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Kulturpolitik

Scheuklappe oder weiter Blick

Tobias Könemann und Moritz Puschke über Profi- und Laienchöre

Im Rahmen der Frankfurter Musikmesse 2014 begegneten sich auf der Messebühne der neuen musikzeitung Tobias Könemann, Geschäftsführer der Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer (VdO), und Moritz Puschke, Geschäftsführer des Deutschen Chorverbands (DCV). Sie diskutierten über Profis und Laien, über Unterschiede, Schnittstellen und mögliche Kooperationen und über das große Feld der Musikvermittlung. Moderiert wurde das Gespräch von Barbara Haack. Wir drucken es hier in Ausschnitten ab. Das ganze Gespräch ist im Internet unter www.nmz.de/media abrufbar.

Barbara Haack: Sie sind beide in der Chorbranche unterwegs, die ja vergleichsweise klein ist. Wie oft sind Sie sich schon begegnet?

Moritz Puschke: Wir sehen uns heute das erste Mal…

Haack: Woran liegt es, dass zwei Führungspersönlichkeiten dieser Verbände so wenig miteinander zu tun haben? Sind Profis und Laien so weit voneinander entfernt?
Puschke: Das glaube ich nicht. Bei uns hängt das auch damit zusammen, dass der Deutsche Chorverband ein recht junger Verband ist. Er wurde erst 2005 verschmolzen und neu gegründet, und wir haben viel Reformbedarf festgestellt und hatten viele Hausaufgaben zu erledigen. Erst, seitdem das geschehen ist, trauen wir uns auch, uns nach außen zu wenden und Kooperationen einzugehen.

Barbara Haack (li.), Tobias Könemann (Mitte) und Moritz Puschke. Alle Fotos: nmzMedia/Herkommer

Barbara Haack (li.), Tobias Könemann (Mitte) und Moritz Puschke. Alle Fotos: nmzMedia/Herkommer

Tobias Könemann: Bei uns liegt das sicher daran, dass wir sehr stark spezialisiert sind. Traditionell organisieren wir ausschließlich die Opernchorsänger und Gruppentänzer an den deutschen öffentlichen Theatern, die ihr Arbeitsrecht nach dem Normalvertrag Bühne ausrichten. Wir sind dadurch ein relativ kleiner Verband, wir haben nur wenige tausend Mitglieder und sind deshalb auch nur mit einem kleinen hauptamtlichen Apparat ausgestattet.

Wir haben außerdem an der Front nach innen, was die Theater, was die Kulturpolitik angeht, die Theaterfinanzierung und auch die Konfrontation und Zusammenarbeit mit unserem Partner, dem Deutschen Bühnenverein, so viel zu tun, dass es uns leider meistens schwer fällt, auch mal über den Tellerrand zu gucken, so notwendig und wünschenswert das auch wäre.

Haack: Es gibt im Orchesterbereich ein Projekt „tutti pro“, in dem Profiorchester zu Paten von Jugendorchestern werden. Wäre so etwas auch im Chorbereich denkbar?
Puschke: Es gibt ja Schnittstellen zwischen Profi- und Laienchören. Es gibt eine Menge semiprofessioneller Jugendchöre, zum Beispiel die Landesjugendchöre und den Deutschen Jugendkammerchor, die jetzt auch anfangen, mit Profi-Chören zusammenzuarbeiten. Ich kann mir für die Zukunft tatsächlich vorstellen, dass Profichöre Patenschaften für Jugendchöre übernehmen, die auch wirklich mit Leben gefüllt sind.

