Brenn-Punkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Bautzen
Das Vorhaben, das Deutsch-Sorbische Volkstheater (nur Schauspiel)
und das Sorbische National-Ensemble (nur Tournee-Musiktheater) erhoffter
Synergieeffekte in Technik und Verwaltung wegen zum Beginn des Jahres
2004 zu fusionieren, wurde von den Vertretern des Landes Brandenburg
und des Bundes im „Rat der Stiftung für das sorbische
Volk“ abgelehnt. Die wirtschaftlichen Folgen seien nicht absehbar,
hieß es. Der Landkreis Bautzen, der das Volkstheater als kommunalen
Eigenbetrieb unterhält, setzt nun auf Kooperation; das Sorbische
National-Ensemble beabsichtigt, sich mit einem Gehaltsverzichte
der Beschäftigten beinhaltenden Haustarifvertrag über
Wasser zu halten.
Cottbus
Um die Personalausgaben um rund 100 Millionen Euro innerhalb von
drei Jahren zu reduzieren, hätte die Landesregierung von Brandenburg
1.243 betriebsbedingte Kündigungen vornehmen sowie entsprechende
besoldungsrechtliche Maßnahmen ergreifen müssen. Um die
Kündigungen zu verhindern, haben sich die Gewerkschaften des
öffentlichen Dienstes (GEW, GdP, IG Bau und ver.di) zum Abschluss
eines Tarifvertrages „zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen“
bereit erklärt, der am 1. Februar 2004 in Kraft treten wird
und den einzelnen Ressorts der Landesverwaltung – gewerkschaftsbestimmt
– ein Wahlrecht zwischen Kündigungen oder Gehaltsverzicht
bei Arbeitszeitverkürzung einräumt. Der Gehaltsverzicht
bewegt sich je nach Vergütungsgruppe zwischen 1,25 und 7,5
Prozent und ist mit einem Bestandsschutz bis zum 31.12.2009 verbunden.
Der so genannte „Rahmentarifvertrag“ wird auch für
die dem Tarifrecht des öffentlichen Dienstes unterliegenden
Beschäftigten des Staatstheaters Cottbus gelten – und
es sind Auswirkungen auch auf das Bühnentarifrecht zu befürchten.
Genauere Informationen aus dem Kulturministerium des Landes Brandenburg
lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor, auch nicht über
den Stand des Vorhabens, das Staatstheater Cottbus in die Rechtsform
einer Stiftung zu überführen.
Frankfurt am Main
Der Personalrat der Städtischen Bühnen Frankfurt am
Main und der Gesamtpersonalrat der Stadt haben ihren Widerstand
gegen die Umwandlung des Theaters in die schon 1997 beschlossene
GmbH aufgegeben, nachdem die Stadt den nicht künstlerisch Beschäftigten
Erhalt der Arbeitsbedingungen, Widerspruchsrecht, Rückkehrrecht
im Falle einer Insolvenz und Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen
bis 2009 zugesichert hatte.
Bei Ausübung des Widerspruchsrechts werden die Beschäftigten
mittels Gestellungsverträgen sozusagen „Leiharbeitnehmer“
bei der GmbH. Den künstlerisch Beschäftigten steht zwar
das Widerspruchsrecht nach § 613 a BGB zu, aber weder der Bestandsschutz
bis 2009 noch das Rückkehrrecht in die Dienste der Stadt.
Ludwigshafen/Mainz/Koblenz
Der Vorschlag des rheinland-pfälzischen Kulturministers Jürgen
Zöllner (vgl. O&T
Ausg. 5/03, S. 6), das Mainzer Philharmonische Orchester und
die Staatsphilharmonie Ludwigshafen zu fusionieren und zugleich
die Rheinische Philharmonie Koblenz zu verkleinern, hat nach intensiven
Verhandlungen, an denen Bühnenverein und Orchestervereinigung
beteiligt sind, eine Modifikation erfahren. Danach sollen die drei
Staatsorchester mit je 60 Planstellen in Koblenz und Mainz, mit
80 Planstellen in Ludwigshafen erhalten bleiben, jedoch enge Zusammenarbeit
vereinbaren.
Um insgesamt 50 Musikerstellen sollen die drei Orchester reduziert
werden; weitere Einsparungen soll ein Haustarifvertrag bringen.
Die Philharmonie Koblenz mit bisher 77 Mitgliedern und das Mainzer
Philharmonische Orchester mit bisher 79 Mitgliedern bespielen auch
die Operntheater des Theaters der Stadt Koblenz und des Staatstheaters
Mainz.
Meiningen/Eisenach
Festzustehen scheint: Die Kooperation des Südthüringischen
Staatstheaters Meiningen mit dem Theater Eisenach unter gemeinsamer
Leitung findet bis zum Ende der Spielzeit 2005/06 nicht statt. Eisenach
hat seine Intendantenstelle neu ausgeschrieben, der Stiftungsrat
der Kulturstiftung Meiningen hat Intendant Res Bosshart beauftragt,
für das Theater Meiningen ein eigenständiges Konzept für
die Spielzeiten 2004/05 und 2005/06 vorzulegen.
„Eigenständiges Konzept“ kann nur „Einsparkonzept“
bedeuten; das heißt die Theaterleitung muss über Stellenabbau,
Streichung der Festwoche, Verzicht auf Ballettbespielung, Aufgabenreduzierung
und haustarifvertraglichen Gehaltsverzicht der Beschäftigten
nachdenken. Denn: Eine Finanzierungslücke in Höhe von
rund 1,4 Millionen Euro ist für die beiden Spielzeiten auszugleichen
(s. O&T
Ausg. 6/03, S. 6).
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