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„Oper und Tanz“ als Mittler zwischen
den Kontinenten
Es ist eine Geschichte, deren Wahrheitsgehalt man anzweifeln könnte.
Dennoch hat es sich so ereignet, wie ich es jetzt erzähle.
Wir schreiben den 3. Oktober 2003, mein Anrufbeantworter signalisiert
mir mehrere Nachrichten, davon eine für mich besonders bedeutungsvolle.
Mein – mir bis dahin unbekannter – Großcousin
aus Sao Paulo meldet sich mit der Mitteilung: Endlich haben wir
dich nach langem Suchen gefunden! Nach vielen Versuchen, meinen
Wohnort und Adresse ausfindig zu machen, war er im Internet fündig
geworden. Er hatte dort den Artikel „Werner Hecker wurde achtzig“
in der Zeitschrift „Oper & Tanz“ aufgespürt.
Das war eine Sensation für alle Beteiligten, fürmeinen
Verwandten und mich und vor allem für Stefan Meuschel, den
Herausgeber der Zeitschrift „Oper & Tanz“, denn
er konnte ja nicht ahnen, was für Folgen das Erscheinen dieses
Artikels für mein Leben haben würde.
Meine Vorfahren mütterlicherseits waren 1770 aus der Gegend
von Danzig als Mennoniten-Deutsche von der Zarin Katharina der Großen
in das Land geholt worden, um die Ukraine urbar zu machen. 1930
musste meine Familie auf Anordnung Stalins die Ukraine verlassen.
Ihre Flucht endete zunächst in Dresden, wo sie von unserer
Familie aufgenommen wurden.
Anfang 1931 wanderten sie nach Brasilien aus. In ihrer neuen Heimat,
in Santa Catarina, haben sie sich etabliert. Seither, was ich nicht
wusste, ist die Familie auf 180 Mitglieder angewachsen.
Es war für mich eine große Freude, als ich eine Einladung
nach Brasilien bekam, um dort mit allen meinen Verwandten ein Wiedersehen
zu feiern. Für mich hat sich seitdem die Welt verändert
und ich bin um vieles reicher geworden.
Werner Hecker
Ehrenmitglied der VdO und ehemaliger Vorsitzender des VdO-Landesverbandes
Nord
Keine Krise der Künstlersozialkasse
Krisen können auch herbeigeredet, -geschrieben, -geschwafelt
werden, diese Erkenntnis ist nicht neu. Wie dies geschieht, war
in den zurückliegenden Wochen zu erleben, als die Meldungen
über die Krisen der Künstlersozialkasse sich geradezu
überschlugen, wobei die Medien sich immer wieder zu wahren
Zirkulationsagenten degradieren ließen. Was war geschehen?
Da gab es zum einen internen Knatsch zwischen der Leitung der
KSK und der Leitung der Unfallkasse des Bundes, der sie angegliedert
ist. Ein wenig persönlicher Knatsch, ein wenig sachlicher,
so nach der Spielart: Wenn du ein gemeinsames Rechenzentrum einrichten
willst, bin ich noch lange nicht bereit, dir mein Personal zur Verfügung
zu stellen. Diese Auseinandersetzungen gipfelten in der Vorstellung,
die KSK körperschaftsrechtlich zu verselbständigen, eine
Vorstellung, die zumindest so lange außerhalb des Diskutierbaren
liegt, als die Deutsche Rentenversicherungsanstalt noch im Entstehen
ist (die KSK ist sachlich nur eine Inkasso- und Clearingstelle der
bisherigen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) und
die Zukunft der Krankenversicherung zwischen Bürger- und Pauschalversicherung
schwankt. Die beiden Vorsitzenden des Beirats der KSK schalteten
das zuständige Ministerium für Gesundheit und Soziale
Sicherung ein, um den Streit zu schlichten, dessen Lärm doch
nach außen gedrungen war und journalistisches Pro und Contra
Verselbständigung zur Folge hatte.
Dann brach eine immerhin sachlich begründete Auseinandersetzung
los. Da der Haushalt der KSK im Jahr 2003 einen Fehlbetrag in Höhe
von rund 12 Millionen Euro auswies, mussten die Verwerter-Abgabesätze
angehoben werden: von 4 auf 5,8 Prozent. Aus ihrer Sicht verständlich,
dass das den Abgabepflichtigen der Bereiche Musik und Darstellende
Kunst nicht passte, hatten sie doch bis 1999 noch 1,6 beziehungsweise
1 Prozent gezahlt und sich weder mit den seit 2000 geltenden einheitlichen
Hebesätzen noch mit deren Höhe anfreunden können.