Tobias Könemann

Tobias Könemann

Könemann: Bei uns ist das etwas schwieriger, und ich muss da etwas differenzieren. Auf individueller Ebene gibt es das sicherlich, dass Opernchorsänger zum Beispiel an Musikschulen Lehrtätigkeiten ausüben. Was häufig vorkommt, ist, dass sie bei Konzertveranstaltungen mit Laienchören und Laienorchestern oder bei Kirchenkonzerten als Solisten auftreten. Institutionell ist das ein bisschen schwierig. Gerade in den letzten Jahren haben die Theater, um ihre Daseinsberechtigung zu untermauern, immer mehr Premieren aufgebracht. In einem Musiktheater ist der Chor an fast jeder Opernproduktion beteiligt. Die Leute haben dann sieben bis acht Neuproduktionen einzustudieren, nebenher das Repertoire zu bedienen. Dadurch entsteht eine solche Arbeitsdichte, dass häufig Tätigkeiten außerhalb dieses Theaterbetriebs, dieser Mühle, in der sie stecken, fast nicht mehr möglich sind.
Andererseits ist es so, dass die VdO gerade in den Deutschen Chordirigentenpreis eingestiegen ist, der in diesem Jahr erstmals verliehen wurde. Da wollen wir uns auch inhaltlich intensiv einbringen. In Berlin gibt es mit dem Chor der Deutschen Oper schon Anläufe zu einem Projekt. Die Kollegen sind nicht immer sofort begeistert, weil sie sich natürlich in der genannten Mühle sehen. Aber wir als Verband wollen ausdrücklich die Öffnung, wir wollen auch die Nachwuchsarbeit fördern. Wir wollen erreichen, dass die Schnittstelle zwischen den Hochschulen und den Opernchören formalisiert und geöffnet wird, ohne dass das zum Missbrauch führt, also dazu, dass Theater sich an Studenten „bedienen“ und in der Folge erneut Stellen streichen.

Haack: Semiprofessionelle Chöre, Jugendkammerchor, Landesjugendchöre: Gibt es eine genau definierbare Trennschärfe zwischen Laien- und Profichören? Sind die einen wirklich immer „besser“ als die anderen?

Moritz Puschke

Moritz Puschke

Puschke: Es gibt diese Chöre im Klassikbereich und auch in der Pop- und Jazzszene: Chöre mit hochprofessionellem Anspruch. Und es gibt sehr gute Laienchöre, die das städtische Kulturleben oft entscheidend mitprägen, die auch im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zum Teil hochprofessionell sind. Die also qualitativ-klanglich, aber auch auf dem Markt professionell auftreten und vor Ort durchaus in Konkurrenz treten zu den Angeboten etablierter Rundfunkchöre oder Opernhäuser. Wenn innerhalb von zwei Wochen zwei Matthäus-Passionen aufgeführt werden, eine von einem Profichor und eine von einem sehr ambitionierten Laienchor, muss das Publikum sich entscheiden, wo es hingeht, und der Rezensent urteilt darüber, welche Aufführung spannender gewesen ist. Das geht nicht immer zugunsten der Profichöre aus.
Haack: Ist das ein Generalangriff auf die Profichöre – zumal diese ja auch immer stärker reduziert und dem Sparzwang unterworfen werden?

Könemann: Ich hoffe, dass es das nicht ist. Ich weigere mich, den Begriff des Profichores und den des Laienchores über die Qualität abzugrenzen. Das führt uns überhaupt nicht weiter. Für mich hat ein Profichor zwei Kriterien. Erstens: Die Menschen leben davon, was sie tun, es ist ihre Daseinsgrundlage. Zweitens: Es sind Menschen, die eine professionelle Ausbildung durchlaufen haben, typischerweise eine Hochschulausbildung mit Abschluss. Aber auch innerhalb der Profichöre gibt es ganz unterschiedliche Gruppen. Wenn ich unsere Klientel, die Opernchöre, vergleiche mit einem Rundfunkchor, so haben die ganz unterschiedliche Fertigkeiten. Ein Rundfunkchor erarbeitet schneller modernes Repertoire. Aber er singt aus Noten, er muss nicht auf der Bühne agieren. Unsere Leute müssen auswendig singen, sie müssen gleichzeitig auf der Bühne arbeiten, sie müssen ein sehr großes Repertoire einstudiert vorhalten und müssen jeden Abend aus diesem Repertoire ganz unterschiedliche Stücke spielen.

Natürlich gibt es auch bei den Laienchören fantastische Produktionen. Das Merkmal des Profis ist, dass er sich in einem viel größeren zeitlichen Rahmen mit dem Thema Singen beschäftigt, dass er direktere und schnellere Fertigkeiten hat zu lernen und umzusetzen. Der Laienchor muss sich auf jeden Fall immer mehr anstrengen, um Ähnliches zu erreichen.

