Eine Allianz für den Tanz
Die Iwanson-Sixt-Stiftung in München · Von Vesna
Mlakar
Die Feuertaufe mit der Verleihung von erstmals drei Stipendiumspreisen
fand am 18. Mai 2007 im Münchner Künstlerhaus am Lenbachplatz
statt. Überaus charmant führte Hausherr Peter Grassinger
dabei mit einer Anekdote über Isadora Duncans ersten (barfüßigen!)
Münchner Auftritt im Jahr 1900 die von Stefan Wühler
nach einem Stück Jessica Iwansons geschaffene Tisch-Skulptur
ein, die fortan mit den Stiftungspreisen überreicht wird: „Isadora“.
Ihr Name verweist auf die legendäre amerikanische Ausdruckstänzerin,
die – ganz wie Jessica Iwanson – Tänzerin, Choreografin
und Tanzpädagogin in Personalunion war, sich ihre Inspiration
gerne aus der Natur holte und u. a. auch eine Schule in München
eröffnete.
Vergeben wurde ein Produktionszuschuss von 500 Euro an die ehemalige
Iwanson-Tänzerin und Choreografin Lilo Rösch. Pia Fossdal
erhielt für ihr langjähriges persönliches Engagement
im Rahmen der Iwanson-Schule als Pädagogin, Probenleiterin
und Betreuerin aller Jahrgänge eine Stiftungszuwendung von
1.000 Euro. Der mit 2.000 Euro an diesem Abend am höchsten
dotierte Preis ging an die Tänzerin und Pädagogin Stefanie
Erb, die sich jüngst bei Proben an der Bayerischen Staatsoper
eine schwere Knieverletzung zugezogen hatte. Vesna Mlakar sprach
mit dem Leiter der Stiftung, Stefan Sixt.
Stefan
Sixt: Die ursprüngliche Idee war, aus dem privatwirtschaftlichen
Unternehmen der 1974 gegründeten Iwanson-Schule für zeitgenössischen
Tanz eine Stiftung zu machen. Das Modell hat sich jedoch nicht
bewährt. Auf den Weg gebracht, den wir nun eingeschlagen haben,
hat uns im Grunde Fred Hoffmann. Er und Konstanze Vernon haben
mit der Heinz-Bosl-Stiftung auf dem Gebiet des klassischen Tanzes
selbst einschlägige Erfahrungen gesammelt. Sein freundschaftlicher
Rat gab mir den Anstoß: „Machen Sie es einfach! Wenn
Sie Glück haben, wird es so, wie Sie es sich vorgestellt
haben. Und machen Sie es jetzt, aber machen Sie es klein!“
Direkte Förderung
Auch Jessica Iwanson hat in ihrer Jugend erfahren, wie wichtig
bestimmte Momente für eine Karriere sein können: Ein
Stipendium der Sandrew-Stiftung bot ihr neben Anerkennung auch
die Möglichkeit eines weiterführenden Studiums an der
Martha-Graham-Schule in New York. Mit der im April 2007 erfolgten
Gründung einer eigenen Stiftung will sie gemeinsam mit ihrem
fürs wirtschaftlich-organisatorische zuständigen Mann
Stefan Sixt – mit dem sie seit 25 Jahren die Geschicke ihrer
Münchner Schule lenkt – ein Zeichen für die Zukunft
setzen.
Vesna Mlakar: Erfüllt die Gründung der Iwanson-Sixt-Stiftung
Zeitgenössischer Tanz ihren schon lange gehegten Traum?
Sixt: Unsere Erfahrungen mit jungen Leuten
im Tanz haben gezeigt, dass man nicht 10.000 Euro braucht, um
jemandem zu helfen. 100
Euro Reisekostenzuschuss oder 150 Euro für einen Workshop
können einen begabten Menschen schon unmittelbar weiterbringen.
Ich bin deshalb überzeugt, mit kleinen Zuwendungen die Sache
lostreten zu können. Dann muss man weitersehen, denn wachsen
kann unsere Idee nur, wenn eine recht große Anzahl von Leuten
darauf reagiert. Unsere Strategie ist, mit vielen kleinen Aktionen
zunächst v. a. parallel zur und im Umfeld der Schule, später
aber davon losgelöst überregional und vielleicht sogar
mit einem europaweiten Fokus breitgefächert wirksam zu werden.
Dabei sollen die Gelder nicht zur Förderung der Infrastruktur
aufgewendet, sondern direkt an junge Tänzer, Choreografen,
oder Pädagogen übergeben werden.
Weitreichende Pläne
Mit 50.000 Euro sind Jessica Iwanson und Stefan Sixt zunächst
in Vorleistung für ihre Iwanson-Sixt-Stiftung Zeitgenössischer
Tanz getreten, als Startbudget für das erste Jahr. In den
folgenden fünf Jahren sollen jeweils weitere 10.000 Euro hinzukommen,
dazu möglichst auch externe Gelder generiert werden. Vor dem
Hintergrund ihrer langjährigen professionellen Erfahrung im
Ausbildungsbetrieb wollen sie damit in einer ersten Phase Nachwuchstalente
motivieren, in schwierigen Situationen (z. B. bei Verletzungen)
helfen, die soziale Situation Tanzschaffender verbessern und Lobbyarbeit
für den zeitgenössischen Tanz leisten. Innerhalb einer
zweiten Phase soll der Wirkungsbereich auf eine finanziell stärkere
Basis gestellt und um Anschubfinanzierungen, Studienstipendien
(um der sozialen Auslese bei der Ausbildung entgegenzuwirken) sowie
Weiterbildungs- und Projektfinanzierungen erweitert werden. Angedacht
ist auch die Organisation von Groß- oder Benefiz-Veranstaltungen
bzw. die Verleihung werthaltiger Preise für herausragende
Leistungen. Auf noch längere Sicht – Stefan Sixt denkt
dabei an einen Zeitraum von sieben bis 15 Jahren – sollen
in einer dritten Phase auch soziale Aspekte von älteren Tanzschaffenden
in die Stiftungsarbeit mit einbezogen werden.
Mlakar: Welche organisatorische Struktur liegt der Stiftung zu
Grunde?
Sixt: Heute und kurzfristig liegt
die Entscheidungsgewalt bei Jessica und mir. Mittelfristig werden
wir weiterhin stark daran beteiligt
bleiben, aber externen Rat einholen. Zur besseren Umsetzung der
kulturpolitischen Ideen steht der Stiftung ein Beirat zur Seite,
der sich aus Vertretern des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen
Lebens zusammensetzt. Dessen Mitglieder – derzeit: Dr. Brigitte
Weinzierl (Kuratorin), Peter Grassinger (Präsident des Münchner
Künstlerhauses) und die Ballettdirektoren Henning Paar und
Jochen Heckmann – fungieren als Meinungsführer und Multiplikatoren,
die den Stiftungsgedanken der breiten Öffentlichkeit zutragen
und mithelfen sollen, im Sinne einer „Allianz für den
Tanz“ ein aktives Netzwerk für den zeitgenössischen
Tanz aufzubauen.
Vesna Mlakar |