die Wirtschaftskammer Salzburg hat eine Befragung durchgeführt. Danach verbrachte bei den Festspielen 2022 jeder Festspielgast im Durchschnitt zwischen fünf und sechs Tage in Salzburg und gab dabei rund 414 Euro pro Tag aus. Dazu kamen noch die Karten für durchschnittlich vier Aufführungen. Und die können 2024 schon mal 465 Euro kosten, pro Karte wohlgemerkt.

Von alledem profitieren die Festspiele, aber indirekt auch Stadt und Region; die Kaufkraft pro Einwohner ist die höchste in ganze Österreich. Die Wirtschaftskammer konstatiert eine starke Nachfrage nach gehobener Hotellerie und Topgastronomie. Salzburg lässt sich bestens vermarkten, wie schon der findige Max Reinhardt 1917 argumentierte: „Die Errichtung eines Festspielhauses in der schönen und beliebten österreichischen Heimat wird für diese selbst, und zwar nicht allein für die künftige Festspielstadt Salzburg, sondern für erheblich weitere Kreise der Erblande unseres erhabenen Kaiserhauses von außerordentlicher Bedeutung sein.“ Ein Hauch Patriotismus war also auch dabei.

Die Festspiele sind auf ihr zahlungskräftiges Publikum besonders angewiesen. Sie finanzieren sich nämlich bis zu drei Vierteln selbst, das ist eine für den Kulturbereich ungewöhnlich hohe Eigenfinanzierungsquote. 2024 beträgt das Gesamtbudget 69,45 Millionen Euro, der Anteil der öffentlichen Gelder liegt bei 28 Prozent. Knapp die Hälfte des Budgets wird über Kartenverkäufe eingespielt, weitere wichtige Säulen sind Sponsoreneinnahmen und private Zuwendungen, etwa durch den Verein der Freunde der Salzburger Festspiele und andere Mäzene.

„Der Spieler“ 2024 mit Asmik Grigorian (Polina, Stieftochter des Generals), Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor. Foto: SF/Ruth Walz

„Der Spieler“ 2024 mit Asmik Grigorian (Polina, Stieftochter des Generals), Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor. Foto: SF/Ruth Walz

Weitere Ausgaben stehen bevor. Unter der Überschrift „Festspielbezirk 2030“ wartet ein monströses Vorhaben: Die drei Festspielhäuser sowie die dazugehörenden Proben-, Technik- und Werkstättenräume sollen saniert, neu organisiert und um insgesamt 14.000 Quadratmeter erweitert werden. Für das Große Festspielhaus und die Felsenreitschule ist es die erste umfassende Sanierung überhaupt. Dafür wird der Mönchsberg, dessen Inneres bereits jetzt vielfältig genutzt wird, weiter ausgehöhlt. Kostenpunkt nach den neuesten Schätzungen unter Berücksichtigung der unerwarteten hohen Inflation: etwa 400 Millionen Euro. Ob die Öffentliche Hand das Projekt auch mit der Kostensteigerung finanziert, darüber wird derzeit verhandelt. Der Bedarf sei dringend, sagt der Kaufmännische Direktor Lukas Crepaz. „Das konnte jeder sehen, als es 2018 bei einem Konzert von Grigory Sokolov im Großen Festspielhaus in Reihe 5 hereingeregnet hat.“

Getragen werden die Festspiele vom Salzburger Festspielfonds. Inhaltlich gestaltet und durchgeführt werden sie vom Direktorium, derzeit bestehend aus dem Intendanten Markus Hinterhäuser, der Präsidentin Kristina Hammer und dem Kaufmännischen Direktor Lukas Crepaz.  Der Intendant trägt die künstlerische Gesamtverantwortung – und steht im Rampenlicht wie kaum ein anderer Kollege. Wenn sich das Salzburger Intendantenkarussell dreht, schaut die Welt zu. Der Pianist Hinterhäuser folgte 2016 auf den charmant-forschen Netzwerker und Akquisiteur Alexander Pereira, von Haus aus Marketingmann. Hinterhäusers Vertrag wurde jüngst bis 2031 verlängert. „Wenn das Kuratorium das Gefühl hat, dass ich in einer Phase, die zu den größten Herausforderungen in der Festspielgeschichte gehört, irgendwie hilfreich sein kann, bin ich das von Herzen gerne“, sagte er. Ende September 2029 können beide Seiten den Vertrag vorzeitig auflösen. „Niemand ist unersetzbar“, kommentierte Hinterhäuser.

