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Kulturpolitik

Die GEMA

Ein Porträt der Verwertungsgesellschaft · Von Barbara Haack

„Jetzt red i“ heißt eine Sendung im Bayerischen Fernsehen, in der verärgerte oder Rat suchende Bürger frei von der Leber weg ihre Sorgen und Kümmernisse erzählen dürfen und – im besten Fall – fachmännischen Rat erhalten. Kürzlich empörte sich dort eine Dame, die kurz zuvor zum Weiberfasching geladen und diesen musikalisch gestaltet hatte, darüber, dass ihr im Nachgang der Veranstaltung eine Rechnung der GEMA ins Haus geflattert war. Über hundert Euro sollte sie zahlen. Und das, obwohl sie doch nur „etwas Soziales“ getan hatte. Warum sollte sie da überhaupt an eine anonyme Behörde Geld überweisen, nur, weil die Damen gerne Musik hören?

Der kurze Fernseh-Auftritt der Zuschauerin, die sich im guten Recht wähnte, ist mehrfach beispielhaft: Für das Unverständnis vieler Menschen darüber, was die GEMA eigentlich tut und wofür sie steht. Für die Schwierigkeit, dies klar und transparent darzustellen. Für die Unkenntnis, wie im Einzelnen mit öffentlichen Musikdarbietungen zu verfahren ist. Und – letzten Endes – für den nicht eben hohen Stellenwert, den Musik-Urheber in der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion für sich verbuchen dürfen.

Wert des geistigen Eigentums

Die GEMA ist keineswegs eine Behörde. Sie ist auch kein Unternehmen, das nach optimalen Gewinnen trachtet. Vielmehr handelt es sich um einen eingetragenen Verein, der von seinen Mitgliedern gesteuert wird. Diese wiederum sind auch die „Profiteure“ der GEMA-Einnahmen. Denn alles Geld, was hereinkommt, muss – nach Abzug der Verwaltungsgebühren, die zugegebenermaßen bei einer Organisation dieser Größe nicht eben gering sind – an die Mitglieder ausgezahlt werden: an Komponisten, Textdichter und Musikverlage.

„Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“ heißt die GEMA eigentlich. Sie ist eine (und die größte) der Verwertungsgesellschaften in Deutschland. Hintergrund dieser Einrichtungen ist die Überzeugung, dass geistiges Eigentum ebenso wie materielles einen Wert hat. Wer Brötchen kauft und verspeist, ist selbstverständlich bereit, dafür Geld auszugeben. Wer aber das Eigentum eines Komponisten, nämlich sein musikalisches Werk, nutzt, sieht nicht immer ein, dass auch hier eine Entlohnung angemessen ist.

So schön ist die Vorgeschichte der ersten musikalischen Verwertungsgesellschaft, dass sie hier erzählt werden soll: Mitte des 19. Jahrhunderts nahm ein populärer französischer Komponist, Ernest Bourget, in einem Pariser Concert-Café ein Glas Zuckerwasser zu sich. Als der Wirt die Rechnung brachte, verweigerte der Komponist die Zahlung. Das Orchester im Kaffeehaus, so Bourget, habe schließlich auch seine Musik gespielt, der Wirt ihn aber nicht dafür bezahlt. Der Streit wurde gerichtlich ausgetragen und zugunsten des Komponisten entschieden. In der Folge entstanden zunächst in Frankreich im Jahr 1903, dann auch in Deutschland Verwertungsgesellschaften, die sich für die Durchsetzung der Komponisten-Ansprüche stark machten. Zu den Gründungsvätern gehörten berühmte Komponisten wie Richard Strauss und Gustav Mahler.

Zentrale Dienstleistung: Inkasso

Mehr als 60.000 Mitglieder verzeichnet die GEMA heute, darunter sind mehr als 30.000 Komponisten. Theoretisch könnte jeder seine Rechte auch selbst wahrnehmen. Doch wie soll ein Komponist der beispielsweise in Rosenheim lebt überprüfen, wo und wann seine Werke öffentlich aufgeführt werden? Für jede dieser öffentlichen Darbietungen muss der Veranstalter eine Gebühr zahlen. Diese richtet sich nach der Größe des Saals, nach der Art der gespielten Musik, nach der Höhe des Eintrittsgeldes. Versäumt der Veranstalter, die Aufführung (im Vorfeld!) anzumelden, so wird es ihm vermutlich so gehen wie der oben erwähnten Faschings-Dame. Denn die Mitarbeiter der GEMA, die mit großer Sorgfalt alles prüfen, was Auskunft über Konzerte und Musik-Darbietungen geben könnte, spüren vieles auf, was nicht gemeldet wurde. Und dann wird es für den Veranstalter teuer. Mindestens die doppelte Lizenzgebühr ist dann fällig. Diese Prüfung und die Einforderung von Gebühren ist die zentrale Dienstleistung, die die GEMA ihren Mitgliedern anbietet. Nach komplizierten Verteilungsschlüsseln wird das eingenommene Geld später an die Komponisten, Textdichter und Verlage ausgeschüttet. Darüber hinaus werden auch Tonträger-Aufnahmen oder Rundfunk- und Fernsehsendungen abgerechnet. Und schließlich spielt in den letzten Jahren die Internet-Nutzung von Musik eine immer größere Rolle – ebenso wie Handy-Klingeltöne, die ebenfalls lizenziert werden: Je globaler und grenzenloser Musik genutzt werden kann, desto stärker bedarf es einer zentralen Einrichtung, die dafür sorgt, dass die Urheber dieser Musik zu ihrem ökonomischen Recht kommen.

Gegenseitigkeitsverträge mit fast allen Urheberrechtsgesellschaften der Welt regeln im Übrigen, dass auch international gespielte und aufgeführte Autoren abgerechnet und „entlohnt“ werden.

Unterschiedliche Tarife

Als Vermittler zwischen Komponisten und Nutzern sieht sich die GEMA. Sie muss erleben, dass die eingangs zitierte Empörung bei den so genannten Verwertern auf der Tagesordnung steht. Friseure, Gastwirte, Hotelbetreiber gehören zu denjenigen, die pauschale Summen abführen, weil sie regelmäßig Musik zur Belebung des eigenen Geschäfts nutzen. Dass die GEMA solche Einnahmen auch für soziale und kulturelle Zwecke einsetzt, mag da vermutlich nur wenige versöhnlich stimmen. Genau aber dies tut sie. So gibt es für die so genannte E-Musik zusätzliche Ausschüttungen, die GEMA-Sozialkasse unterstützt alte und bedürftige Mitglieder, und die GEMA-Stiftung gibt Geld für Projekte, die die Förderung zeitgenössischer Musik voran bringen wollen. Darüber hinaus gibt es eigene Tarife zum Beispiel für Veranstaltungen mit besonderem pädagogischen Wert, für Kirchenkonzerte oder die Musiknutzung in Schulen. Verständlich ist nicht immer, was der Komponist, der Verlag oder auch der Verwerter in seinem Briefkasten vorfindet, wenn die turnusmäßigen Abrechnungen verschickt werden. Ein wenig mehr Transparenz wäre da wünschenswert. Dass es die GEMA aber gibt, ist heute mehr denn je eine Notwendigkeit – nicht nur für diejenigen, deren Einnahmen durch die Kassen der GEMA fließen, sondern für jeden, der an einem reichhaltigen Musikleben interessiert ist. Denn ohne die GEMA könnten die meisten Komponisten ihr Dasein nicht fristen. Und ohne Komponisten gäbe es bald keine Musik mehr.

Barbara Haack

 

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