|
Land des Schwächelns?
Die Operette – Musikmagazin „taktlos“ über
eine aussterbende Gattung
Mit der Operette beschäftigte sich die 82. Sendung des Musikmagazins
„taktlos“ des Bayerischen Rundfunks und der „neuen
musikzeitung“ am 6. Oktober 2004. Gäste von Moderator
Theo Geißler waren Stefan Frey, Theaterwissenschaftler und
Autor einer kürzlich im Henschel Verlag erschienenen Emmerich
Kálmán-Biografie, Klaus Schultz, Intendant des Staatstheaters
am Gärtnerplatz sowie Jürgen Kritz, Kulturjournalist.
Theo Geißler: Herr Frey, warum beschäftigt sich
so ein gestandener Theaterwissenschaftler wie Sie ausgerechnet mit
einem Komponisten, der eine Musikgattung kreiert, die eher als angestaubt,
marode oder sogar tot apostrophiert wird. Ich denke zum Beispiel
an die Csárdásfürstin oder an die Gräfin
Mariza.
Stefan Frey: Tot sind die nicht, die werden immer noch gespielt
und gerade als Theaterwissenschaftler spricht mich die Operette
an. Denn für mich ist es ein Genre, das so theatralisch ist
wie kein zweites. Es findet sich alles darin: Gesang, Schauspiel,
Tanz. Vielleicht gehört es als Kehrseite zur Entwicklung, die
heute die Moderne in der Musik betrifft. Ich würde die Operette
gerne als Bestandteil dieser Moderne sehen.
Theo Geißler: Mir gegenüber sitzt Klaus Schultz.
Das Gärtnerplatz-Theater hat zurzeit eine „Gräfin
Mariza“ im Repertoire. Sie sind recht stolz auf diese Produktion.
Klaus Schultz: Man ist stolz auf alles, was man in seiner
Karriere geschafft hat. Wichtig ist mir, dass wir mit der Produktion
den Versuch unternommen haben, dieses Genre ernst zu nehmen. Die
Operette ist als Kunstform ja ein Gebilde der Vergangenheit. Es
werden keine Operetten mehr geschrieben, aber die, die da sind,
wird es wahrscheinlich noch in 50 oder 100 Jahren geben. Nach meiner
Schätzung werden das noch 40 bis 50 Werke sein. Die sind so
kostbar, dass man sie immer wieder neu und mit großer Sorgfalt
und mit sehr großer Zuwendung auf die Bühne bringen muss.
Theo Geißler: Mit welcher Auslastung rechnen Sie denn
für die nächsten Vorstellungen?
Klaus Schultz: Wir haben durchschnittlich eine Publikumsauslastung
von 70 bis 80 Prozent bei Operetten. Aber dass diese Operettenaufführungen
geschätzt werden, das zeigt sich nicht nur an der Auslastung,
sondern eben auch daran, dass wir sie so lange im Spielplan halten
können. Sie sind außerdem eine sehr wichtige und interessante
Aufgabe für die Sängerinnen und Sänger, denn das
Leichte ist sehr schwer und die Herausforderung, eine Operette sehr
gut zu singen und zu spielen, ist für ein junges Ensemble,
wie es sich jetzt gerade im Staatstheater am Gärtnerplatz herausgebildet
hat, immer eine große Herausforderung.
Theo Geißler: Ich komme trotzdem gleich mit dem zweiten
Vorurteil hinterher. Ist das ein besonders erwachsenes, vielleicht
ein älteres Publikum, dass sich da versammelt?
Klaus Schultz: Es ist nicht zu übersehen, dass es auch
sehr viel jüngere Leute sind, die da hineingehen. Vor allem,
wenn sich herumspricht, dass etwas sehr ernsthaft, sehr witzig und
sehr leidenschaftlich gespielt wird, dann werden davon nicht nur
die Älteren sondern auch die Jüngeren ergriffen.
Theo Geißler: Jürgen Kritz war viele Jahre lang
Kulturchef beim Fernsehen des Hessischen Rundfunks, oft hat er das
hoch feuilletonistische Kulturmagazin „Titel, Thesen, Temperamente“
moderiert und ich glaube, fast genauso oft war er in Bad Ischl bei
den weltberühmten Operetten-Festspielen. Jürgen Kritz,
war das für Sie so ein bisschen Ausgleich zu der intellektuellen
Überstrapaze, die ein Hochkulturmagazin wie „TTT“
abfordert, so ähnlich wie der General im Zweiten Weltkrieg
nach der Schlacht Bach gehört hat?