Mustertext

Haack: Aber werden die Laienchöre nicht für die Profis zur Gefahr, wenn die Politiker sagen: Warum sollen wir die Profis bezahlen, wenn die Laien das auch umsonst machen?

Puschke: Mein Anspruch an den Profichor ist, dass er in Hinblick auf die Inszenierung, auf die Dramaturgie, auf die Programmauswahl und auf die Klangkultur kontinuierliche und verlässliche Spitzenleistungen anbietet. Ein toller Laienchor singt mit Leidenschaft, mit Offenheit und mit großer Neugierde und Begeisterung. Von einem Profichor erwarte ich dann noch einmal den letzten Kick, das absolute Highlight. Da muss es eine klare Trennung geben. Es ist auch unser Job als Verband, diese Trennschärfe herauszuarbeiten. Wir brauchen die Profichöre als Vorbild, als Leitmotiv, auch als Trendsetter, damit sich Laienchorleiter Tipps und Tricks abgucken. Aber es muss dann wirklich so herausragend sein, dass man auch Lust hat, von den Profis zu lernen.

Könemann: Es gibt diesen furchtbar ausgelatschten Witz: Der Kulturpolitiker fragt den Opernsänger: „Und was machen Sie tagsüber?“ Uns ist im Rahmen von Haustarifverhandlungen in Ostdeutschland tatsächlich einmal von einem Intendanten gesagt worden: Ich habe hier in der Stadt wunderbare Laienchöre, ich kann den Opernchor auch dichtmachen. Dabei hat er allerdings die Tatsache, dass diese Chöre tagsüber auch arbeiten, dass sie szenisch probieren müssen, geflissentlich übersehen. Es ist schon ein Unterschied, ob ich in meiner Freizeit etwas mache, in langen Probenprozessen etwas erarbeite und dabei unter Umständen ein hohes Niveau erreiche, oder ob ich auf den Punkt alles zur Verfügung stelle, was von mir verlangt wird.

Haack: Gibt es in Hinsicht auf die Politik auf beiden Seiten, den Profis und den Laien, noch mehr Überzeugungsarbeit zu leisten? Müssen Sie noch intensiver erklären: Was ist gute Chorarbeit?

Puschke: Ich glaube schon, dass wir da zusammenarbeiten müssen. Natürlich muss man gegenüber der Politik immer wieder auf diese Pyramidenstruktur in der Vokalszene hinweisen und sagen: Es geht nicht ohne eine Spitze. Unsere Aufgabe ist es dann, Formate oder Plattformen zu schaffen, auf denen wir die Attraktivität der Spitzenchöre unter Beweis stellen. Auf der chor.com in Dortmund machen wir das: Da laden wir die Profichöre, die Macher, aber auch Politiker von Bundes- und Landesebene ein und versuchen, an runden Tischen oder in Symposien gemeinsame Leitlinien zu finden, die dann auch auf politischer Ebene durchsetzungsfähig sind. Ich denke, da müssen wir innovative Vermittlungsarbeit leisten, und das können wir nur gemeinsam.

Könemann: Das sehe ich ganz genauso. Es gibt eine Schnittstelle, nämlich den Übergang von der Ausbildung in den Beruf. Da liegt im Chorbereich in den Musikhochschulen noch einiges im Argen, sowohl was das positive Selbstverständnis des professionellen Sängers im Chor als auch was den Übergang in die Theaterpraxis angeht. Und es gibt natürlich die Grauzone zwischen Profi und Amateur. In diesen Grenzbereichen gibt es in der Tat eine ganze Menge zu tun. Denn letzten Endes wird uns ja auch immer wieder von manchen Politikern vorgehalten, das Theater, speziell die Oper sei eine aussterbende Kulturgattung. Wenn man dem inhaltlich entgegentreten will, muss man Motivation schaffen, muss man in die Bevölkerung hineingehen und muss den Schulterschluss hinbekommen, dass es vom Schulchor bis hin zum großen Konzertchor ein Kontinuum gibt. Daran können wir sicher noch arbeiten.