Und wie steht es um die künstlerische Unabhängigkeit? Ein Blick auf die Trägerstruktur zeigt: Die Mitglieder des Direktoriums werden vom Kuratorium bestellt, das auch Programm, Budget und Rechnungsabschluss der Festspiele genehmigt. Der Draht zwischen Festspielen und Politik ist denkbar kurz, denn fünf von sieben Kuratoriumsmitgliedern sind Vertreter und Vertreterinnen des Bundes, des Landes und der Stadt Salzburg. Eine Einflussnahme auf die Programmgestaltung fürchtet Lukas Crepaz dennoch nicht: „Markus Hinterhäuser hat sich in den Jahren seiner Intendanz beim Publikum großes Vertrauen erworben. Das sieht man auch an dem neuen Publikum, das er sich aufgebaut hat. Es begegnet Opern wie ‚Der Idiot‘ oder ‚Der Spieler‘ mit großer Neugierde. Wir bringen eben beides, sowohl die Klassiker der Opernliteratur als auch Entdeckungen.“

Dass Mozart zur DNA der Festspiele gehört, bedarf keiner Erwähnung. Jedes Jahr steht mindestens eine seiner Opern auf dem Programm – oft, aber nicht zwingend eine der drei Da-Ponte-Opern. Es ist Brauch, eine Produktion der künstlerisch von Cecilia Bartoli verantworteten Pfingstfestspiele zu übernehmen. Das muss nicht immer Mozart sein, ist aber 2024 „La Clemenza di Tito“. In der Lesart von Robert Carsen ist Titus der gute Herrscher, aber warum er am Schluss librettowidrig sterben muss, wird nicht klar.

Die in sich widersprüchlichste Figur ist Vitellia, von Alexandra Marcellier mit einem hochdramatischen Vibrato gesungen, das bisweilen die Tonhöhe unkenntlich macht. Es wird nicht plausibel, was diese Furie antreibt. Cecilia Bartoli gestaltet die Partie des Sesto mit untrüglichem Gespür für Zeit und große Bögen, das Spiel der Musiciens du Prince – Monaco unter Gianluca Capuano sprüht Funken.

Den Kontrast zu Carsens schnurgerader Erzählweise bildet die Neueinstudierung des „Don Giovanni“ von 2021. Regisseur Romeo Castellucci wirft freihändig auf die Bühne des Großen Festspielhauses, was ihm an Assoziationen durch den Kopf rauscht.

„Don Giovanni“ 2024 mit Julian Prégardien (Don Ottavio) und Nadezhda Pavlova (Donna Anna). Foto: SF/Monika Rittershaus

„Don Giovanni“ 2024 mit Julian Prégardien (Don Ottavio) und Nadezhda Pavlova (Donna Anna). Foto: SF/Monika Rittershaus

Das Publikum kann sich nach Belieben bedienen. Teodor Currentzis wird frenetisch gefeiert – wie um zu bekunden, dass man sich um die Querelen um die Haltung des Dirigenten zu Russland nicht schere. Gegenüber früheren Mozart-Interpretationen ist dieser „Don Giovanni“ kohärenter und weniger farcenhaft, das Utopia Orchestra spielt haarfein. Und der Gesang der Sopranistinnen Nadezhda Pavlova als Donna Anna, Federica Lombardi als Donna Elvira und Anna El-Khashem als Zerlina ist ein Geschenk.

Handschrift beweist das Opernprogramm mit zwei Dostojewski-Vertonungen in der Felsenreitschule. Krzysztof Warlikowski, sonst zu ausgeprägtem Verrätseln neigend, bringt eine stringente Interpretation von Mieczysław Weinbergs selten gespielter Oper „Der Idiot“ auf die Bühne. Die exzellente Sängerriege um Tenor Bogdan Volkov als Fürst Myschkin und Sopranistin Ausrine Stundyte als seine lebensabschnittsweise Geliebte, federnd eskortiert von Mirga Gražinytė-Tyla und den Wiener Philharmonikern, reißt das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin.

