Brenn-Punkte
Zur Situation deutscher Theater
Aachen
Erfolg schützt nicht vor Existenzbedrohung. Diese Erfahrung
muss jetzt das Aachener Theater machen. Intendant Paul Esterhazy
und sein Schauspieldirektor Michael Helle haben das Haus mit interessantem
Spielplan hochgebracht, haben die Zahl der Vorstellungen angehoben,
die Platzausnutzung auf knapp 80 Prozent gesteigert und Rücklagen
erwirtschaftet. Jetzt soll der bisher 15 Millionen Euro betragende
Betriebskostenzuschuss um 3,4 Millionen Euro gekürzt werden.
Das bedeutet bei vollständiger Auflösung der Rücklagen
eine Minderung des Etats um 300.000 Euro. 2004 soll eine weitere
Million Euro gestrichen werden, 2005 nochmals 4,2 Millionen Euro. „Auf
die Dauer kann sich die Stadt angesichts ihrer Haushaltslage ein
Theater in alleiniger Trägerschaft nicht mehr leisten“,
erklärten unisono die im Stadtrat vertretenen Parteien.
Wie es 2004 weitergehen soll, wenn die Rücklage aufgebraucht
ist und im Etat dann 4,4 Millionen Euro fehlen, steht noch in den
Sternen. Esterhazy und Helle haben der Stadt mitgeteilt, ihre bis
Mitte 2005 laufenden Verträge nicht verlängern zu wollen.
Altenburg-Gera
René Serge Mund, Generalintendant des Zwei-Städte-Theaters,
scheidet vorzeitig aus seinem Vertrag zum Ende der Spielzeit 2003/04
aus. Munds Sparkonzept, das faktisch das Ende der Oper bei Erhalt
von Schauspiel und Ballett vorsah (vgl. O&T Ausgaben 6/02,
S. 8 und 2/03, S. 6), war sowohl vom Aufsichtsrat als auch von
der Gesellschafterversammlung abgelehnt worden. Das jetzt verabschiedete
Alternativ-Konzept, das bei Einfrieren der Gagen, Löhne und
Gehälter bis 2008 ohne betriebsbedingten Personalabbau auskommt,
könne er nicht mit tragen, erklärte Mund.
Augsburg
Das Theater Augsburg, das eine fünfprozentige
Kürzung
seines Betriebszuschusses hinnehmen musste, darf im Wirtschaftsplan
2003/04 eine Überziehung um 425.000 Euro vornehmen, entschied
der Theater-Werkausschuss. Im Gegenzug erwartet die Stadt, dass
das Theater in den nächsten Jahren sozialverträglich
rund 15 Arbeitsplätze abbaut.
Freiburg, Heidelberg,
Heilbronn
Vor dem Hintergrund aktueller Sparzwänge hat Heidelbergs Intendant
Günther Beelitz das Konzept eines die drei Städte bespielenden „Baden-Balletts“ entwickelt.
Ungeklärt ist jedoch die Standort-Frage: Wird Heidelberg Sitz
des Drei-Städte-Balletts, so bedeutet das faktisch die Schließung
der Sparte Tanz in Freiburg – und umgekehrt. Amélie
Niermeyer, die ohnehin von Sparmaßnahmen gebeutelte Freiburger
Intendantin, will jedenfalls für den Erhalt ihres Tanztheaters
kämpfen. Chemnitz
Die Städtischen Bühnen müssen eine weitere halbe
Million Euro – von insgesamt 23 Millionen – einsparen.
Ein Verzicht der Mitarbeiter auf die Zuwendung war schon im Jahr
2002 haustarifvertraglich vereinbart worden.
Düsseldorf/Duisburg
Die Städte sehen sich nicht in der Lage, die Tariferhöhungen
im öffentlichen Dienst durch höhere Betriebszuschüsse
auszugleichen. Die Deutsche Oper am Rhein beabsichtigt daher, ab
der Spielzeit 2003/04 ihre Opernaufführungen von 360 auf 280
im Jahr einzuschränken.
Eisenach und Meiningen
Die von beiden Städten anvisierte „höchstmögliche
Kooperation“ (vgl. O&T Ausgabe 1/03, S. 6) soll in der
Spielzeit 2003/04 mit dem Austausch einiger Produktionen beginnen.
Meiningen gastiert mit drei Schauspielaufführungen in Eisenach,
die Eisenacher schicken eine Kammeroper und ein Musical nach Meiningen.
Ungewiss ist es noch, wie die Kooperation endgültig gestaltet
werden soll; das radikale Holk Freytag-Konzept ist jedenfalls noch
immer eine der Diskussionsgrundlagen.
Cottbus
Das einzige in Brandenburg noch existierende Dreispartenhaus,
das Staatstheater Cottbus, soll zwar zunächst erhalten bleiben,
muss aber Kürzungen der Betriebszuschüsse ab 2004 um
jährlich 240.000 Euro verkraften. Das Land erwägt,
den Betrieb in eine GmbH umzuwandeln.
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