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Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Berlin, Opernstiftung. Als der Generaldirektor der Stiftung, Michael
Schindhelm, am 15. November 2006 dem Stiftungsrat sein „Konzept
zur Neujustierung des Opernstrukturkonzepts der Stiftung Oper in
Berlin“ vorlegte,
traf nur noch die Unerfüllbarkeit der der Stiftung bis 2009
auferlegten Sparmaßnahmen zu, die Kultursenator Thomas Flierl
veranlasst hatte, die Neujustierung in Auftrag zu geben (s. O&T,
Ausg. 4/06, S. 6). Die Berliner hatten ein neues Abgeordnetenhaus gewählt und
in der alten/neuen rot-roten Koalition verschwanden nicht nur aus
dem Fundus der Deutschen Oper die abgeschlagenen Götter-Köpfe
aus dem „Idomeneo“, sondern auch die Köpfe des
Kultursenators und seiner für Theater zuständigen Staatssekretärin
Barbara Kisseler. Dann entschied das Bundesverfassungsgericht,
dass Berlin vielleicht sexy, jedenfalls trotz seiner 60 Milliarden
Euro Schulden nicht arm sei. Und zu guter letzt ließen Bundeskanzlerin
Angela Merkel und ihr Kulturstaatsminister Bernd Neumann den neuen
Regierenden Kultursenator Klaus Wowereit mit seiner wieder einmal
vorgetragenen Forderung abblitzen, der Bund möge doch die
Trägerschaft der Deutschen Staatsoper Unter den Linden übernehmen.
Neumann rechnete vor, dass der Bund schon heute für die Hauptstadtkultur
mehr ausgäbe als das Land, worauf Wowereit die noch von Flierl
gemachte Zusage in Frage stellte, Berlin werde sich mit 50 Millionen
Euro an den Sanierungskosten für die Staatsoper beteiligen.
Schindhelms Neujustierung besteht im Wesentlichen aus drei Vorschlägen:
Die Absenkung der Zuschüsse für die Stiftung wird um
zwei weitere Jahre, also bis 2011 gestreckt, die Deutsche Oper
wird auf einen Semi-Stagione-Betrieb umgestellt und der Generaldirektor
erhält die Rechte eines Geschäftsführenden (General-)Intendanten.
Da er seine Vorschläge offenbar mit niemandem abgestimmt hatte
und die beiden Knallbomben (Machbarkeit des Semi-Stagione-Betriebs
und Generalintendanz) erst auf den beiden letzten der 45 Seiten
seines Konzepts aufscheinen, konnte er über dessen allseitig
skeptische Aufnahme nicht überrascht sein. Als ihn sein neuer
Kultursenator, Klaus Wowereit, auch noch öffentlich desavouierte,
kündigte Schindhelm mit sofortiger Wirkung, ließ sich
dann aber bewegen, seinen bis 2010 laufenden Vertrag bis Ende März
2007 zu erfüllen. Um seine Neujustierung neu zu justieren?