„Der Spieler“ von Prokofjew kommt in einer Inszenierung von Peter Sellars heraus. Das sparsame Bühnenbild, die dezente, aber bewusst eingesetzte Personenregie, eine Musik im konstanten Parlando ohne ein Gramm Fett und die brillanten sängerischen Leistungen von Sean Panikkar in der Titelrolle, Asmik Grigorian als Polina, Violeta Urmana als tragikomische, spielsüchtige und hellsichtige Alte und vielen anderen überzeugen. Die Wiener Philharmoniker finden unter der Leitung von Timur Zangiev zu einer gleichermaßen kernigen wie flexiblen Klangrede.

Kaum zu glauben, dass nur einen Abend später bei der nächsten Premiere dasselbe Orchester im Graben sitzt. Von Offenbachs „Les Contes d‘Hoffmann” ist unter der Leitung des französischen Originalklangspezialisten Marc Minkowski nicht nur wenig Idiomatisches zu hören, es klappert auch allenthalben. Und mit der Inszenierung hat sich die Salzburger Debütantin Mariame Clément verhoben. Ihre Idee, den „echten“ Hoffmann der Rahmenerzählung immer wieder in die Geschichten von Olympia, Antonia und Giulietta einzuweben, ist schlüssig, aber die Umsetzung geht im Gewusel auf der Bühne des Großen Festspielhauses schlicht unter. Einzelne slapstick-witzige Szenen fügen sich nicht zu einem Ganzen. Das Stück bleibt schwer zu erzählen in seiner verschachtelten und obendrein spekulativen Struktur; Offenbach starb über der Arbeit an der Oper und hinterließ sie ohne letztgültige Ordnung. Ein Trost ist die Riege hinreißender Stimmen, allen voran Benjamin Bernheim, der genügend tenorales Metall, aber auch einen berückenden Farbreichtum mitbringt, und der mal hochdramatische, mal virtuos perlende, immer wieder lyrische Sopran von Kathryn Lewek in der Vierfachrolle der von Hoffmann unglücklich geliebten Frauen.

„Les Contes d’Hoffmann“ 2024 mit Benjamin Bernheim (Hoffmann), Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor. Foto: SF/Monika Rittershaus

Was die Sängerinnen und Sänger verdienen, darum hat es in der Vergangenheit Ärger gegeben. 2013 prangerte die Mezzosopranistin Elisabeth Kulman im Rahmen der Initiative Art but fair die Entscheidung des damaligen Intendanten Alexander Pereira an, die Honorare für Probentage zu streichen. Ein Aufschrei, der in der Öffentlichkeit widerhallte. Heute zahlen die Festspiele Probenpauschalen. „Alle Honorare werden frei verhandelt. Als Rahmen haben wir eine Art Vergütungssystem entwickelt. Die Höhe des Honorars hängt von der Rolle und der Erfahrung des Künstlers oder der Künstlerin ab“, erläutert Lukas Crepaz. „Aber wir arbeiten mit Höchstgagen. Wir zahlen bei weitem nicht das, was Topstars im kommerziellen Bereich bekommen.“ Es sind also durchaus weiche Faktoren dabei; Zahlen nennt Crepaz nicht.

Bei all der Prominenz und den großen Namen gerät leicht in den Hintergrund, dass die Festspiele für alle da sein sollen. Aber es gibt sie, die offenen Generalproben und rabattierten Angebote für junge Leute. Das Fest zur Festspieleröffnung ist ohne Eintritt, konzipiert im Hinblick auf die Bevölkerung. Auf dem Kapitelplatz werden den Sommer hindurch Mitschnitte von Veranstaltungen auf Breitbandleinwand gezeigt, manche aus dem aktuellen Programm und manche älteren Kultproduktionen. Der Eintritt ist frei, die Stimmung ungezwungen und das Wetter, wie es gerade ist.

Auch bei den ersten Festspielen 1920 wurden zwei von sechs Aufführungen exklusiv für die Einwohner von Salzburg veranstaltet. Der Erlös kam Kriegsinvaliden und Waisen zugute. Die Künstler hatten nämlich ohne Gage gespielt. Die ersten Salzburger Festspiele waren eine Benefizveranstaltung. Ganz im Sinne Reinhardts.

Verena Fischer-Zernin

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