Weshalb sollten sie die Probleme der Bereiche Wort/Journalismus
und Bildende Kunst lösen, wurde, natürlich in Form von
Presseerklärungen, gefragt. Rückkehr zu den getrennten
Hebesätzen wurde gefordert. Andere propagierten exakt das Gegenteil:
Solidarität (der Verwerter?) zwinge geradezu zu einheitlichen
und hohen Hebesätzen. Doch das eigentliche Problem wurde umschwiegen:
Der Bund hat seinen Zuschuss, der einen Teil der Arbeitgeberbeiträge
ersetzt, von 25 Prozent auf 20 Prozent gekürzt und will/kann
derzeit nicht mehr zahlen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Versicherten
(von 12.000 im Jahr 1983 auf 140.000 im Jahr 2004) kontinuierlich
an, während die Summe der Honorare, damit der von den Versicherten
zu zahlende Eigenanteil ebenso kontinuierlich sinkt. Diese Entwicklung
widerspiegelt den allgemein festzustellenden, politisch auch gewollten
Trend der Zunahme „neuer Selbständigkeit“ bei gleichzeitiger
Stagnation der Zahl abhängiger Beschäftigungsverhältnisse.
Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Kultur
in Deutschland“ hatte sich ein Gutachten zur „Weiterentwicklung
der Alterssicherungssysteme für Künstler und Kulturberufler“
erstellen lassen und es in einer öffentlichen Anhörung
am 22. November diskutiert. War schon die Fragestellung der Anhörung
(„Soll die KSK erhalten werden – kann sie es überhaupt?“)
missverständlich, wenn nicht sogar provokativ, so war vermutlich
die Unterstellung, alle hätten das 100-seitige, tabellengespickte
Gutachten der ESCE Forschung GmbH Köln/Wien durchgeackert und
sich nicht nur mit der vorangestellten Zusammenfassung begnügt,
allzu kühn. Dort wird das Künstlersozialversicherungsgesetz,
insbesondere im Hinblick auf die Verteilung der Beitragslast, als
„im europäischen Vergleich einzigartig“ bewertet,
zugleich aber beklagt, dass Deutschland mit der Ausklammerung aller
anderen Selbständigen in Europa allein stehe und daher selbständige
Künstler und Publizisten als „privilegierte Personengruppe“
anzusehen seien. Dass diese Aussage nur den Geltungsbereich des
Gesetzes meint und nicht etwa die Qualität der sozialen Absicherung,
erschließt sich dem Leser erst später, und erst auf Seite
35 findet er den Satz: „Der KSK als Institution kommt dabei
im Rahmen der bestehenden Alterssicherungssysteme für Künstler/Künstlerinnen
und Publizisten/Publizistinnen eine entscheidende Rolle zu, welche
zukünftig noch zu stärken wäre.“
Aus internem Knatsch, der Notwendigkeit, das 2003 entstandene
Defizit zu decken, und einer Anhörung, die bei den Versicherten
infolge ihrer Fragestellung Panik auslösen musste, zumal die
Enquete-Kommission die Essentials des Gutachtens nicht bekannt gemacht
hatte, entstand eine Veröffentlichungs-Gemengelage, die grotesk
zu nennen wäre, bestünde nicht die Gefahr, durch sie eine
Krise herbeizureden. Die Kasse bedarf – insbesondere dann,
wenn die Umstellung der Renten- und Krankenversicherungssysteme
abgeschlossen sein wird – der Korrekturen, aber sie ist nicht
in Gefahr.
S.M.
Die Geschäftsführung und der Bundesvorstand der VdO,
die Herausgeber und Redakteure von Oper & Tanz sowie der ConBrio
Verlag wünschen unseren Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten
und ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2005.
Wir gratulieren
zum 25-jährigen VdO-Jubiläum
Karl-Heinz Heckmann, Nationaltheater Mannheim
Manfred Reiner, Theater Aachen
Jürgen Storcks, Städtische Bühnen Münster
zum 35-jährigen Bühnenjubiläum
Thomas McAlister, Hessisches Staatstheater Wiesbaden
Burkhardt Stephan, Oper Leipzig-Musikalische Komödie
zum 25-jährigen Bühnenjubiläum
Bill Weger, Staatstheater Darmstadt
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