Jürgen Kritz: Diese Probleme habe ich überhaupt
nicht. Erstens fühle ich mich intellektuell nicht strapaziert;
so gesehen brauche ich die Operette also nicht. Ich bin als Dreizehn-Jähriger
zufällig in einer Kleinstadt in ein Kino geraten, in dem auch
Theater gespielt wurde. Da tourte ein Tourneeunternehmen mit einer
„Fledermaus“ durch. Ich war ein Kulturmuffel par excellence
in dem Alter. Ich habe diese, aus meiner heutigen Sicht vermutlich
relativ mäßige Aufführung gesehen, und ich war von
dieser Fledermaus-Aufführung hingerissen. Ich habe mich in
die Soubrette verknallt. Ich bin nach Hause gegangen und war begeistert.
Dann habe ich mir als nächstes freiwillig Rossinis „Barbier
von Sevilla“ angeguckt. Ich war wieder begeistert, und so
bin ich irgendwann zum Kulturchef geworden. Das vergesse ich der
Operette einfach nicht.
Theo Geißler: War es nicht doch so ein bisschen Alltagsüberdruss,
irgendetwas Negatives, was Sie zur Operette hingetrieben hat, vielleicht
ein bisschen Eskapismus?
Jürgen Kritz: Nein. Ich finde wirklich zunächst
einmal, dass die Operette, wenn man von Theaterspielmöglichkeiten
ausgeht, eine sehr genuine, deutschsprachige Unterhaltungsform auf
dem Theater ist. Dass sie als Unterhaltung begriffen wird zeigt
sich auch heute noch daran, dass Theaterhäuser gerne mit Operette
ihre Zuschauerstatistik aufbessern. Die intellektuelle Diskussion
darüber findet im Programmheft statt, da werden dann die Soziologen
abgefragt. Ich finde aber gar nicht, dass man den Antagonismus immer
so aufmachen muss, wie es zum Beispiel im Untertitel dieser Sendung
geschieht: „Operette zwischen Kitsch und Kunst.“ Ja
verflixt, muss es denn immer gleich Kunst sein? Darf es denn nicht
einfach mal Vergnügen machen?
Ende einer Gattung?
Theo Geißler: Warum ist dieses Genre, diese Kunstform
in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts schöpferisch
betrachtet ausgestorben?
Stefan Frey: Da gibt es viele Ursachen. Eine wichtige ist
natürlich das Dritte Reich. Die meisten Operettenschöpfer
der 20er-Jahre und der Epoche davor, also die ganze Silberne Ära,
waren Juden. Die Textdichter, viele Komponisten, die Darsteller,
Direktoren, die ganze Infrastruktur, das Umfeld, auf dem die Operette
gedieh: das war mit einem Schlag sozusagen trocken gelegt. Da ist
natürlich ein großes Vakuum entstanden und man hat versucht,
das auf irgendeine Weise zu füllen. Es kamen aber nur Kopien
raus. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich dieses Vakuum dann mit
der Renaissance der guten alten jüdischen Operette, wie es
mal der Kálmán-Librettist Grünwald genannt hat,
gefüllt. Da begann, glaube ich, das ganze Dilemma der Operettenrezeption.
Da kamen dann wirklich geschminkte Leichen. Man hat in den 50er-Jahren
mit den damals üblichen Hochglanz-Cinemascope-Effekten die
ganze Gattung erschlagen.
Klaus Schultz: Ich würde doch als Begründung für
das „Ende der Operette“ etwas anderes nennen. Es ist
vor allen Dingen eine bestimmte stoffliche Voraussetzung einer bestimmten
historischen Situation, nämlich der Monarchie und der sich
davon auch abhebenden Bürgerlichkeit, die die meisten Stoffe
ausgemacht haben, und diese wesentliche Form war im Schwinden. Lehár
war 1934 über sechzig Jahre alt, und die Werke, die er schrieb,
waren größtenteils Reproduktionen von Lehár-Operetten.
