|
Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester Bautzen/Dresden
Gegen die vom Bund vorgesehene Kürzung der Zuschüsse
zur Finanzierung der „Stiftung für das sorbische Volk“ von
jährlich 7,6 auf 7,0 Millionen Euro hat Sachsens Ministerpräsident
Georg Milbradt Protest erhoben. „Gerade unsere osteuropäischen
Nachbarn betrachten unseren Umgang mit der einzigen slawischen
Minderheit in Deutschland sehr genau“, erklärte Milbradt.
Es läge also durchaus im Interesse des Bundes, sich nicht
aus seiner Verantwortung „zu stehlen“. Der Anteil der
Finanzierung der Stiftung durch den Bund beläuft sich auf
rund 48,5 Prozent, der Freistaat Sachsen trägt 35 Prozent,
das Land Brandenburg rund 16,5 Prozent. Betroffen von der Kürzung
wäre vor allem das Sorbische National-Ensemble, das sich bisher
schon nur mit gehaltsmindernden Haustarifverträgen über
Wasser hält und dessen Bestand ab 2011 als ernsthaft gefährdet
anzusehen ist. Bayreuth
Schon einmal, im Jahr 1999, hatte der Stiftungsrat der Bayreuther
Richard-Wagner-Festspiele ein Verfahren eingeleitet, um die Nachfolge
des seit 1967 allein amtierenden Festspielleiters Wolfgang Wagner
zu bestimmen. Im März 2001 gab das vierundzwanzigköpfige
Gremium seine Entscheidung bekannt. Es hielt nicht, wie von Wolfgang
Wagner gewünscht, dessen Ehefrau Gudrun Wagner, sondern Wolfgang
Wagners Tochter aus erster Ehe, Eva Wagner-Pasquier für die
aus dem Kreis der Familie geeignetste, weil opernerfahrenste Bewerberin.
Das Votum aber blieb folgenlos, da Wolfgang Wagner, gestützt
auf seine auf Lebenszeit lautende Bestellung als alleiniger Gesellschafter
und Geschäftsführer der Festspiele GmbH sowie Mieter
des Festspielhauses, gar nicht daran dachte, seine Position aufzugeben.
Jetzt, sechs Jahre später, befasst sich die Presse, von Lufthansa-Magazin
bis Bunte, von Opernwelt
bis FAZ spekulierend mehr mit der Nachfolgefrage als rezensierend
mit den Aufführungen auf dem Grünen Hügel. Wird
der Stiftungsrat, in dem Bund und Bayern je fünf, die Stadt
Bayreuth drei, der Bezirk Oberfranken, die Bayerische Landesstiftung
und die mäzenatische „Gesellschaft der Freunde von Bayreuth“ je
zwei, die Familie Wagner vier Stimmen und die Oberfrankenstiftung
eine Stimme in die Waagschale werfen können, auf seiner diesjährigen
Herbstsitzung ein neues Findungsverfahren einleiten? Denn eine
neue Bewerberin hat öffentlich ihren Handschuh in den Ring
geworfen: Katharina Wagner, die neunundzwanzigjährige Tochter
Gudruns und Wolfgangs, die Regisseurin der diesjährigen „Meistersinger“.
Prompt erinnerten Eva Wagner-Pasquier und Nike Wagner, die Tochter
Wielands und derzeit Leiterin des Weimarer Kunstfestes, ebenso öffentlich
daran, dass ihre Handschuhe dort noch oder wieder liegen. Wer Wolfgangs
erkorene Wunschmaid ist, darf vermutet werden.
Reine, vielleicht garstige, Vermutung ist, dass ein Zusammenhang
bestehe zwischen der Nachfolgefrage und den bis 2010 eingefrorenen
Zuwendungen des Bundes und des Freistaats Bayern. Jedenfalls meldet
der Vorsitzende der „Gesellschaft der Freunde Bayreuths“ für
2006 einen Fehlbetrag des Festspielbetriebs von rund 1,65 Millionen
Euro. 2005 war noch ein Überschuss von rund einer halben Million
erzielt worden. Die Mäzenatengesellschaft wolle dieses auch
für 2007 und 2008 zu erwartende Defizit zwar ausgleichen;
Bund und Land sollten ihre Zuwendungspolitik jedoch überdenken,
forderte Gesellschaftsvorsitzender Georg von Waldenfels. Hagen
Die knapp 200.000 Einwohner zählende Stadt im Westfalen unterhält
ein Musiktheater samt Ballett und ein Kinder- und Jugendtheater.
Der jetzt scheidende Intendant, Rainer Friedemann, hatte es verstanden,
mit seinem Opernspielplan auch überregionale Aufmerksamkeit
zu erregen, mit interessant inszenierten großen Opern ebenso
wie mit Uraufführungen und Ausgrabungen. Die letzte Premiere,
ein aus dem eigenen Ensemble besetzter „Tannhäuser“ überzeugte,
so die Presse, vor allem seiner musikalischen Qualitäten wegen.
Finanziert wird das Haus bei einer beachtlichen Einspielquote von
rund 14 Prozent und einem Etat von rund 13,5 Millionen Euro zu
mehr als 80 Prozent von der Stadt. Doch die ist pleite, steht unter
Kuratel des Regierungspräsidiums. Etatkürzungen musste
das Theater immer wieder verkraften, doch jetzt geht es ans Eingemachte.
Obschon eine Unternehmensberatung festgestellt hat, dass weitere
Einsparungen zu künstlerischen Verlusten führen würden,
hat der Rat der Stadt eine neuerliche Betriebszuschussminderung
um 590.000 Euro beschlossen, die durch Personalabbau vor allem
bei der Technik und beim Opernchor abgefangen werden soll. Letzterer
zählt ohnehin nur noch 25 Mitglieder und bedarf heute schon
bei großen Produktionen teurer Verstärkungen. Proteste
und Eingaben halfen bisher nicht; ein Dahinsiechen des Theaters
zeichnet sich ab. Ob ein Haustarifvertrag die Misere überbrücken
hilft?
|