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Zwischen Heiterkeit und Melancholie
„Die Csárdásfürstin“ in Regensburg · Von Barbara Haack
Weißt du es noch. Denkst du noch manchmal der Stunden...“ Das melancholisch-zurückblickende Liebesduett zwischen der Varieté-Sängerin Sylva Varescu und dem adeligen Edwin verdeutlicht exemplarisch die Mischung aus Heiterkeit, Liebesgeschichte und einem Hauch von Traurigkeit, von Ahnung kommenden Unheils, die der „Csárdásfürstin“ innewohnt. So verlässt der Besucher der Regensburger Inszenierung das Theater nicht mit dem Eindruck, einer Komödie beigewohnt zu haben. Nicht zuletzt die Frage, warum Sylva, die doch lange Zeit ihren Stolz gezeigt, darauf bestanden hat, als die, die sie ist, akzeptiert und geliebt zu werden, am Ende im Grunde doch klein beigibt, bleibt unbeantwortet. Sie lässt sich zur Adeligen „erheben“ – und auch das ist nur möglich, weil selbst in der Familie, in die sie einheiratet, nicht alles Gold ist, was glänzt. Edwins Mutter „outet“ sich als Ex-Kollegin Sylvas – und schon darf jene mit offenen Armen empfangen werden. Zeigte sie im Verlauf des Geschehens durchaus Zeichen von Auflehnung gegen das strikte Ständesystem, so gliedert sie sich schließlich kritiklos ein. Aber so ist Operette…

Cameron Becker als Boni mit Ensemble-Mitgliedern. Beide Fotos: Juliane Zitzlsperger
In Regensburg jedenfalls, unter der Regie von Thomas Enzinger, gelingt (diese) Operette ganz ausgezeichnet. Das ist zu einem guten Teil den ausnahmslos guten Solisten zu verdanken; selbst die kleinen Rollen sind durch hervorragende Stimmen besetzt. Von Theodora Varga in der Titelrolle hätte man sich mehr Textverständlichkeit gewünscht (eine Übertitelung wäre hier empfehlenswert), aber sie singt und spielt ihre Rolle der gefeierten Sängerin, der liebenden, selbstbewussten Frau, dass man ihr alle Gefühle abnimmt. Wirkt das darstellerische Moment im gesamten Ensemble am Anfang noch ein wenig steif, so spielen sich die Sänger regelrecht frei. Im Schlussakt schließlich wirbelt vor allem Cameron Becker als Graf Boni herum, dass es eine Freude ist. Die Publikums-Ovationen beim Schlussapplaus sind ihm gewiss.
Eine Aufwärmphase braucht der Chor hingegen nicht. Die Sängerinnen und Sänger zeigen ihre Spielfreude ab der ersten Minute. Ob leicht bekleidet in (dezenter) Reizunterwäsche oder in Abendroben, ob in Frack oder Uniform: Es wird getanzt, gespielt, was das Zeug hält. Musikalisch (Einstudierung: Alistair Lilley) zeigen die Chorsänger, dass sie auch das „leichte Genre“ exzellent beherrschen. Und das Orchester unter der Leitung von Philip van Buren begleitet erfreulich dezent und präzise.
Thomas Enzinger hat sich die Figur eines Moderator-Kommentators zum Stück ausgedacht, der – am Anfang traurige Geigensoli vortragend – auch mal ins Geschehen eingreift. Ernst Matthias Friedrich hat etwas Teuflisches, er schlüpft in verschiedene Rollen und Funktionen und stellt zwischendurch, mit Hilfe von Filmausschnitten aus dem Archiv, den Bezug zum Zeitgeschehen her. Auch dies verhindert wirkungsvoll ein gemütliches Zurücklehnen.
Insgesamt aber geht es nicht traurig zu in dieser „Csárdásfürstin“. Dazu tragen natürlich auch die zahlreichen Ohrwürmer bei; nach Bedarf überzeugt uns das Ensemble mal anrührend, mal schmissig davon, dass ganz ohne Weiber die Chose nun mal nicht geht, dass wir alle Sünder sind oder dass wir es den Schwalben nachmachen sollten. Das Bühnenbild spielt geschickt mit diversen Rahmen, selbst Fürst und Fürstin von und zu Lippert-Weylersheim schweben – eingerahmt – von der Decke. Diese „Csárdásfürstin“ ist ein weiterer Baustein des gelungenen Einstiegs für den neuen Regensburger Intendanten
(s. auch Porträt S. 10).
Barbara Haack
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