Das war das große Problem. Das erleben wir aber auch in der
Oper, dass plötzlich Leoncavallo anfängt Leoncavallo-Opern
zu schreiben oder Richard Strauss sogar Richard Strauss-Opern. Das
ist die Reproduktion eines bestimmten Erfolges, die sich dann lähmend
auf die Kunstgattung auch insofern ausgewirkt hat, dass die Csárdásfürstin
großartig war, aber man der Mariza schon anmerkt, dass sie
im Widerschein der Csárdásfürstin gelingen muss.
Überzeugende Regie
Jürgen Kritz: Eine Krux der Operettenrezeption nach
dem Zweiten Weltkrieg war in der Tat, dass die Operette weitgehend
zu einer Art Wunschkonzert verkommen ist, das hat sie auf Schlager
reduziert. Der unmittelbare, lebendige Kontext mit dem Theater ist
weitgehend verloren gegangen. Die Schwäche der Operette ist
größtenteils eine Schwäche des Theaters, das diesen
Stil überhaupt nicht mehr kultiviert hat und sich sehr schwer
damit tut, Regisseure und Darsteller zu bringen, die das so konversationshaft,
auch charmant überhaupt noch rüber bringen können.
Das steift dann unerträglich daher oder es kommen die Regisseure,
die über den Wissensdurst getrunken haben und alles erst mal
destruieren und auch schäbig machen und meinen, sie hätten
damit schon auf dem Theater eine kritische Position bezogen.
Klaus Schultz: Sie sind offenbar selten Gast in unserem Theater
in München. Denn wir haben ja eine Reihe von Operetten hier
wirklich neu entdeckt. Ich glaube, dass es tatsächlich nicht
möglich ist, durch Aktualisierung oder durch eine bestimmte
Zurechtbiegung des Stoffes den Stücken zu helfen. Nötig
ist eher ein kreatives restauratives Verhalten, insofern, als man
den Goldglanz aufspüren muss, als man die Architektur oder
die Textur, die Dramaturgie dieser Stücke neu entdecken muss,
in sehr liebevoller, sehr genauer Weise die Hintergründe dieser
Stücke ergründen muss, um einen Sinn für die zum
Teil sehr rührend unsinnigen Handlungen wieder neu zu stiften,
aber sie auch durch das Spiel zu beglaubigen. Das klingt jetzt sehr
theoretisch, aber ich will ein Beispiel nennen. Wenn man wirklich
deutlich zu machen vermag, dass mit Ausnahme des Orlofski alle,
aber auch alle in der Fledermaus Beteiligten lügen, wenn man
vermag zu zeigen, dass der Vogelhändler nicht gut ausgehen
kann, dass die Christl von der Post und der Anton sich nicht finden,
weil nämlich beide eine viel zu individuelle Lebens- und Berufsart
haben um sich finden zu können, und wenn man in dem Beispiel
der Csárdásfürstin es zu zeigen vermag, dass
da eine Welt untergeht, nämlich die der gefestigten Monarchie
und ihres Adels und deren Gesellschaftsvorstellungen, dann muss
man diese Gestalten zunächst einmal anerkennen und sie nicht
sofort wieder in Frage oder in Anführungszeichen stellen, sondern
man muss sich in diese Welt hineinbegeben und sich diesen Figuren
anvertrauen und auch dem Ambiente.
Jürgen Kritz: Was mindestens so wichtig ist, ist,
dass man neben der Idee, die man natürlich in einem Stück
und in den Figuren finden muss, auch auf die Musik hört. Und
nicht drüber wegrauscht und instrumentiert. Oft wird drüber
hinweg geknattert und instrumentiert und dirigiert. Jeder macht
einen sämigen Brei darüber.
Klaus Schultz: Das Dilemma der Operette besteht darin, dass
95 Prozent dieser Werke keine Partituren haben. Und dass es Klavierauszüge
gibt, die mit mehr oder minder guten Angaben versehen sind. In einer
schaurigen Materialerfassung, was die Orchesternoten betrifft. Dass
jeder Kapellmeister sich herausgefordert fühlt, es nach den
Möglichkeiten seines Orchesters umzubiegen, das hat natürlich
diese Form auch vogelfrei gemacht und hat zum einen dazu geführt,
die Stimmen in die Welt der Oper hineinzuwiegen oder zum anderen
nur noch Chanson zu machen. Beides ist falsch.
