Brenn-Punkte
Die Situation deutscher Theater
Altenburg-Gera
Zwar ist der Vertrag zwischen dem Freistaat Thüringen und
den Rechtsträgern der fusionierten Altenburg-Gera Theater GmbH
unterschrieben, der dem Haus die im Jahr 2003 zu zahlenden Betriebskosten
in Höhe von 9,7 Millionen Euro auch für die Jahre 2004
bis 2008 zusichert, zwar haben auch die Stadt Altenburg (0,9 Millionen
Euro), der Landkreis Altenburg (1,7 Millionen Euro) und die Stadt
Gera (4,0 Millionen Euro) Zuschussgarantien abgegeben – doch
wie es tatsächlich weitergehen soll, ist ebenso unklar wie
umstritten.
Fest steht nur, dass Kostensteigerungen bei Personal- und Sachmitteln
angesichts der gedeckelten Etats nicht aufgefangen werden können,
zumal mit wesentlichen Mehreinnahmen aus Eintrittskartenverkauf
schon deshalb nicht gerechnet werden kann, weil das Theaterhaus
in Gera technisch totalsaniert werden muss. Für fast zwei Jahre
ist man dort auf Auswärtsspielstätten angewiesen. Fest
steht aber auch, dass die Stadt Gera weder mit dem neuen Gesellschaftervertrag
noch mit dem vom Geschäftsführer und Generalintendanten
Serge Mund vorgelegten Spar-Konzept einverstanden ist, das als erster
Schritt zur Auflösung des Musiktheaters gewertet wird (O&T
berichtete in Ausgabe 6/02, S.8). Die Stadt Gera hat Mund aufgefordert,
bis Mitte März 2003 ein verändertes Konzept vorzulegen.
Ein wichtiger Anlass für das Umdenken der Politik war das
Ergebnis einer von den Vorständen des Opernchores und des Philharmonischen
Orchesters durchgeführten Mitarbeiter-Befragung: 2,8 Prozent
der Beschäftigten sprachen sich für das Sparkonzept der
Theaterleitung aus, 4,6 Prozent enthielten sich der Stimme und 92,1
Prozent der Beschäftigten stimmten einer vom Betriebsrat entwickelten
Haustarif-Variante für die Jahre 2004 bis 2008 zu, die Personalstärke
und Spartenvielfalt des Theaters (Musiktheater, Konzerte, Ballett
und Schauspiel) auf dem Stand des Jahres 2003 beinhaltet.
Betriebsrat, Opernchor- und Orchestervorstand sowie der Geraer
Stadtrat (in einem Beschluss vom 23. Januar 2003) gehen davon aus,
dass das neu vorzulegende Theaterkonzept die Spartenvielfalt erhält
und mit einem „minimalen Personalabbau“ auskommt, der
im wesentlichen durch Personalfluktuation erzielt werden kann.
Anhaltisches Theater Dessau
Das Theater, ein hälftig vom Land Sachsen-Anhalt und von
Dessau bezuschusster städtischer Eigenbetrieb, hat die Gewerkschaften
um Aufnahme von Haustarifvertragsverhandlungen ersucht. Ziel ist
der Abbau eines in den Jahren 2001 und 2002 entstandenen Haushaltsdefizits
von rund 960.000 Euro. Land und Stadt erwarten vom Theater, dass
es bis zum Ende des bis 2004 laufenden Zuwendungsvertrages wieder
einen ausgeglichenen Haushalt vorlegt. Die Landesregierung in Magdeburg
hat in Anerkennung der künstlerischen und regionalen Ausstrahlung
des Theaters ihren Betriebszuschuss um rund 1,1 Millionen Euro auf
8,6 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2003 angehoben.
Berlin
Der Senat hat am 4. Februar 2003 Folgendes beschlossen: Er nimmt
das vom Kultursenator entwickelte Strukturkonzept „Oper in
Berlin“ zustimmend zur Kenntnis. Die Realisierung dieses Konzeptes,
das darauf abzielt, die drei Opernhäuser in einer Stiftung
öffentlichen Rechts als künstlerisch und wirtschaftlich
selbstständige Betriebe in Form mehrerer GmbHs zu erhalten,
ist an die Bedingungen geknüpft, dass der Gesamt-Opernetat
ab 2004 durch strukturelle Maßnahmen um 9,6 Millionen Euro
dauerhaft abgesenkt und dass ferner durch eine Vereinbarung mit
dem Bund der Kulturetat Berlins ebenfalls ab 2004 dauerhaft und
haushaltswirksam um rund 20 Millionen Euro entlastet wird. Dies
kann durch Übernahme Berliner Kultureinrichtungen durch den
Bund geschehen oder durch unmittelbare Beteiligung des Bundes an
den strukturellen Maßnahmen.
Sollte eine entsprechende Vereinbarung mit dem Bund bis zum Zeitpunkt
der Aufstellung des Bundeshaushaltes 2004 nicht zu Stande kommen,
können, so der Senatsbeschluss, die drei Opernhäuser in
ihrer bisherigen Form nicht weitergeführt werden. In diesem
Fall werden die Staatsoper Unter den Linden und die Deutsche Oper
Berlin zu einem leistungsstarken Opern-
betrieb (mit einem Intendanten, einem Orchester, einem Opernchor,
einem Ballett, zwei Spielstätten) fusioniert. Vorsorglich wird
der Kultursenator beauftragt, auch das Fusionsszenarium zu entwickeln.
Mit seiner Entscheidung hat der Senat zum einen ein klares Nein
zu den zwei alternativen Modellen (Weizsäcker-Vorschlag: „Kulturforum
Mitte“; Opern-Konferenz-Vorschlag: „Freier Markt dreier
Häuser“ – vgl. O&T Ausgabe 6/02, S.6) ausgesprochen,
zum anderen hat er sich selbst und alle Beteiligten unter kurzfristigen
Zugzwang gesetzt: Die drei Opernhäuser, denen er ins Stammbuch
schreibt, dass „weder im Bewusstsein der Berliner noch überregional
Berlin als Opernstadt wahrgenommen“ werde, den Bund, bei dem
er die Wahrnehmung seiner „historischen und politischen Verantwortung
für die Bundeshauptstadt“ anmahnt und nicht zuletzt die
Sozialpartner, die in einem „Bündnis für die Bühnen“
alle Personalkostensteigerungen verhindern sollen.
Die Uhr läuft: Im Frühsommer 2003 werden der Bundeshaushalt
2004 und der Berliner Landeshaushalt 2004/05 aufgestellt. Berlins
Finanzsenator Thilo Sarrazin lauert nur darauf, im Fusionsfalle
mehr als nur die 9,6 Millionen Euro im Opernetat einsparen zu können.
Nordhausen
Die Gesellschafter der Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sonderhausen
GmbH haben beschlossen, die Sparte Schauspiel zum Ende der Spielzeit
2002/03 zu schließen und sich auf Musiktheater, Ballett und
Konzerte zu beschränken. Eine Kooperation mit dem nach dem
Ausscheiden Eisenachs nur noch aus Rudolstadt und Saalfeld bestehenden
Thüringer Landestheater ist in Form der Übernahme dortiger
Schauspielproduktionen vorgesehen. Auch Nordhausen ist angesichts
der bis 2008 gedeckelten Betriebszuschüsse auf Haustarifverträge
angewiesen, die Gehaltsverzicht der Beschäftigten zum Ziel
haben.
|