Haack: Sie haben die Ausbildungssituation schon angesprochen. Die Laienchorszene, gerade auch im Jugendbereich, ist derzeit so vielfältig wie noch nie. Mit der Schnittstelle zwischen dem singenden jungen Menschen im Jugendchor hin zu einem Profisänger im Profichor sieht es aber an den Hochschulen noch mau aus. Was kann man da tun?

Puschke: Wir müssen die Gesangspädagogen „knacken“, also die Lehrstuhlinhaber an den Hochschulen, die Sänger ausbilden. Da gibt es ja häufig immer noch Verbotsszenerien: Wenn ich Gesang studieren möchte, bekomme ich oft erst einmal ein Chorsingverbot, weil immer noch die Ansicht verbreitet ist, das sei schlecht für die Stimme. Das ist allerdings längst überholt. Wir müssen mit den Gesangspädagogen, mit den Rektoren zusammenarbeiten, sie davon überzeugen, dass sie gegebenenfalls ihre Curricula verändern oder sogar das Lehrpersonal wechseln sollten. Wir müssen aber auch Einfluss nehmen auf die neuen Master-, Weiterbildungs- und Aufbaustudiengänge, die den Menschen, die wirklich Lust haben auf dieses Berufsbild, eine Möglichkeit geben, sich adäquat auszubilden.

Ein großes Problem ist, dass es viel zu wenig deutschsprachigen Nachwuchs gibt. Da sollten die Profichöre verstärkt im Jugendchorbereich nach semiprofessionellen Strukturen suchen, nach den 16- bis 20-Jährigen, die vielleicht an ein Musikstudium denken, aber noch gar nicht wissen, in welche Richtung es gehen soll oder ob sie sich trauen, Sänger zu werden. Auch da müssen wir Vermittlungsarbeit leisten und ihnen sagen: „Chorsänger ist ein ganz tolles Berufsbild. Das lohnt sich.“ Da passiert noch zu wenig. Bei den Landesjugendchören gibt es beispielsweise einen großen Pool von jungen Sängern, die man „keschen“ könnte, die aber kein konkretes Angebot bekommen.

Haack: Wäre das für die Opernchöre ein Modell?

Könemann: Auch bei den Opernchören gibt es inzwischen einen erheblichen Mangel an deutschsprachigem Nachwuchs. Es gibt sehr viele gut ausgebildete Leute aus Ostasien oder auch aus Osteuropa, die in die Opernchöre drängen. Das ist bis zu einem gewissen Grad natürlich bereichernd, aber es kann nicht unser Ziel sein, dass die Opernlandschaft in Deutschland ohne deutschen Nachwuchs stattfindet. Allerdings ist es bei den Opernchören nach meiner Erfahrung nicht so, dass die Mitglieder mehrheitlich auf eine Amateurchor-Vergangenheit zurückblicken.

Haack: Gibt es vielleicht auch ein Imageproblem der Chöre: Diejenigen, die es solistisch „nicht geschafft haben“, singen nun im Chor und fühlen sich damit als „Sänger zweiter Klasse“?

Könemann: Das ist vereinzelt so, und das mag hier und da das Bewusstsein von Opernchorsängern mit prägen. Ich würde das allerdings nicht als dominante Erscheinung sehen. Es gibt sehr viele Opernchorsänger, die als Teil eines Klangkörpers ein gutes und gesundes Selbstbewusstsein haben. Jemand, der sich solistisch profilieren will, ist für einen Chor absolut schädlich. Wer sich nicht in das Gesamtklangbild einfügen will, ist ein miserabler Chorsänger...

Puschke: Es ist aber doch so, dass das Chorsingen lange Zeit uncool war, als nationalistisch galt, und viele junge Menschen keine Lust hatten, im Chor zu singen. Wir entstauben die Chorszene in den letzten fünf bis zehn Jahren nach und nach. Inzwischen haben wir eine gute Nachwuchsszene mit vielen neuen hochqualitativen Chören. Die müssen wir dazu bringen, auch den nächsten Schritt zu gehen. Ich glaube nicht, dass in dieser Szene das Bewusstsein verbreitet ist, dass es das Berufsbild des Profichorsängers überhaupt gibt. Da ist jede Menge zu tun.

