Nachrichten
Kartengruß
Alle Jahre wieder werden wir von Kartengrüßen zum neuen
Jahr überschwemmt. Eine besonders gelungene erreichte uns vom
Staatstheater Cottbus. Dort werden Zeichen gesetzt gegen Fremdenhass
und für ein tolerantes Umgehen mit den Mitmenschen:
Menschen erachte ich für den größten Reichtum.
Und kämen Heiden und Türken und wollten das Land bevölkern,
ich wollt ihnen Moscheen baun.
Mit diesem Zitat Friedrichs II. wünscht uns Intendant Christoph
Schroth ein gutes neues Jahr. Nachahmenswert!
Zugleich weist der Kartengruß auf die nächste Cottbuser
Zonenrandermutigung im Juni hin: eine Gemeinschaftsveranstaltung
von Schauspiel, Musiktheater, Ballett und Philharmonischem Orchester
unter dem Motto Rührt euch - Preußen 300.
Würzburger
Debakel
Was aus ihrem Theater wird, wissen auch zu Beginn des neuen Jahres
weder die Würzburger noch die Beschäftigten des Hauses.
Seit dem handstreichartigen Beschluss des Stadtrates, das Mainfranken-Theater
in ein Bespieltheater umzuwandeln, der am 23. November 2000 gefasst,
angesichts des Protestes der Bevölkerung und der Hilfszusagen
des Freistaates Bayern aber auf Eis gelegt wurde (vgl. Oper &
Tanz, Ausgabe 6/2000, S.4 und 7), ist nur wenig geschehen, die Zukunft
des Theaters zu sichern.
Oberbürgermeister Jürgen Weber, der in der Stadt als
der für die Schließungspläne Verantwortliche angesehen
wird, ließ zwar von seiner Absicht ab, den Kirchenmusikdirektor
und verdienstvollen Leiter des Würzburger Bach-Chores, Christian
Kabitz, zum Generalintendanten (des zu schließenden Theaters?)
zu berufen, setzte aber im Schnellverfahren die Umwandlung des Theaters
in einen städtischen Eigenbetrieb mit Wirkung zum 1. Januar
durch. Die beschlossene Betriebssatzung ist wenig geeignet, Misstrauen
auszuräumen: In ihrem § 2 ist gesagt, dass die Pflege
der Kunstgattungen auch in Zusammenarbeit mit anderen Theatern
wahrgenommen werden kann, und ihr § 7 bestellt den Oberbürgermeister
zum Alleinherrscher: Der Oberbürgermeister erlässt
anstelle des Stadtrats und des Werksausschusses für den Betrieb
dringliche Anordnungen...!
Das für den 31. Januar 2001 geplante Strukturgespräch
zwischen der Stadt und Bayerns Ministerpräsidenten Edmund Stoiber
ist auf Anfang März vertagt worden, nachdem in Sondierungsgesprächen,
die der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung
und Kunst, Hans Zehetmair mit OB Jürgen Weber geführt
hatte, weiterer Klärungsbedarf zu Tage trat. Denn die Notlage
des Würzburger Theaters ist nur die Spitze des Eisberges des
allgemeinen Würzburger Finanzdebakels: Die Stadt sitzt auf
einem Schuldenberg in Höhe von fast 350 Millionen Mark.
Die Überbrückungshilfen des Freistaates sind da nur
Momentlösungen. Erforderlich ist die Verbesserung des kommunalen
Finanzausgleichs, eine stärkere Beteiligung Bayerns an den
kommunalen Bildungseinrichtungen und eine gleichgewichtige Förderung
der staatlichen und der kommunalen Bühnen. Zudem muss die Trägerschaft
des Würzburger Theaters auf eine breitere Grundlage gestellt
werden; dem Vernehmen nach haben die Landkreise Kitzingen und Main/Spessart
Hans Zehetmair ihre Bereitschaft signalisiert, sich zu beteiligen,
wenn auch der Freistaat seine Betriebszuschüsse erhöht.
Im Gespräch ist die Errichtung einer von Freistaat, Stadt und
Landkreisen grundfinanzierten Stiftung, die das Theater als Trägerin
übernehmen soll. Die Beschäftigten werden weitere Wochen
im Stand der Verunsicherung Theater spielen müssen.
Neuer
Staatsopern-Intendant?
