Der schleichende Stellenabbau in den deutschen
Opernchören hat zwei Themen besondere Bedeutung zuwachsen lassen:
den Aushilfen in anderen Chören und der Verstärkung des
eigenen durch Extrachor-Mitglieder.
Die Freistellung der Opernchor-Mitglieder für Aushilfstätigkeiten
ist tarifvertraglich geregelt. In § 40 Abs. 2 NV Bühne
heißt es: „Für eine Aushilfstätigkeit an einer
anderen Bühne, die dem Deutschen Bühnenverein angehört,
kann eine Freistellung gewährt werden, wenn die dienstlichen
oder betrieblichen Verhältnisse es zulassen. Die Freistellung
erfolgt unter Fortzahlung der Vergütung.“
Die Aushilfstätigkeit gehört nicht zu
den Mitwirkungspflichten des Mitglieds, sie kann also jederzeit
abgelehnt werden. An einem chorfreien Tag ohne Anwesenheitspflicht
genügt es, die Aushilfstätigkeit als Nebenbeschäftigung
anzuzeigen; in allen übrigen Fällen bedarf es eines Freistellungsantrags.
Die Höhe der für die Aushilfstätigkeit
zu zahlenden Mindestvergütung ergibt sich aus der
von der VdO herausgegebenen Honorarliste für Opernchor-Aushilfen
(aktuell: Liste Nr. 8/2, Stand 1. Januar 2003). Diese Honorarliste
ist nicht tarifiert; sie hat empfehlenden Charakter und dient der
Einordnung der Leistung. Alle Bedingungen der Aushilfstätigkeit
sollten vom Mitglied mit dem ihn anfordernden Theater vereinbart
werden; das Chor- oder Betriebsbüro des eigenen Theaters ist
nicht befugt, die Aushilfsbedingungen auszuhandeln.
Aushilfstätigkeiten für Chor oder Orchester
sind grundsätzlich selbständige Tätigkeiten; der
so genannte Abgrenzungskatalog oder irgendwelche Lohnlexika sind
unverbindlich. Sozialversicherungsrechtlich sollte lediglich der
Abzug des Arbeitnehmeranteils zum Beitrag für die Versorgungsanstalt
der deutschen Bühnen vereinbart werden. Mit Hinweis auf das
Postulat des Bundespräsidenten, Bürokratismus abzubauen,
sollte das Ausfüllen irgendwelcher statusrechtlicher Fragebogen
verweigert werden. Die Aushilfstätigkeit ist, wie gesagt, eine
freiwillige.
Steuerrechtlich ist die Aushilfstätigkeit
eine nebenberufliche künstlerische Tätigkeit im Sinne
des § 3 Nr. 26 EStG. Es wird daher als zweckmäßig
angesehen, wenn das Mitglied das Gastierhonorar, über das in
der Regel eine Kontrollmitteilung erfolgt, selbst versteuert, statt
den Umweg über eine Lohnsteuerkarte der Steuerklasse sechs
zu gehen.
Der Extrachor einer Bühne ist üblicherweise
ein Instrument der Verstärkung; er tritt organisatorisch als
eigene Formation auf. Neuerdings häufen sich die Fälle,
da einzelne Mitglieder des Extrachores angesichts des stellenmäßig
ausgedünnten Opernchores – der Not gehorchend –
zu regulären Gesangs- und Darstellungsleistungen herausgezogen
werden. Chordirektion und Chorvorstand sollten Einvernehmen darüber
herstellen, dass diese Form der individuellen Stimmgruppen-Auffüllung
– auch im Sinne von § 51 Abs. 4 NV Bühne (Mitwirkung
des Vorstandes an reibungslosem Ablauf von Proben und Veranstaltungen)
– insoweit in geregelten Bahnen verläuft, als verpflichtende
Verabredungen mit bestimmten Mitgliedern des Extrachores zu treffen
sind.
Ihr Stefan Meuschel
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