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Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Bautzen, Sorbisches National-Ensemble
Schien mit den Haustarifverträgen für die Jahre 2004
und 2005 eine Konsolidierung des wackeren, sorbische Volkskunst
pflegenden kleinen Theaters erreicht, so erwies sich diese Annahme
schon Ende 2006 als böser Irrtum. Neue Forderungen auf haustarifvertraglichen
Gehaltsverzicht kommen auf das Ensemble zu, dessen künstlerisches
Personal ohnehin nur noch aus 20 Sängerinnen und Sängern
im Chor, 26 Tänzerinnen und Tänzern sowie aus 20 Solisten
(einschließlich der Bühnenvorstände) und 25 Musikern
besteht. Haushaltsüberziehungen, ausgelöst nicht zuletzt
durch defizitär endende Gastspiele zwischen Tirol, Österreich,
der Schweiz und Holland, Nachforderungen des Finanzamts, Rückforderungen
der Zuwendungsgeber, nicht ausgezahlte Honorare und Spesen sowie
eine Kürzung des Betriebszuschusses seitens der Stiftung für
das sorbische Volk hatten sich zu einem die halbe Million Euro übersteigenden
Fehlbetrag summiert, der die Theaterleitung jetzt veranlasst, einen
Haustarifvertrag für die Jahre 2007 bis 2012 zu verlangen,
der durchschnittlich einen zehnprozentigen Gehaltsverzicht der
Belegschaft vorsieht. Ratlosigkeit bestimmte die Verhandlungsaufnahme. Landestheater Coburg
Eigentlich ist das Landestheater Coburg ein Bayerisches Staatstheater.
Es wird zwar von der Stadt Coburg betrieben, gehört aber
dem Freistaat Bayern, der dem 1919 geschlossenen Staatsvertrag
entsprechend verpflichtet ist, das ehemalige Hoftheater des sächsischen
Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha rund hälftig mitzufinanzieren.
Der Freistaat kommt seinen Verpflichtungen auch durchaus nach,
trägt heute bereits gut 55 Prozent der gesamten Betriebszuschüsse
in Höhe von rund 9,3 Millionen Euro, doch die Stadt Coburg
hat den 2001/2002 wegen Einbruchs ihres Gewerbesteueraufkommens
um gut eine halbe Million Euro reduzierten Zuschuss nicht wieder
ausgeglichen, geschweige denn an die seither eingetretenen Kostensteigerungen
angeglichen. Und das obwohl die Gewerbesteuer inzwischen wieder
munter sprudelt: 61 Millionen Euro waren es 2006.
Zum Personalabbau gezwungen, hatte Coburgs Intendant Dieter Gackstetter
zur Spielzeit 2003/2004 sein Ballett-Ensemble auf je drei Tänzerinnen
und Tänzer verkleinert und seither für umfangreichere
Produktionen Gäste engagiert, so beispielsweise zehn für
Prokofjeffs „Romeo und Julia“, das am 17. März
2007 zur Aufführung kam. Doch das war wohl die letzte Ballett-Premiere
im Großen Haus, da einerseits das Landestheater es nicht
verkraftet, beinahe die Hälfte des Gäste-Etats einer
Spielzeit in eine Ballett-Aufführung zu stecken, die städtischen
Vertreter im Verwaltungsrat andererseits eine Aufstockung der Mittel
verweigern.
Gackstetter verbannt seine sechsköpfige Compagnie jetzt ins
Kleine Haus des Landestheaters, in die 99 Zuschauer fassende Reithalle
am Schlossplatz. Mehr als zehn Minuten applaudierten die Coburger
nach „Romeo und Julia“ ihrem Ballett, das in der Reithalle
künftig auch ohne Choreografin – Eva-Maria Lerchenberg
flüchtet nach Braunschweig – und ohne Ballettmeister
auskommen muss. Laut örtlicher Presse soll Gackstetter erklärt
haben, dass „man von einem Dreispartenhaus hier in Coburg
nicht mehr reden kann.“ Oper Leipzig
Die Stadt Leipzig erwartet von den Gewerkschaften eine Fortschreibung
des von August 2005 bis Juli 2007 laufenden Haustarifvertrages
um weitere zwei Jahre. Er sieht eine rund fünfprozentige Gehaltskürzung
vor. Zusätzlich sollen 68 Stellen in Oper und Musikalischer
Komödie in den nächsten drei Jahren mittels „natürlicher
Fluktuation“ abgebaut werden. .
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