Michael Schindhelm, Direktor des Theaters in Basel, ist offenbar
als neuer Intendant der Berliner Staatsoper Unter den Linden im
Gespräch. Bis zum Sommer 2002 läuft der Vertrag des derzeitgen
Intendanten Georg Quander. Schindhelm wurde 1960 in Eisenach geboren.
In den 90er-Jahren begann die erfolgreiche Theaterkarriere des Quantenmechanikers
am Theater Gera, über Nordhausen bis zum Direktor in Basel.
Erst kürzlich geriet Schindhelm in die Schlagzeilen, als er
sich in der Zeit zu seiner informellen Stasi-Mitarbeit
bekannte und so quasi selbst anzeigte. Er sei zur Mitarbeit erpresst
worden und habe niemandem Schaden zugefügt.
Sackgasse
bei Verhandlungen um Bayreuther Festspiele
Die Nachfolgefrage bei den Bayreuther Festspielen steckt in der
Sackgasse. Während der Bayerische Kunstminister Hans Zehetmair
von einem Scheitern der Verhandlungen mit Wolfgang Wagner spricht,
sieht der derzeitige Festspielleiter selbst noch Chancen für
eine weitere Sachdiskussion. Wolfgang Wagner ist zur Zeit alleiniger
Geschäftsführer der Bayreuther Festspiele GmbH mit einem
Vertrag auf Lebenszeit.
Streitpunkt bleibt der Wunsch des Bayreuther Intendanten, seine
zweite Ehefrau Gudrun zu seiner Nachfolgerin zu machen. Dagegen
bekräftigte Zehetmair seine Vorstellung, nur Wolfgang Wagners
Tochter aus erster Ehe, Eva Wagner-Pasquier, komme für die
Leitung der Festspiele in Frage.
Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin kritisierte die Haltung
Wagners und erklärte in Berlin, durch seine Einseitigkeit
und Verweigerungshaltung schade er den Festspielen.
Die 55-jährige Eva Wagner-Pasquier hatte Anfang Dezember vorigen
Jahres nach einem zwischenzeitlichen Rückzug erklärt,
sie stehe unter der Bedingung zur Übernahme des Bayreuther
Indendantenamtes bereit, dass der Wechsel am Grünen Hügel
spätestens zur Jahreswende 2002/03 vollzogen werde.
Aus
für Justus Frantz in Marl
Nach der Streichung des Bundeszuschusses steht die Philharmonia
Hungarica in Marl offensichtlich vor dem Aus: Die Dezember-Gehälter
konnten nicht mehr bezahlt werden. Das erste angekündigte Abo-Konzert
in Marl fand nicht statt. Auch die Hoffnung auf Rettung durch Name-Dropping
erwies sich als trügerisch: Der Vertrag mit dem als Chefdirigenten
verpflichteten Justus Frantz wurde mittlerweile ziemlich stillschweigend
in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst.
Siemens-Musikpreis
Der mit 250.000 Mark dotierte Siemens-Musikpreis wird in diesem
Jahr an Reinhold Brinkmann verliehen. Der Musikwissenschaftler Brinkmann,
seit 1985 Professor of Music an der Harvard University, war in den
späten 60er-Jahren, zusammen mit Carl Dahlhaus und Rudolf Stephan,
maßgeblich an der Um- und Aufwertung der bis dahin von der
Wissenschaft tabuisierten musikalischen Moderne beteiligt. Die Auszeichnung
wird am 31. Mai in München überreicht.
Neunter
Gesangswettbewerb Neue Stimmen
Die Bertelsmann Stiftung veranstaltet vom 16. bis 19. Mai 2001 in
Zusammenarbeit mit dem Westdeutschen Rundfunk den neunten Internationalen
Gesangswettbewerb Neue Stimmen. Der 1987 von Liz Mohn,
Präsidiumsmitglied der Bertelsmann Stiftung, gegründete
Sängerwettstreit gilt inzwischen als eine der weltweit wichtigsten
Talentbörsen für das Opern- und Operettenfach. Die internationale
Jury unter Vorsitz von Kammersänger René Kollo wird
die Preisträger bei dem Finalkonzert am 19. Mai ermitteln.
Die ersten drei Preise sind mit 15.000, 10.000 und 5.000 Mark dotiert.
Zuschuss
für Tanztheater International
Das Festival Tanztheater International in Hannover erhält
vom Land Niedersachsen im kommenden Jahr einen Zuschuss von 80.000
Mark - wegen des Erfolges und Publikumszuspruches doppelt soviel
wie in den Vorjahren.
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