Wohl eher nicht. Wowereit, einer größeren Öffentlichkeit
anlässlich der manipulierten Bundesrats-Abstimmung über
das Zuwanderungsgesetz und der voreiligen Annahme seiner Wiederwahl
zum Regierenden Bürgermeister trotz verfehlter Mehrheit bekannt
geworden, will Schindhelms Rücktritt „zum Anlass nehmen,
gemeinsam mit den vier Intendanten eine gründliche Neugestaltung
der Opernlandschaft zu planen.“ Gäbe es da nicht seinen
neuen Kultur-Staatsekretär André Schmitz, den bisherigen
Chef der Senatskanzlei, einen Juristen mit langjähriger Erfahrung
in Theater-Verwaltungen, wäre die Versuchung groß, auch
diese Ankündigung Wowereits für Partygeplauder zu halten. Theater der Bundesstadt Bonn
Die Auseinandersetzungen zwischen dem Bund, der nach dem Bonn/Berlin-Gesetz
noch bis 2010 jährlich fünf Millionen Euro für
das Theater zur Verfügung stellt, der Stadt und der Theaterleitung
um die Zukunft der Bühne nähern sich auf der Grundlage
eines von Intendant Klaus Weise erarbeiteten Sparkonzepts ihrem
Ende. Nur noch um 2,7 statt der bisher geplanten 5,1 Millionen
Euro wird die Stadt ab 2008 ihren jährlichen Betriebszuschuss
kürzen. Im Gegenzug stimmt die Theaterleitung der Schließung
des Johann Kresnik-Tanztheaters und der Aufgabe der Biennale
Bonn zu. Ein weiterer Personalabbau und die Anhebung der Eintrittspreise
werden erwogen. Dresden, Staatsoperette
Die abschlussreif ausgehandelten Haustarif- und Überleitungsverträge,
Voraussetzungen für eine Umwandlung des bisherigen städtischen
Eigenbetriebs in eine GmbH und für die Ausschreibung des Operetten-Neubaus,
sind vom Regierungspräsidium für „nicht genehmigungsfähig“ erklärt
worden, da die vereinbarten Abfindungen für den Fall einer
Insolvenz der GmbH der Landshauptstadt „völlig unkalkulierbare
Risiken“ aufbürdeten. Jetzt muss zwischen Gewerkschaften
und der Stadt erneut verhandelt werden. Thüringen
Ein von 160 Instrumentalisten und 130 Solisten und Opernchorsängern
aus 21 Klangkörpern aus ganz Deutschland in der Erfurter Oper
veranstaltetes Solidaritätskonzert, ein Solidaritätslauf
des Weimarer Stadtsportbundes, rund hunderttausend Unterschriften
protestierender Bürger, Demonstrationen in Nordhausen und
Rudolstadt zeigten erste Wirkungen bei der Thüringer Landesregierung.
Ministerpräsident Dieter Althaus verknüpfte das von seinem
Kultusminister Jens Goebel entwickelte Konzept zur „Neuordnung
der Thüringer Theaterlandschaft“, das einschneidende
Kürzungen der Landesfördermittel vorsieht (s. O&T,
Ausg. 5/06, S. 6), mit einer Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs.
Unter diesem Aspekt werde eine Arbeitsgruppe alles neu rechnen.
Diese Ansage bedeutet jedoch bisher nicht, dass der Freistaat von
seiner geplanten Reduzierung der Fördermittel abzuweichen
gedenkt; allenfalls könnte den Kommunen im Fall höherer
Zuweisungen Spielraum für eine freiwillige Anhebung ihrer
Kulturausgaben verschafft werden. Ein wenig konzilianter gibt sich
Goebel auch in der Erfurt-Weimar-Frage. Er hoffe auf einen Einstieg
in eine Zusammenarbeit. Der Thüringer Landeszeitung sagte
er: „Wir wollen keine Fusion.“ Doch Gründe, im
Protest gegen Goebels Neuordnungspläne nachzulassen, sind
bisher nicht auszumachen.
Den regionalen Protest gegen die als „Neuordnung der Thüringer
Theaterlandschaft“ getarnten Pläne des Kultusministers
Jens Goebel, die Landeszuschüsse für Theater und Orchester
um rund zwölf Millionen Euro zu kürzen, will die neu
gegründete
INITIATIVE ERHALT THÜRINGER KULTUR
bündeln und verstärken. Koordinator ist der Weimarer
Architekt Peter Mittmann, Großmutterleite 18, 99425 Weimar,
Telefon: 03643/77 95 52, Telefax: 77 95 54, E-Mail: mittmann@mittmann.de.
[siehe auch: www.erhaltet-thueringens-kultur.org,
E-Mail: info@erhaltet-thueringens-kultur.org.
Telefon: 03646/492 06 74]
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