Schreckensszenarien sind vom Tisch
Die Situation am Theater Trier · Von Tim Heisse und Carsten Emmerich
Der letzte große Artikel über das Theater Trier
in der Zeitschrift „Oper & Tanz“ (Ausg. 3/13) trug die Überschrift: „Trier: vom lebendigen Theater zum Bespieltheater?“. In der Tat war diese Frage berechtigt: 2013 hatte die Stadt Trier den Gutachter und Autor Dieter Haselbach („Der Kulturinfarkt“) beauftragt, weiteres Einsparpotenzial im Hause aufzutun. Dieser kam nach seinen Recherchen zu dem Schluss, dass das Sparpotenzial in der bestehenden Struktur des dreispartigen Ensembletheaters ausgeschöpft sei. Lediglich Spartenschließungen oder gar die Umwandlung in ein reines Bespieltheater könnten weiteres Einsparpotenzial liefern. In einer Präsentation vor dem Kulturausschuss der Stadt und einer großen Anzahl demonstrierender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Abteilungen des Hauses ergänzte Haselbach, das Theater Trier habe in der zurückliegenden Spielzeit unter den gegebenen Umständen nicht mehr einsparen können. Das Haus am Augustinerhof habe alles getan, was möglich gewesen sei. Das Ende der Spielzeit 2012/2013 stand daher im Zeichen der Information der Öffentlichkeit über die Frage, warum ein Ensembletheater einen großen Mehrwert für eine Stadt mit über 100.000 Einwohnern hat.
Breite Diskussion
Der Chor des Theaters Trier in Aktion zur Rettung des Dreispartenhauses. Foto: Opernchor
In der Bevölkerung fand dies großen Anklang. Eine Petition brachte über 42.000 Unterschriften für den Erhalt des Dreisparten-Ensembletheaters in Trier. Gesammelt wurden die Unterschriften nicht nur online, sondern auch im Rahmen von zahlreichen Aktionen in der Stadt. An zentralen Plätzen der Innenstadt sang der Opernchor passend zur aktuellen Situation umgetextete Versionen der „Habanera“, des Brautchores „Treulich geführt“ und von Ralph Benatzkys Operetten-Klassiker „Im weißen Rössl“. An den Aktionen beteiligten sich auch die Mitglieder des Schauspiels, des Tanztheaters und des Philharmonischen Orchesters der Stadt Trier.
Bereits im Jahr 2010 war eine breite Diskussion um das Theater entbrannt, nachdem man sich mit der Petition „Ist das Kultur oder kann das weg? Gegen das Totsparen am Theater Trier!“ gegen massive Kürzungen zur Wehr gesetzt hatte. Seit diesem Zeitpunkt blieb das Theater in der öffentlichen Diskussion. Zahlreiche Podiumsdiskussionen wurden abgehalten und Expertenmeinungen kundgetan.
Nun, im Jahr 2013, folgte also die nächste Petition. Riefen die ersten Aktionen bei den Beteiligten teilweise noch Unbehagen hervor, so legte sich dieses nach den ersten positiven Erfahrungen. Immerhin gingen die Mitarbeiter des Theaters auf die Straße, um für ihre Daseinsberechtigung zu kämpfen. Dabei kamen sie mit vielen Menschen ins Gespräch, von denen fast jeder die Petition unterschrieb. Mehrfach geschah es, dass Menschen die Petition unterschrieben, obwohl sie nach eigener Aussage selbst nicht ins Theater gehen, jedoch der Meinung sind, dass die Stadt Trier als Groß- und Universitätsstadt auf jeden Fall ein Theaterangebot in der jetzigen Form benötige.
Sommergeschenk
Das Theater Trier behält seine Sparten. Foto: Theater
Die Unterschriftenlisten wurden als Geschenk verpackt und dem Kulturdezernenten im Beisein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Theaters vor dem Rathaus überreicht, selbstverständlich nicht ohne musikalische Umrahmung durch das Philharmonische Orchester und den Opernchor. Dies war einer der letzten Auftritte in der Spielzeit 2012/2013. Der Unterstützung von 42.000 Menschen war man sich nun gewiss. Ungewiss blieb jedoch, wie die Verantwortlichen der Stadt nach den Theaterferien reagieren würden.
Am 19. November 2013 fasste der Trierer Stadtrat den Beschluss, dass das Theater Trier auch zukünftig als Ensembletheater mit drei Sparten bestehen bleiben soll. Die Schreckensszenarien aus dem Gutachten scheinen somit vom Tisch, auch wenn die zukünftige Finanzierung noch nicht abschließend geklärt ist. Es bleibt weiterhin spannend. 2015 endet die Intendanz von Gerhard Weber. Als Nachfolger sucht die Stadt Trier einen Intendanten mit Managementschwerpunkt. Die Rechtsform des Theaters soll geändert werden. Ob das Theater am Augustinerhof generalsaniert wird oder es einen Neubau geben wird, ist zur Zeit noch offen. Für das Theater Trier und seine Mitarbeiter ist ein turbulentes Jahr zu Ende gegangen. Daran, dass man mit Optimismus ins Jahr 2014 schauen kann, hat jeder einzelne Unterzeichner der aktuellen Petition einen Anteil.
Tim Heisse und Carsten Emmerich |