Jürgen Kritz: Das ist richtig, nichts verpflichtet allerdings
Dirigenten zu Leichtfertigkeit oder Ignoranz. In jeder Musik der
Operetten, über die wir bislang geredet haben, steckt auch
etwas Intelligentes, steckt etwas Hinhörenswertes. Wenn man
über die Leichtfertigkeit, den Eskapismus, den Schwung und
den Unterhaltungswert dieser Musik, das Rauschhafte des Walzers
oder des Csárdás spricht, überhört man vollkommen,
dass die alle eine Unterfütterung von Melancholie haben. Das,
was in den Texten Untergangsstimmung genannt wird, findet seine
Korrespondenz selbstverständlich in der Musik. Das greift ganz
eng ineinander und deshalb sind diese Stücke insgesamt sehr
viel intelligenter als ein Großteil ihrer Interpretation.
Theo Geißler: Vielleicht hatte man aber nach dem
Ersten Weltkrieg auch von diesem zum Teil das Militär verherrlichenden,
das Militär hochjubelnden Sujet einfach die Nase voll.
Jürgen Kritz: Das tun die aber nicht...
Theo Geißler: Das ist dann vielleicht aber eine Frage
der Inszenierung oder der Auffassung. Wenn man in die Texte mal
so plump reinginge, dann hat man schon oft den Eindruck.
Stefan Frey: Nach dem Ersten Weltkrieg war es ja im Gegenteil
so, dass das Militär und der alte Adel eine neue Renaissance
erlebt haben. In der Csárdásfürstin ist es offensichtlich,
dass sie eher kritisch betrachtet werden. Aber diese Verzweiflung,
die darunter liegt, das ist mehr als Eskapismus. Die spiegelt doch
das Lebensgefühl einer Epoche wider. Und jede gute Operette
ist an ihre Epoche gebunden und an deren Lebensgefühl; deshalb
kann man sie schlecht da raus holen.
Jürgen Kritz: Aber Herr Frey, wenn wir von Aktualität
oder Nichtaktualität von Operetten sprechen, ist doch die Frage:
Welche dieser Sentiments, die in diesen Operetten aufgehoben sind,
kann man heute noch teilen, und welche Mitteilungsformen dafür
gibt es noch? Wo ist dieses mitfühlende Element, das ironische
Element, das Augenzwinkern über manche der Sentimentalitäten,
die in diesen Stücken stecken. Es gibt auch eine Möglichkeit
des Vortrags, die das schlagartig spielerisch, intelligenter erscheinen
lässt. Die Frage ist, wie man mit diesen Stücken umgeht,
wie man mit ihnen verfährt. Man sollte sie lieben, wenn man
sie macht, und man sollte nicht mit Verachtung für das Genre
auf die Bühne gehen.
Theo Geißler: Beim Kassler Bärenreiter Verlag
ist gerade die überarbeitete Neuauflage eines beachtlichen
Kompendiums erschienen. Volker Klotz‘ Buch heißt „Operetten,
Porträt und Handbuch einer unerhörten Kunst“ und
der Autor bezieht an allen möglichen Ecken und Enden sehr deutlich
Stellung. Er unterscheidet scharf zwischen guten und schlechten
Operetten. Da spielt sehr oft eine Rolle, dass eine gute Operette
eben dieses anarchistische Potential hat und dass eine schlechte
Operette dann eben Abklatsch, Aufguss-Soße ausgelutschter
Teebeutel ist. Ist das eine Wertung, der man folgen kann?
Jürgen Kritz: Ich finde Klotzens Buch zunächst
Mal sehr verdienstvoll. Nur: Ein Verdikt zu machen, eine Operette
habe lustig auszugehen, finde ich nun wieder unlustig. Sicher, die
späten Lehár-Operetten haben diesen Pseudoopernschlüsse
und den Schwulst, der daran klebt. Darüber kann man sich vermutlich
ziemlich schnell verständigen, aber Kálmán ist
genau das Gegenteil passiert. Kálmán hat man nachgesagt,
er habe immer nur das Lustige im Sinne. Lehár sei der tranige
Tragöde und Kálmán der lustige Muntermacher.
