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Anspruchsvolle Ästhetik des Unterhaltenden
Thomas Siedhoff, Handbuch des Musicals. Die wichtigsten Titel
von A bis Z, Schott, Mainz u.a. 2007, 731 S., 29,95 Euro. ISBN
978-3-7957-0154-3
Thomas Siedhoff stellt mit seinem „Handbuch des Musicals“ ein
Nachschlagewerk zur Verfügung, das im Bereich des Musiktheaters
bald unverzichtbar sein wird – und zwar für alle Sparten
der Praxis bis hin zur wissenschaftlichen Forschung. Obwohl mittlerweile
eine Reihe an Führern und Einzelstudien erschienen ist, fristet
das Musical in der deutschen Musikwissenschaft nach wie vor ein
Schattendasein. Thomas Siedhoff, 1987 bis 2000 Chefdramaturg des
Münchner Gärtnerplatz-Theaters und 2000 bis 2006 Chefdramaturg
und Pressesprecher der Bayerischen Theaterakademie, legt ebenso
knapp wie prägnant dar, warum das Musical es auf deutschen
Bühnen wie auch in der Kritik bis heute so schwer hat: „Es
unterbleibt die Entwicklung einer anspruchsvollen Ästhetik
des Unterhaltenden im Dialog mit dem Publikum, der Kritik und mitunter
auch mit den Theaterleitern“ (S. 10).
Die Einleitung von Thomas Siedhoff skizziert keine Geschichte
des Musicals, dazu gibt es andere Bücher. Vielmehr konzentriert
sich der erfahrene Theatermann auf Aspekte, die in der bisherigen
Literatur kaum je beleuchtet werden: die unbedingte und nicht negativ
zu sehende Kommerzialität des Genres, die Voraussetzungen
für den Erfolg, das Besondere eines Musicalorchesters wie
auch der speziell ausgebildeten Künstler, schließlich
auch ein eigener Abschnitt über die Entwicklung in Deutschland.
Mehr als 250 Musicals werden differenziert in Einzeldarstellungen
präsentiert. Aufgeführt werden dabei zunächst die
Autorendaten, dann die historischen Daten der ersten Aufführungen
und die Verfilmungen, darauf eine knappe Auflistung der Musiknummern,
eine Inhaltsangabe, Angaben zu Aufführung, Besetzung und Aufführungsdauer
sowie Hinweise zur Aufführungspraxis, schließlich Angaben
zum Aufführungsmaterial (Rechteinhaber, Verleih). In einem
nächsten Abschnitt folgt ein Kommentar zum Werk, seiner Entstehung
und seiner Stellung innerhalb der Musicalgeschichte wie auch zu
seiner Rezeption. Abgeschlossen wird jede Einzeldarstellung mit
biblio-graphischen Angaben. Hinzu kommt ein Gesamtanhang mit Chronologie
der Musicaltitel, Literatur- und Internethinweisen, Verlagsanschriften, übersichtlichen
Aufstellungen von Musicalthemen, -genres und -tänzen wie auch
ein Glossar und ein Register. Lediglich das Glossar hätte
umfangreicher sein können.
Ansonsten setzt Siedhoff mit diesem Handbuch Maßstäbe:
Die Detailliertheit der Einzeldarstellungen, die kulturhistorische
Breite in der Einordnung, die Sachkenntnis des Dramaturgen, schließlich
die Fülle an notwendigen bibliographischen Hinweisen suchen
in der Literatur zum Musiktheater ihresgleichen.
Linda Maria Koldau
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