Haack: Musikvermittlung ist seit einigen Jahren in aller Munde. Profiorchester engagieren sich mittlerweile intensiv in diesem Bereich. Wie sieht das im Chorbereich aus, bei den Laien, bei den Profis? Gibt es Ideen oder Pläne für solche Projekte, um auch das viel beschworene Publikum von morgen zu generieren?

Könemann: Im Opernchorbereich gibt es das sehr wenig: Die Leute sind sehr intensiv in den Theaterbetrieb eingebunden und haben sehr unregelmäßige Probenzeiten. Man weiß immer erst um 14 Uhr eines Tages, ob und wann man am Folgetag eingesetzt wird. Das erschwert ein solches Engagement natürlich. Bei den Rundfunkchören ist da sicher schon sehr viel mehr los. Musikvermittlung passiert bei den Chorsängern eher individuell – durch Musikschularbeit, durch Unterricht, durch Mitwirken an Laienveranstaltungen. Aber da ist sicher noch einiges zu tun. Auf jeden Fall könnten die Chöre in die theaterpädagogische Arbeit, die ja zum Glück in den letzten Jahren stark zugenommen hat, noch stärker eingebunden werden. Da sind die Theater gefragt, Modelle zu entwickeln. Wir würden das als Verband der Opernchöre absolut unterstützen.

Puschke: Im Deutschen Chorverband haben wir uns schon vor einigen Jahren aufgemacht, mit den Programmen „Felix“ und den „Carusos“ das Thema Singen in den Kitas zu installieren. Es gibt darüber hinaus viele Chorklassen-Modelle. Und natürlich haben viele Chöre, viele Chorvereine oder Kantoreien seit jeher Kinder- und Jugendchöre, um für den eigenen Nachwuchs zu sorgen. Bei den vielen semiprofessionellen Chören, die sich gerade entwickeln, müssen wir noch beobachten, ob die sich um den Nachwuchs kümmern oder nur auf den Konzert-Kick schauen. Bei den Rundfunkchören läuft schon sehr viel, zum Beispiel beim Rundfunkchor Berlin, der ein groß angelegtes Projekt „Sing!“ entwickelt hat und damit gezielt in die Berliner Grundschulen geht und mit den Zweit- und Drittklässlern kontinuierlich und beständig arbeitet. Auch die Berliner Philharmoniker haben sich übrigens ein wenig von ihrem Education-Schwerpunkt Tanz wegbewegt und ein neues Projekt „Vokalhelden“ an den Start gebracht. Sie gehen in die Kieze und schaffen in den Sozialräumen Platz für das Thema Singen. Das müssen wir kritisch-konstruktiv begutachten: Wenn Klangkörper oder „commercials“ mit erheblicher Unterstützung von privaten Partnern und großen Firmen anfangen, das Thema zu inszenieren, muss man fragen: Mit welcher Fachlichkeit machen die das? Wenn da Berliner Philharmoniker oder Rundfunkchor draufsteht: Sind die Ensembles daran beteiligt? Was ist Education und was ist Marketing? Oder sehen einige Klangkörper einfach die Möglichkeit, bei leeren Kultursäckeln im Bereich Bildung und Wissenschaft neue Fördermittel zu bekommen? Ich frage das ausdrücklich vorsichtig. Die beiden angesprochenen Projekte sind in ihrer Fachlichkeit und Ausrichtung in jedem Fall eine Bereicherung.

Bei den vielen Projekten auf dem deutschen Markt müssen wir aber auf die Qualität achten und schauen, dass es nicht Projekte sind, die nur ein oder zwei Jahre laufen und dann enttäuschte Kinder zurücklassen, sondern die auch langfristig angelegt sind. Die beste Strategie ist es, diese Akteure kennenzulernen, mit ihnen Ideen zu entwickeln und sie zu unseren Partnern zu machen.


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