Bilanz nach zwei Jahren
Der Intendant der Bregenzer Festspiele, David Pountney ·
Von Stefan Rimek
„Ich habe eine lange Beziehung zu den Bregenzer Festspielen.
Die beginnt bereits mit meiner Inszenierung des ,Fliegenden Holländers‘
im Jahre 1989. Dann kam ,Nabucco‘, dann ‚Fidelio‘
und dann habe ich im Festspielhaus 1999 Martinus ,Griechische Passion‘
und 2002 Martinus ,Julietta‘ inszeniert. Die Übernahme
war für mich eher ein natürlicher Vorgang, denn als ich
gehört habe, dass Alfred Wopmann die Intendanz abgeben will,
habe ich dem Präsidenten der Festspiele mitgeteilt, dass ich
mich für dieses Amt sehr interessieren würde, und so bin
ich dann auch im üblichen Prozess gewählt worden.“
So einfach wie schlüssig erklärt David Pountney die Umstände,
die es ermöglichten, dass der aus Oxford stammende Brite, der
in der Vergangenheit bereits die „Scottish Opera“ leitete
und an der New Yorker Met inszenierte, im Dezember 2003 die Leitung
der Bregenzer Festspiele übernahm.
Das Konzept der Seebühne habe er aufgrund des langen Erfolges
nicht ändern wollen, erklärt Pountney im Gespräch
mit unserer Zeitschrift. Aber das Profil der Festspiele im Bereich
des unkonventionelleren „KAZ“-Programms („Kunst
aus der Zeit“) „noch zu schärfen“ und die
stilistische Breite des Gebotenen auf der Werkstatt-Bühne des
Festspielhauses und an alternativen Spielorten noch zu vergrößern,
sieht er sehr wohl als eine neue Aufgabe an.
Auch die Einführung der Operettenschiene im Bregenzer Theater
am Kornmarkt, die Pountney letztes Jahr mit einer eigenen und recht
originellen Inszenierung von Kurt Weills „Kuhhandel“
eröffnete, liegt ihm nach eigenen Angaben sehr am Herzen. Um
dem gesamten Festspielprogramm noch mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen,
hält Pountney Schwerpunkte wie das Werk Kurt Weills im letzten
Jahr und das Schaffen des dänischen Komponisten Carl Nielsen
in diesem Jahr für geeignet.
Und die Realität gibt ihm in dieser Hinsicht Recht, konnte
er doch heuer mit seiner eigenen kreativen und fesselnden Inszenierung
von Nielsens 1906 uraufgeführten Oper „Maskerade“
das Publikum auch für die wesentlich schwierigere sinfonische
Kost des dänischen Komponisten im Rahmen der Sinfoniekonzerte
begeistern. „Wir haben neben der ‚Maskerade‘ und
vier Sinfonien auch Kammermusik von Nielsen zur Aufführung
gebracht. Man muss das als eine Einheit sehen und das hat wirklich
funktioniert“, stellt Pountney hierzu fest.
Neben Verdis „Troubadour“, der auf der Seebühne
auf einer Erdölraffinerie-Kulisse von Robert Carsen innovativ
inszeniert wurde (s. Besprechung auf S. 25), nahm das Publikum auch
die „Maskerade“ im Festspielhaus sehr gut an. Eine Auslastung
von 95 Prozent spricht hier eine deutliche Sprache. Aber auch all
die anderen Konzerte sowie Musiktheater- und Theaterinszenierungen,
die von indischer Musik über Multimedia-Produktionen bis hin
zu Franz Molnárs schwarzhumoriger Theatersatire „Liliom“
auf dem romantischen Martinsplatz der Oberstadt reichten, konnten
eine große Auslastung verbuchen.
Somit fällt die nun zweijährige Bilanz, die Pountney
zieht, auch in Bezug auf eine stilistische Horizonterweiterung des
Publikums zurecht sehr positiv aus.
Diesen Weg will Pountney auch in Zukunft gehen, wenngleich er
sich seine neuen Ideen noch nicht entlocken lässt. Zunächst
steht mit der Komplettsanierung des Festspielhauses ein 40-Millionen-Euro-Projekt
an, das bereits am 22. August und damit einen Tag nach dem Ende
der diesjährigen und damit 60. Bregenzer Festspiele begann.
Man darf also auf die 61. Festspiele im Jahre 2006 zurecht gespannt
sein.
Stefan Rimek
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