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Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Bayern
Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat an der Förderpolitik
der Staatsregierung für die bayerischen Staats- und Stadttheater
heftige Kritik geübt. Es dürften die Fehlbeträge
stark defizitär arbeitender Theater nicht durch entsprechend
hohe Fördermittel ausgeglichen werden, wenn sie nicht zugleich
Anreize zu wirtschaftlichem Handeln bieten. Staatliche Mittel sollten
künftig auch an Leistungskriterien wie eigenes Einspielergebnis,
Zuschauerzahlen, Anzahl der Vorstellungen und deren Verhältnis
zu den Sach- und Personalkosten geknüpft werden.
Die betroffenen Theater sind jetzt zur Stellungnahme aufgefordert.
Ministerialdirigent Toni Schmid vom Kunstministerium mochte die
Kritik in dieser Pauschalität nicht akzeptieren und sagte zu
den vom Rechnungshof speziell angesprochenen Fällen Hof und
Würzburg: „Die Alternative wäre gewesen, diese Häuser
zuzusperren.“
Berlin, Opernstiftung
Die drei Berliner Opernhäuser werden, so musste Generaldirektor
Michael Schindhelm einräumen, weder ihre Einnahmen entsprechend
steigern, noch ihre Ausgaben entsprechend absenken können,
um bis 2009 das vereinbarte Sparziel, die Minderung des jährlichen
Betriebszuschusses von 122 auf 99 Millionen Euro, zu erreichen (vgl.
O&T 3/06, S. 6). Die Vorschläge zu den „Korrekturen
und Nachbesserungen am Opernstrukturkonzept“, die zu formulieren
Kultursenator Thomas Flierl Schindhelm beauftragt hat, sollen nach
neuen Verlautbarungen aus der Kulturbehörde jedoch erst nach
den Neuwahlen des Abgeordnetenhauses im September dem dann auch
neuen Senat vorgelegt werden. Sie werden eine wesentliche, allerdings
erst nach 2009 wirksame Haushaltsentlastung enthalten: Dem von der
Leine an die Spree gelockten Geschäftsführer der Bühnenservice
GmbH, Stefan Rosinski, ist es gelungen, wenige Monate nach seinem
Amtsantritt im Januar 2006 ein Konzept für die zentralen Werkstätten
vorzulegen und erstaunlicherweise auch von den vier Intendanten
genehmigt zu bekommen. Die ehemalige Druckerei der SED-Zeitung Neues
Deutschland am Franz-Mehring-Platz wird ab 2009 Standort der Zentralwerkstatt,
die auch für das Deutsche Theater, das Maxim Gorki Theater
und das Theater an der Parkaue arbeiten wird. Die einzelnen Theater
werden nur kleine Präsenzwerkstätten behalten. Aus dem
Verkauf der bisher für die nicht weniger als fünf Theaterwerkstätten
genutzten Immobilien erhofft sich die Stiftung die für Um-
und Neubau benötigten Mittel.
Hannover – Hildesheim
Die Fusion der Landesbühne Hannover (Schauspiel) und des
Stadttheaters Hildesheim zum neuen „Theater für Niedersachsen“
ist beschlossen, der Gesellschaftsvertrag unterschrieben. Die Zuwendungsverträge
für das „TfN“ sind bis 2011 festgeschrieben. Geleitet
wird das fusionierte Haus von 2007 an von Jörg Gade, dem bisherigen
Chef der Landesbühne.
Neubrandenburg – Neustrelitz
Nach zwei Jahren Verhandlung haben sich das Land Mecklenburg-Vorpommern
und die Kerngesellschafter der Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg-Neustrelitz
(Stadt Neubrandenburg, Landkreis Mecklenburg-Strelitz und Stadt
Neustrelitz) auf einen Theaterfinan- zierungsvertrag verständigt,
der den Standort und die Arbeitsplätze der Beschäftigten
bis Ende 2009 sichern soll. Im Gegenzug für die vom Land und
von den Gesellschaftern zugesagten Betriebszuschüsse verzichten
die 210 Mitarbeiter des Dreispartenhauses mit jährlich rund
130.000 Zuschauern auf Teile der ihnen tarifvertraglich zustehenden
Zuwendung; ein entsprechender Haustarifvertrag wurde abgeschlossen.
Thüringen
Die Theater- und Orchester-Zuwendungsverträge, die der Freistaat
mit den kommunalen Rechtsträgern abgeschlossen hat, laufen
2008 aus. Das ursprünglich bereits für Ende 2005 angekündigte
Thüringer Theaterfinanzierungsmodell für die Zeit danach
hat Kultusminister Jens Goebel jetzt nach Abschluss der Kommunalwahlen
vorgestellt, um es mit den neuen Oberbürgermeistern und Landräten
beraten zu können.
Nach den Vorstellungen des Ministeriums, die die jährlichen
Zuschüsse für die Theater und Orchester um rund 13 Millionen
Euro auf rund 50 Millionen Euro kürzen, werden zwei Kultureinrichtungen
bessergestellt: die Vogtland Philharmonie soll ab 2009 0,75 Mio.
Euro (statt bisher 0,69 Mio.) erhalten, das Theaterhaus Jena 0,8
Mio. (statt bisher 0,7 Mio.). Halbwegs ungeschoren sollen die Jenaer
Philharmonie (jetzt 1,535 dann 1,3 Mio.), das Puppentheater Erfurt
(jetzt 0,656 dann 0,65 Mio.), das Theater Altenburg-Gera (jetzt
9,715 dann 9,3 Mio.) und das Theater Meiningen (jetzt 10,92 Mio.
dann 10,5 Mio.) davonkommen. Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig
sollen die Theater in Eisenach (jetzt 4,19 Mio. dann 1,5 Mio.) in
Nordhausen-Sondershausen (jetzt 4,91 dann 1,5 Mio.) und in Rudolstadt-Saalfeld
(jetzt 3,12 dann 1,5 Mio.) als Fördermittel erhalten. Die nicht
ganz arme Stadt Eisenach soll vermutlich in die Fusion mit Meiningen
getrieben werden, die schon einmal beschlossene Sache war; Nordhausen
und Rudolstadt aber könnten nicht weiterarbeiten. Die Thüringer
Philharmonie Gotha-Suhl, die bisher über Landesmittel in Höhe
von 1,827 Mio. Euro verfügen konnte, soll ab 2009 leer ausgehen.
Ihr droht Abwicklung.
Eine pikante Pointe birgt der Vorschlag des Ministeriums für
Weimar und Erfurt. Erhielt das DNT bisher 15,845 Mio. Euro, das
Theater Erfurt 6,475 Mio. Euro, so sind im Finanzierungsmodell für
beide Theater zusammen 20,0 Mio. Euro vorgesehen. Wenn das kein
neuerlicher Wink mit dem Fusions- oder Kooperationszaunpfahl ist!
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