Letzteres zumindest ist völlig falsch. Was soll man denn nun,
soll man nun Vergnügen bereiten oder soll man die Leute zum
Weinen bringen? Was immer man tut, ist zunächst mal verkehrt,
wenn die Analytiker kommen.
Theo Geißler: Vorhin klang ja an, die Operette sei
deswegen möglicherweise auch gefleddert worden, weil sie in
Schlager, in Gassenhauer, in solche Teilchen aufgeteilt worden ist.
Nötig sei es eigentlich, das ganze Werk zu sehen und dieses
ganze Werk ist dann dementsprechend bühnentechnisch inszenatorisch
zu behandeln. Nur dann könne man es gültig aufführen.
Klaus Schultz: Nur vergessen wir nicht, was auch Herr Kritz
schon sagte. Dass Operette zum Wunschkonzert verkam, lag auch daran,
dass die Erfindung und Entwicklung der Schallplatte recht genau
mit der der Operette einherging und dass schon die Länge der
Songs oder der Lieder recht genau einer Schallplattenseite entsprach.
Diese Verengung der Stücke auf ihre berühmtesten Ausschnitte
hat auch dazu beigetragen, dass man spannende Zuspitzung immer nur
dann erlebt hat, wenn die Ausschnitte kamen.
Theo Geißler: Nichts also ist besser als das Theater,
das lebendige Theater, um Operette weiter leben zu lassen?
Jürgen Kritz: Ja, man muss nur ein paar kräftige
Vitamine spritzen.
Theo Geißler: Wie sehen die aus?
Jürgen Kritz: Die Rückbesinnung auf die Historie
des Genres ist gar nicht so dumm. Wie haben die das denn damals
gemacht? Welche theatralische Qualitäten findet man darin wieder,
die man natürlich nicht eins zu eins abkupfern kann. Wie kann
man die mit heutigen Mitteln realisieren?
Klaus Schultz: Das muss gar nicht mit heutigen Mitteln sein,
ich finde es immer interessant, auch im Theater zu zeigen, dass
ein Smoking 1905 anders ausgeschaut hat als heute. Was wir sehen
ist ein Smoking von 1980 in einer Operette von 1905, und das merke
ich sofort.
Stefan Frey: Aber man muss auch verstehen, den Smoking zu
tragen, und das ist eigentlich der Witz bei der Operette. Man muss
sie servieren können, das ist wirklich eine Art des Servierens.
Jürgen Kritz: Ich habe vorhin gesagt, ich habe mich
in eine Soubrette verknallt. Das muss am Theater möglich sein.
Ich muss ins Theater gehen können und ich muss die Chance haben,
mich in eine Darstellerin oder einen Darsteller verknallen zu können.
Das gehört dazu und diese Form von Spielfreude ist weitgehend
verloren gegangen. Ich muss mich bewegen können, ich muss tanzen
können, ich muss spielen können, da werden ganz große
Fähigkeiten, Fertigkeiten gefordert, die weitestgehend gar
nicht mehr einlösbar sind und nicht in dem Maße trainiert
sind.
Stefan Frey: Die auch nicht mehr gelehrt werden.
Theo Geißler: Herr Schulz, trainieren Sie solche
Tugenden bei sich am Theater?
Klaus Schultz: Wir nehmen die Szene wirklich sehr, sehr ernst.
Das Leichte ist sehr schwer. Allerdings wiederhole ich, was ich
eingangs sagte: Als Kunstform, das heißt, was das Erschaffen
neuer Werke betrifft…
Theo Geißler: ... ist die Operette tot...
Klaus Schultz: …habe ich große Zweifel. Es hat
bestimmte Kunstformen gegeben, die ihren Anfang und ihr Ende hatten…
Theo Geißler: Wie die Novelle.
Jürgen Kritz: Wie die Oper.
Theo Geißler: Wie die Oper, vielleicht.
Klaus Schultz: Das Kino hatte einen Anfang, wir wissen noch
nicht wo es endet.
Stefan Frey: Ich kann mir durchaus vorstellen, dass eine
andere Form von musikalischem Unterhaltungstheater neu entsteht,
das nicht Musical ist.
Jürgen Kritz: Das sollen sie mal machen.
Alles auch zum Nachhören in Real-Audio
unter:
taktlos
- Operette, Land des Schwächelns
|