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Neue Tanzbücher über ältere Herren

Egon Madsen

Dagmar Ellen Fischer „Egon Madsen – Ein Tanzleben“, Henschel, 174 S., viele Fotografien, 24,90 Euro

Er war, mit Marcia Haydée, Birgit Keil und Richard Cragun, einer der „Fabulous Four“ von John Crankos Stuttgarter Ballettwunder in den 60er-Jahren: der Däne Egon Madsen. Und der jetzt 70-Jährige, blendend aussehend und fit, tanzt immer noch: 2012 beim Stuttgarter Ballett als charakterstarke Hexe Magde in „La Sylphide“, zwischen 2007 und 2012, unter anderem, in der Titelrolle von Renato Zanellas „Peer Gynt“, als „Don Q.“ und „.M. M.“ (=Marcel Marceau) in Stücken von Christian Spuck und Eric Gauthier. Der Franzose, wie Spuck Ex-Solist des Stuttgarter Balletts, hat Madsen außerdem für seine Gauthier Dance Company als Coach gewinnen können.
Tänzer und Lehrer – zwischen diesen beiden Berufen/Berufungen spielt sich Madsens Karriere ab. Die Tanzjournalistin Dagmar Ellen Fischer hat sie auf Wunsch von Madsen aufgezeichnet. Und so ist, mit Hilfe auch der persönlichen Erinnerungen des Protagonisten, eine einfühlsame, sorgfältige Biographie entstanden: vom quirligen kleinen Egon in Aarhus, der den geräumigen Wäscheboden zur persönlichen Tanzbühne machte, über die Ausbildung bei der Waganowa-geschulten Thea Jolles, die mit ihrem „Dänischen Kinderballett“ durch Dänemark, Deutschland und Österreich tourte, bis zum ersten Engagement im Pantomimentheater in Kopenhagen.
Und natürlich wird die Stuttgarter Zeit ausführlich geschildert, die ja mit der von Cranko initiierten Renaissance des Handlungsballetts und seinem bald Weltklasse erreichenden Ensemble ein Stück deutsche Tanzgeschichte ist. Fischer gewährt einen eindringlichen Einblick in die verschiedenen (auch reich bebilderten) Rollen Madsens zwischen noblem klassischem und komödiantischem Charakter-Fach. Auch in Madsens Ballettdirektionen in Frankfurt, Stockholm und Florenz, in seine Zeit als Tänzer im NDT III, in Madsens späte Stuttgarter Ballettmeistertätigkeit. Und nicht zuletzt in sein Privatleben mit Ehefrau Lucia Montagnon, einer ehemaligen Stuttgarter Solistin und Partnerin Madsens. Die freimütige Schilderung auch von Schwierigkeiten, Enttäuschungen und Niederlagen erhöht den Wert dieser Lektüre.

Heinz Spoerli

Horst Koegler „Heinz Spoerli – Weltbürger des Balletts“, Verlag Neue Zürcher Zeitung, 208 S. (teilweise auch in Englisch), zahlreiche Abbildungen, 42 Euro

Achtzehn Spielzeiten in Basel, fünf in Düsseldorf/Duisburg, zuletzt (bis zur Saison 2012/13) sechzehn in Zürich und ein 200 Werke umfassendes Oeuvre – damit ist der gebürtige Schweizer Heinz Spoerli, Jahrgang 1940, einer der ausdauerndsten, produktivsten und erfolgreichsten Ballettchefs im deutschsprachigen Raum. Und nicht zuletzt: Als ers-ter Ballettchef-Choreograf verschaffte Spoerli seiner Heimat „den Zutritt zur Elite des Weltballetts“, wie Horst Koegler so richtig formulierte.

Von Koegler, dem in diesem Mai verstorbenen großen Ballettkritiker, liegt nun eine Würdigung vor, die einem in Bild und Text – mit Beiträgen auch anderer Autoren – Spoerlis Lehr- und Schaffensjahre nahebringt. Spoerli, der unentwegt, beneidenswert schnell und zu einer großen musikalischen Bandbreite kreierende Düsseldorfer Ballettchef (von 1991 bis 1996), dieser Spoerli ist dem deutschen Tanzliebhaber sicher ein Begriff. Hier aber erfährt man etwas mehr.

Die Welt des Theaters schnuppert Spoerli schon als Dreikäsehoch, da sein Vater, ein Theater-vernarrter Drogist, als Amateur-Bühnenmeister im Basler „Küchlin“-Varieté arbeitet. Spoerli wird früh Statist, vor allem in Operettenaufführungen – und verliebt sich in den Tanz. Vom Ballettunterricht bei dem renommierten Tänzer Walter Kleiber und dem ersten Engagement am Basler Theater geht es nach Köln, wo er durch Ballettchef Todd Bolender und Elite-Gast-Choregrafen wie George Balanchine, Maurice Béjart, Harald Lander und John Cranko eine breite künstlerische Bildung erfährt. Er sammelt Eindrücke im kanadischen Royal Winnipeg Ballet, in den Grands Ballets Canadiens, Montreal, und zurück in der Schweiz im damals Balanchine-geprägten Genf. Und reift zu einem blendenden Geschichtenerzähler, zu einem Tanzschöpfer von enormer neoklassischer Schrittvielfalt, dem nicht nur die besten Tänzer zuströmen, sondern auch vom gestreng fordernden Spoerli in Hochform gehalten werden.

Malve Gradinger

 

 

 

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