Erlösung dem Erlöser!
Die Wirkungsgeschichte Richard Wagners
Veit Veltzke, Der Mythos des Erlösers. Richard Wagners
Traumwelten und die deutsche Gesellschaft 1871 – 1918.
Arnoldsche Verlagsanstalt, Stuttgart 2002, 224 S., 29,80 €.
Erschienen in der Schriftenreihe des Preußen-Museums Nordrhein-Westfalen,
gibt der sorgfältig
edierte, reich bebilderte Katalog, dessen einzelne Kapitel Veit Veltzke essayistisch
begleitet, einen Überblick über die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte
Richard Wagners und seines Werks in der Zeit des zweiten deutschen Kaiserreichs.
Neben den Texten sind es Objekte der bildenden Kunst, die aufzeigen, welche
faszinierende Wirkung von Wagners Werk auf seine Zeitgenossen, die Generationen
der Gründerzeit und des Wilhelminismus, ausging.
Dem heutigen Betrachter dieser Bildwelten, die ihm überwiegend als grauenhafter
imperialer Kitsch erscheinen, muss es zu denken geben, dass dies auch die Bildwelten
Richard Wagners waren, wie Fotos der Einrichtung der Villa Wahnfried beweisen,
dass diese Bildwelten, längst der Vergangenheit angehörend, sich
aber von Richard Wagners Musik und vom dramatischen Gehalt seiner Werke als
ablösbar erwiesen haben.
Veit Veltzke beschreibt die Einvernahme des Werks Wagners durch
den deutschen Konservativismus und legt dar, wie und weshalb Wagners
Verhalten und sein
literarisches Begleitwerk Anlässe und Handhaben boten, den „Sänger des Reiches“ in
den Dienst des Reiches zu stellen. Wilhelm I. meinte, Bayreuth müsse das
deutsche Olympia werden. Mag der Leser noch lachen, wenn er über die Gründung
der „Richard-Wagner-Gesellschaft für germanische Kunst und Kultur“ informiert
wird oder erfährt, das der Generalstab im Ersten Weltkrieg einen „Hagen-Angriff“ als
letzte Möglichkeit, eine „Alberich-Bewegung“ als taktischen
Rückzug befahl, so bleibt ihm das Lachen im Halse stecken, wenn er nachvollziehen
muss, wie sich Wagners mit dem Sakralisierungsangebot verknüpfter Antisemitismus
in organisierten, säkularen Antisemitismus umfunktionieren ließ. Der Autor resümiert: „Von Wagners ,Religion des Mitleidens‘ und
seiner pazifistischen Einstellung ist all dies weit entfernt. Aber sein Modell
eines Untergangsmythos mit erlösender Wiedergeburt wirkte weiter, ohne
dass sein humanitärer Ansatz mitrezipiert wurde“ (S. 207). Das
Buch sei gut- und böswilligen „Wagnerianern“ dringend empfohlen. Nikolaus Kuhn
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