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New Yorker Sommercamp in Sachsen

»Fame – der Weg zum Ruhm« auf der Felsenbühne Rathen

„Fame – der Weg zum Ruhm“: Der Film hat 1980 die Kinos gefüllt, und auch das gleichnamige Musical wurde acht Jahre später zum Publikumsrenner. Jetzt wird es erstmals auf der Felsenbühne Rathen gezeigt, New Yorker Ambiente mitten in Sachsen.

Liebe am Klavier: Jonas Münchgesang und Emily Burns. Foto: Hagen König

Liebe am Klavier: Jonas Münchgesang und Emily Burns. Foto: Hagen König

Vom Broadway direkt in die Sächsische Schweiz. „Fame – der Weg zum Ruhm“ trat vor beinahe 35 Jahren einen Siegeszug um die Welt an, der in mannigfaltiger Umsetzung und Adaption bis heute nicht abgerissen zu sein scheint. Natürlich schürt Alan Parkers Film noch heute die Erwartungen, denn er hat wahrlich Maßstäbe gesetzt. Und nach einem halben Menschenleben ist es vielleicht nicht mehr das Kultstück von einst, das so sehr fesselt, sondern es sind womöglich die heutigen Gegebenheiten, die faszinieren und Fragen aufkommen lassen nach der aktuellen Situation von werdenden Künstlerinnen und Künstlern.

All das, was einst im Film mit viel Geld und Technik in Hollywood-Perfektion gelang, ist so weder auf der Bühne noch in der Sandsteinkulisse von Rathen umsetzbar. Vielmehr hat man da zwei Welten aufeinanderprallen lassen. Romantische Natur im reizvollen Elbsandsteingebirge und großstädtisches Musical-Flair der Welt-Metropole. Wo sonst Webers „Freischütz“ quasi zu Hause ist – die Wolfsschlucht-Szene in dieser Kulisse, möglichst noch unterm Vollmond, muss man gesehen haben! –, wo Winnetou und Old Shatterhand auf echten Pferden vor der Bühne entlang galoppieren, wo Familienvorstellungen mit dem Musical „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ oder dem Märchen „Mein Freund Wickie“ in Bann ziehen, dort geht es jetzt um die hohe Kunst des Showbusiness.

Regisseur Peter Kube hat für seine Sicht auf „Fame“ gar nicht erst versucht, dem Film nachzueifern, sondern mit einem kleinen Kunstgriff die Highschool for Performing Arts aus dem Schmelztiegel New York zu einem Sommercamp mitten in die Sächsische Schweiz geladen. Vor den Kulissen der romantischen Bergwelt wird mit einer durchgehenden Metallwand, über und über mit Graffiti versehen, ein klein wenig Ambiente von Big Apple gezaubert. Aber erstens ist das unterm offenen Himmel im Elbtal sowieso nicht glaubwürdig großstädtisch und zweitens entwickelt das Geschehen auf der Bühne so rasch eine eigene Dynamik, dass es billiger Effekte gar nicht bedarf.

Ausnahmslos stark: Ensemblemitglieder mit Emily Burns. Foto: Hagen König

Ausnahmslos stark: Ensemblemitglieder mit Emily Burns. Foto: Hagen König

Denn sehr schnell sind die Studentinnen und Studenten, die es so sehr in die große weite Welt der Künste drängt, das eigentliche Zentrum von „Fame“. Ob sie nun als Musiker oder Sänger, als Schauspieler oder Tänzer ihre Karriere angehen wollen, ist eher nebensächlich. Im Zentrum steht das unterschiedliche Engagement der einzelnen Menschen für ihren Willen zur Kunst, ihren Weg zum Ruhm. Und natürlich die unterschiedliche Basis, die jeder als individuelle Voraussetzung dafür mitbringt.

Die Ausstattung von Stefan Wiel ist reizvoll, vor allem aber pragmatisch. Der eigentliche Orchestergraben der seit 1936 bespielten Felsenbühne ist überdeckelt, für die vitale Band ist eigens ein Podest auf die Spielfläche gesetzt worden. Die Leitung dieser Produktion hat mit Jan Michael Horstmann der Musikalische Oberleiter und Operndirektor des Mehrsparten- und Spar-Theaters inne, zu dem die wohl schönste sächsische Freilichtbühne gehört. Die in Radebeul, von Rathen aus gesehen also auf der „anderen“ Seite von Dresden beheimateten Landesbühnen Sachsen, sind wiederholt Opfer von Zwangsfusion und Einsparung geworden; umso erstaunlicher ihr geradezu umwerfendes Engagement in allen Genres bis an den Rand der Möglichkeiten.
Gerade in „Fame“ spielt das Thema der Selbstausbeutung ja auch im Bühnengeschehen eine herausragende Rolle. Sparsame Andeutungen werden dazu im Stück platziert, das leider nicht immer von feinstem Wortwitz zehrt, sondern auch arg den Klamauk beutelt. Solche mitunter heftigen Kontraste funktionieren als Stilmittel, allerdings verstören sie ebenso. Das muss so noch nicht, kann aber gut funktionieren – wenn die Darstellerinnen und Darsteller ganz und gar bei ihrer Sache sind. Was in Rathen durchaus der Fall war. Das forderte schon die Regie von Peter Kube, das bewiesen zudem die Sänger-Darsteller und Tänzer voll und ganz engagiert. In der Choreografie von Igor Kirov zeigten sich gar Doppel- und Mehrfachbegabungen.

Ein zusätzlicher Kontrast entstand aufgrund der Entscheidung, die Songs in Englisch zu deutschen Sprechtexten wirken zu lassen. Das vermittelt dem Publikum (zur Premiere überwiegend sehr angetan) den Plot, in dem es ja auch um Sehnsüchte der jungen Menschen nach Liebe und Anerkennung geht. Wie hart dieser Kampf um bestmögliche Leistung ist, wie unerbittlich die Konkurrenz untereinander, wie eisern zum Teil die Methoden der Lehrer sind – das alles kommt rüber und wird mit Liebesgeschichten und privaten Verwicklungen gewürzt. Die Landesbühnen haben dafür mit einem fast ausnahmslos starken Ensemble überzeugt, als Gast kam Emily Burns in der tragischen Figur der Carmen hinzu, die als einzige dem Druck der Highschool nicht gewachsen ist. Bei allen anderen wurden die dramaturgischen Probleme stets wieder aufgelöst, zum Schluss dieses Musicals gab es jede Menge Happy Ends – und auf der Bühne das erhoffte Examen. „Fame“, der Ruhm als ursächliches Fernziel, er kann also kommen.

Michael Ernst

 

 

 

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