Pendlerpauschale vor Gericht
Der Streit um die Veränderung der steuerlichen Absetzbarkeit
der Entfernungspauschale (Pendlerpauschale) als Werbungskosten
hat, wie vorhersehbar (vgl. O&T Ausg. 1/07, S. 28) die Gerichte
erreicht. Das Niedersächsische Finanzgericht hält die
seit dem 1. Januar 2007 geltende Neuregelung des §9 Abs. 2
EStG, wonach die Kosten der Fahrt zur und von der Arbeitsstätte
nicht mehr als Werbungskosten anerkannt werden, sondern lediglich
eine Pauschale von 0,30 Euro pro km ab dem 21. Entfernungskilometer
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Rahmen einer Härtefallregelung
geltend gemacht werden kann, mit der Begründung für verfassungswidrig,
dies verstoße sowohl gegen das so genannte subjektive Netto-Prinzip,
da durch die Besteuerung der betroffenen Einkommensteile in Einzelfällen
das verfassungsrechtlich geschützte Existenzminimum besteuert
werden könne, als auch gegen das so genannte objektive Netto-Prinzip,
da die Wegekosten für eine Vielzahl Steuerpflichtiger zwangsläufig
seien, um ihr Arbeitseinkommen zu erzielen. Das Gericht hat daher
in einem konkreten Einzelfall das Verfahren ausgesetzt und das
Bundesverfassungsgericht angerufen (AZ: 8K549/06; BVerfG: AZ: 2
BvL 1/07).
Für von der Neuregelung betroffene Steuerpflichtige
besteht bis zum Frühjahr 2008 kein Handlungszwang, um gegebenenfalls
ein positives Urteil des Bundesverfassungsgerichts für sich
geltend machen zu können: Es können dann mit der Steuererklärung
für das Jahr 2007 die vollen Kosten nach der bisherigen Regelung
geltend gemacht und im Ablehnungsfalle der Rechtsweg beschritten
werden. Sollte das Bundesverfassungsgericht bis dahin nicht entschieden
haben, ist zudem damit zu rechnen, dass die Finanzämter die
entsprechenden Steuerbescheide mit einer Vorläufigkeitserklärung
versehen werden, die zur Wahrung der Rechte der Betroffenen ausreichen
dürfte.
In einem weiteren Schritt hat nunmehr ein anderer Senat des Niedersächsischen
Finanzgerichts im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ein Finanzamt
verpflichtet, auch für die ersten 20 Entfernungskilometer
in einem Fall einen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte einzutragen,
in dem dadurch die allgemeine Werbungskostenpauschale von 920 Euro
pro Jahr überschritten wird (AZ: 7V21/07).
Dieser Beschluss
ist allerdings noch nicht rechtskräftig; die Beschwerde zum
Bundesfinanzhof wurde ausdrücklich zugelassen. Nicht nur deshalb
ist es zweifelhaft, inwieweit vergleichbar betroffenen Steuerpflichtigen
zu einem ähnlichen Vorgehen geraten werden kann. Es kommt
zum einen hinzu, dass vor einer Anrufung des Finanzgerichts immer
eine ablehnende Entscheidung der zuständigen Finanzbehörde
im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung vorliegen muss, zum
anderen dass im Falle eines negativen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens
neben dem Verlust des begehrten Steuervorteils auch mit nennenswerten
Verfahrenskosten zu rechnen ist. Ein entsprechendes Vorgehen sollte
daher wohl überlegt sein. Oper & Tanz wird über den
Fortgang der Verfahren berichten. |