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Berichte


Ich bleibe doch stets froh

Die Eutiner Festspiele · Von Franz-Michael Deimling

Die „Oper im Schlossgarten“ hat Tradition in Eutin. Seit 55 Jahren wird im Sommer auf dem grünen Hügel im Schlosspark direkt am See gespielt. Auf der 1.886 Zuschauer fassenden Tribüne besuchten mehr als 40.000 Menschen die 24 Aufführungen. „Weht der Wind auch kalt und rauh, droht der Himmel noch so grau, ich bleibe doch stets froh!“ aus Alfios Arie mag das Motto der Eutiner Publikums gewesen sein. Denn mit Capes, Kissen und Decken ausgerüstet, kam das Publikum auch bei Regen.

 
 

Chorszene im „Bajazzo“. Foto: Jochen Diederichs

 

Gesungen wird unverstärkt und zwar verständlich! Das ist bei einer Freilichtbühne von dieser Größe nicht selbstverständlich. Das Team der Eutiner Festspiele umfasste mehr als 300 Personen, vom Bühnenarbeiter zur Schneiderei, von der Statisterie bis zu den Solisten. Eine Besonderheit war die Kooperation mit der Lübecker Musikhochschule. Fortgeschrittene Studentinnen und Studenten erhielten nicht nur die Möglichkeit, ihre ersten Bühnenerfahrungen in Nebenrollen zu machen, sondern konnten im Rahmen einer Meisterklasse Unterricht bei den renommierten Solisten nehmen.

Mit gleich vier Neuinszenierungen innerhalb von nur fünf Wochen Probenarbeit gab der neue Intendant der Eutiner Festspiele, Jörg Fallheier, seinen Einstand. Zum Auftakt die beiden Kurz-Opern „Cavalleria rusticana“ von Pietro Mascagni und „Der Bajazzo“ von Ruggiero Leoncavallo. Eine süditalienische Piazza mit Kirche und stilechten Häusern war das stimmige Bühnenbild von Jochen Diederichs für beide Opern. Dazu klangschön gespielte Musik der Hamburger Symphoniker, sensibel geleitet von Hilary Griffiths (Mannheim). Sabine Paßow überzeugte als Santuzza mit ihrer wundervollen Stimme. Maria Koler sang eine ansprechende Mama Lucia; mit rundem, sinnlichen Mezzo gab Jennifer Arnold die kesse Lola. Kor-Jan Dusseljees sang stimmgewaltig und mit viel Feingefühl für Zwischentöne einen überzeugenden Turridu. Mark Morouse gab mit seinem warmen Bariton einen Alfio mit gut geführter Stimme. Nach der Pause Stimmungsumschwung. Regisseur Fallheier ließ die Komödianten in einem Ochsenkarren über den Parkettweg einfahren. Seine Inszenierung sprühte vor Einfällen. Judy Berry gab eine begeisternde Nedda, Kor-Jan Dusseljee sang den zerstörten Bajazzo hinreißend. Mark Morouse war als Tonio unheimlich, teuflisch. Kim Tae-Hyun (Silvio) als leidenschaftlicher Liebhaber mit Intensität im Ausdruck. Mit Tansel Akzeybek (Beppo) präsentierte Fallheier die Entdeckung eines jungen Nachwuchstenors. Der Festspielchor unter der Leitung von Zeki Evyapan, zu einem achtzigköpfigen Ensemble verstärkt, überzeugte in der Vielstimmigkeit der italienischen Landleute wie in Carl Maria von Webers populären, hier klangschön differenziert dargebotenen Jäger- und Brautjungfer-Liedern.

Der „Freischütz“ hat in der Geburtsstadt Webers eine besondere Bedeutung. Fallheiers Inszenierung traf ins Schwarze. Jochen Diederich hatte die Bühne als einen großen, mit schwarz-gelben Bannern geschmückten Schützenfestplatz angelegt. Als sie am Ende der Kaspar-Arie herabgerissen wurden, kam in der Bühnenmitte Agathes Stube zum Vorschein. Auf ihr Dach verlegte Fallheier die Wolfsschluchtszene, in der unter Aufbietung aller bühnentechnischen Möglichkeiten im Dunkel der Eutiner Nacht ein beeindruckendes szenisches Crescendo in Übereinstimmung mit der musikalischen Struktur entstand.

Das gesamte Ensemble war augenfällig spielfreudig. Marion Costa gab eine sinnlich-wohlklingende und überaus empfindsame Agathe. Anke Krabbe als quirliges Ännchen sang mit perlend klarem Timbre. Andreas Hörl machte als Kaspar stimmgewaltig auf sich aufmerksam. Als Max hatte Fallheier mit Alexander Spemann einen substanzreichen Tenor engagiert, der mit vorbildlicher Wortverständlichkeit sang und spielte. Egbert Herold (Eremit), eine Entdeckung aus dem Chor der Bonner Oper, sang mit warmen Timbre den Eremiten.

In einem Bühnenbild von überdimensionalen Blumen in naiver Malerei kam die „Fledermaus“ von Johann Strauss daher. Die Hamburger Symphoniker spielten spritzig, lebendig und mitreißend dirigiert von Rudolf Piehlmayer (Augsburg). Thomas de Vries sang mit einem sehr wandlungsfähigen Ton Eisenstein, Ingeborg Zwitzers gab eine leidenschaftliche Rosalinde, geschmeidig und voluminös gestaltet. Als Adele brillierte kokett Lesia Mackowycz, Gor Arsenian ein tenoral-glänzender Alfred, Hartmut Bauer (Frank) ein sonorer Bass und Frank Schiller mit seinem schönen Bariton ein souveräner Dr. Falke. Mit Bravour meisterte Jennifer Arnold die Partie des dekadenten Prinz Orlofsky. An drei Abenden lag die musikalische Leitung in den sensiblen Händen von Philip van Buren (Krefeld). Zwei ausverkaufte Operngalas beschlossen die Eutiner Festspiele 2005.

Frank-Michael Deimling

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