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Erfolgreich, doch mühsam rechnet das Eichhörnchen
Die Gagen-Anpassungstarifverträge 2008
Erstmals seit 2004 werden die Gagen der unter den Normalvertrag
Bühne fallenden Künstler wieder angehoben, und zwar
- bei den kommunalen Bühnen rückwirkend ab
1. Januar 2008 bzw. bei
den kommunalen Bühnen im Tarifgebiet Ost rückwirkend ab 1. April
2008 um rund 3,1 Prozent zuzüglich 54,- Euro;
- bei den Staatstheatern ebenfalls rückwirkend ab 1. Januar 2008 bzw.
im Tarifgebiet Ost rückwirkend ab 1. Mai 2008 um rund 3,0 Prozent,
wobei die auf der Grundlage des Abschlagszahlungs-Tarifvertrages
vom 1. März 2008 geleisteten Zahlungen angerechnet werden (vgl.
hierzu „Oper&Tanz“ Ausgabe 2/2008, Seite 30.
Dort ist auch aufgelistet, welche „Staatstheater“ tarifrechtlich
als solche anzusehen
sind).
Die so genannte „Besitzstandszulage“, die seit 2006 mit Abschaffung
der Ortszuschläge eingeführt wurde, nimmt an den linearen Gagenanpassungen
teil. Die Mindestgage der Solo- und Bühnentechnik-Mitglieder wird zum
1. Januar 2009 von derzeit 1.550 Euro auf 1.600 Euro angehoben; ferner erhalten
Solo- und Bühnentechnik-Mitglieder, deren Monatsgage im März 2008
den Betrag von 2.300 Euro nicht überschritten hat, als Ausgleich für
die bereits zum 1. Januar 2008 erfolgende Ost-West-Anpassung auf 100 Prozent
in der Chor- und Tanzgruppengagenklasse 2b eine Einmalzahlung von 350 Euro.
Rechenbeispiel
Ein Rechenbeispiel für ein Opernchor-/Tanzgruppenmitglied eines kommunalen
Theaters im Tarifgebiet West, dessen örtliche Grundgage innerhalb der
Gagenklasse 2a im Dezember 2007 2.500 Euro beträgt.
1. Die Grundgage wird um 2,9 Prozent
linear angehoben = 2.572,50 Euro
2. Der sich so ergebende Betrag wird auf volle
fünf (bzw. volle zehn) Euro aufgerundet = 2.575,- Euro
3. Als Ausgleich zu dem im öffentlichen
Dienst/Kommunen vereinbarten Anhebungssatz
von 3,1 Prozent werden die 50 Euro + 4 Euro
als Vergütungsausgleich gezahlt, so dass
die ab 1. Januar 2008 zu zahlende örtliche
Grundgage = 2.629,- Euro beträgt.
Den Tarifvertragstext, der diese – und andere – Rechenoperationen
begründet, erhalten die VdO-Ortsverbände, sobald der
Vertrag von den Tarifparteien unterschrieben sein wird. Mit anderen
Worten: Noch fehlen unter dem Anpassungstarifvertrag vom 1. Juli
2008 die Unterschriften.
Der Deutsche Bühnenverein hat indes mit Rundschreiben Nr.
U 072/2008 vom 14. Juni 2008 seinen Mitgliedern „grünes
Licht“ für die Zahlungen nach den neuen Vergütungsregelungen
gegeben. Zu hoffen ist, dass dies noch vor Beginn der Theaterferien
erfolgt. Ausnahmen
Der Anpassungstarifvertrag vom 1. Juli 2008 gilt nicht oder nur
modifiziert für die Staatsoper Dresden, für die Mitgliedsbühnen
des Deutschen Bühnenvereins in Berlin, für das Staatstheater
Nürnberg, für das Staatstheater Cottbus und für
das Landestheater Eisenach. Die betroffenen Vdo-Orts- und Landesverbände
werden vom Bundestarifausschuss speziell informiert.
Etwas kompliziert ist die Lage im Bundesland Hessen. Der Anpassungs-
tarifvertrag sieht zunächst für die Mitglieder der drei
Hessischen Staatstheater und des Stadttheaters Gießen eine
Anhebung der Gagen und der Besitzstandszulagen rückwirkend
ab dem 1. April 2008 um 2,4 Prozent vor. Über die weitergehenden
Vergütungsregelungen in der „Eckpunktevereinbarung“ vom
3. Juni 2008, die zwischen den Gewerkschaften des öffentlichen
Dienstes und dem Land Hessen getroffen wurden – unter anderem
Anhebung des Prozentsatzes von 2,4 auf 3 Prozent und Einmalzahlung
für den Zeitraum Januar bis März 2008 – können
erst dann mit dem Bühnenverein Verhandlungen aufgenommen werden,
wenn diese „Eckpunkte“ Tarifrecht geworden sind.
Mindestverpflichtung
Theater, die weder das Tarifrecht der Länder (TV-L) noch das
der Kommunen (TvöD) für ihr nichtkünstlerisches
Personal anwenden, werden durch den Anpassungstarifvertrag verpflichtet,
mindestens die für den Bereich TV-L im jeweiligen Tarifgebiet
vorgesehenen Lohnerhöhungen vorzunehmen. Sie sind jedoch nicht
gehindert, dem TvöD entsprechend auch für den NV Bühne
zu verfahren. Ausblick 2009
Für das Jahr 2009 liegt im öffentlichen Dienst ein Entgelttarifvertrag
bisher nur für die Kommunen (und den Bund) vor; über
eine Entgeltregelung für die Tarifbeschäftigten der Länder
sollen im Spätherbst 2008 Verhandlungen aufgenommen werden.
Die Tarifparteien des NV Bühne haben sich aus diesem Grund
darauf verständigt, Gagenanpassungsverhandlungen für
das nächste Jahr erst dann aufzunehmen, wenn die entsprechende
Tarifbewegung im TV-L abgeschlossen sein wird.
Gestützt wird diese Entscheidung durch die noch laufenden
Verhandlungen zwischen DOV und DBV über die Neufassung des
teilgekündigten TVK: Sowohl von Gewerkschafts- als auch von
Arbeitgeberseite wird angestrebt, eine für NV Bühne und
TVK identische Anpassungsklausel zu finden, die die drohende Atomisierung
des öffentlichen Tarifrechts, ausgelöst durch die Aufkündigung
der „Tarifgemeinschaft der Arbeitgeber des öffentlichen
Dienstes“ im Jahr 2003, für das Bühnen-Entgeltrecht
aufzufangen geeignet ist.
Sonstige Änderungen
Parallel zum Anpasssungstarifvertrag 2008 sind Änderungen
des Normalvertrags Bühne, zumeist auf Forderungen des VdO-Bundestarifausschusses
beruhend, vorbereitet worden. Als wichtigste seien genannt: die
Einbeziehung des eingetragenen Lebenspartners in die Sterbegeldregelung,
die Vorschrift, die acht beschäftigungsfreien Sonntage überwiegend
außerhalb der Theaterferien zu gewähren, eine Regelung
der so genannten Orchestersitzproben, die Einführung von Ruhezeiten
zwischen Vorstellung und Probe sowie die Gleichstellung von Vergütungskompensations-
und Urlaubstagen im Hinblick auf die Nachgewährung im Krankheitsfall. „Oper&Tanz“ wird
ausführlich berichten, sobald dieser dritte Änderungstarifvertrag
zum NV Bühne unterschrieben und zum 1. August 2008 in Kraft
gesetzt sein wird. M.
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