Brenn-Punkte
Die Situation deutscher Theater
Wuppertal
Auf der Grundlage eines Gutachtens des Münchener Theaterarchitekten
Reinhold Daberto hat der Rat der Stadt Wuppertal beschlossen, das
Schauspielhaus in Elberfeld und das Opernhaus in Barmen im Umfang
des „absolut Notwendigen“ zu sanieren. Zwanzig Millionen
Euro stellte er zur Verfügung. Damit bleiben die beiden Spielstätten
des Dreispartentheaters, bestehend aus Oper, Schauspiel und Tanztheater
Pina Bausch erhalten. Der drohende Weggang Pina Bauschs scheint
abgewendet. Zur Behebung der Baumängel und Sicherheitsdefizite
soll von 2004 bis 2007 das historische Opernhaus saniert werden.
Anschließend werde die Instandsetzung des Schauspielhauses
in Angriff genommen.
München
Staatsintendant Sir Peter Jonas hat mitgeteilt, dass die Bayerische
Staatsoper aufgrund einer vom Finanzministerium verhängten
Haushaltssperre auf die geplante Neuinszenierung von Mussorgskys
„Boris Godunov“ verzichten müsse. Ein weiteres
Indiz für die sich auch in der Landeshauptstadt bemerkbar machenden
Sparmaßnahmen des Freistaates ist der Vorschlag des Bayerischen
obersten Rechnungshofes, das BallettTheater München des Gärtnerplatztheaters
in das Bayerische Staatsballett der Staatsoper einzugliedern. Die
von Philip Taylor geleitete Compagnie, die im Ausland und bei der
Fachkritik sehr erfolgreich ist, habe, so der Oberste Rechnungshof,
in den letzten Jahren mehr als ein Drittel seiner Besucher verloren.
Berlin
Im Dezember 1997 hat der damalige Kultursenator Peter Radunski
ihn engagiert: Als „Ballettbeauftragter“ der Stadt Berlin
sollte der ehemalige Chef des Balletts der Wiener Staatsoper und
Intendant der Vereinigten Bühnen Graz, Gerhard Brunner, ein
BerlinBallett auf die Beine stellen, dessen Grundlagen eine Fusion
der drei Berliner Opernballette (Deutsche Oper, Komische Oper und
Staatsoper), eine arbeitsteilige Neuordnung der Compagnien und die
Bestellung neuen Leitungspersonals sein sollten.
Aus all dem ist nichts geworden. Zwar löste Brunners Amtsantritt
und sein Einwirken auf die vorhandenen drei Ballette zunächst
eine ziemlich planlose Nichtverlängerungswelle insbesondere
an der Deutschen und der Komischen Oper mit einigem beruflichen
und sozialen Elend aus, zwar half er beratend, neue Kräfte
für die drei Opernhäuser zu engagieren (so auch Heinz
Spoerli, Blanca Li und Vladimir Malakhov), doch das BerlinBallett
blieb ein Projekt, das nach Radunskis Abgang niemand mehr wollte.
Die Intendanten nicht, weil sie Machtverlust fürchteten und
weil das Problem, wer denn für die jeweils erforderlichen Opernballette
zuständig sein sollte, ungelöst blieb, die Tänzer
nicht, weil sie nach den Brunner zugeschriebenen Massenentlassungen
das BerlinBallett nur noch als Bedrohung empfanden, die Politiker
nicht, weil sie zu wenig von der Materie verstanden.
Im Dezember 2002 ist Gerhard Brunners Vertrag ausgelaufen. Den
amtierenden Kultursenator Thomas Flierl hat Brunner nicht einmal
kennen gelernt. Zur Premierenfeier des Staatsopernballetts, nach
der von Malakhov choreografierten „Bajadère“,
wurde Brunner nicht einmal eingeladen, obwohl er es war, der Malakhov
nach Berlin geholt hatte.
Fünf Jahre Spesen – nichts gewesen. In einem Interview
sagte Brunner: „Ich bin nicht Teil der Berliner Politik, ich
wurde als Fachmann hierher gerufen, ich gehöre keiner Partei
an, keinem Bündnis, keiner Clique – und das dürfte
wohl der wichtigste Grund für mein Scheitern sein.“ Und
er fügte hinzu: „Und das ist nicht gut so.“
Eisenach und Meiningen
Eine Arbeitsgruppe unter Moderation des Dresdner Schauspiel-Intendanten
und Vorsitzenden der Intendantengruppe des Deutschen Bühnenvereins,
Holk Freytag, hat Anfang Januar 2003 ein „Konzept zur Zusammenarbeit
der Theater Eisenach und Meiningen“ vorgestellt, das mit dem
längerfristigen Ziel, die beiden Häuser zu fusionieren,
eine mit der Spielzeit 2003/04 beginnende Kooperation vorsieht.
Danach bleibt Meiningen Sitz des Musiktheaters und des Schauspiels,
während Eisenach zu Beginn der Spielzeit 2004/05 nur noch eine
„Kammeroper“ mit 20 Musikern (ohne Opernchor), ein modernes
Musicaltheater, ein Tanztheater sowie ein Kinder-, Jugend- und Puppentheater
unterhalten soll. Die erforderlichen Kündigungen beziehungsweise
Nichtverlängerungen insbesondere der Solisten, der 32 (von
52) Orchestermusiker und der 22 Opernchorsänger seien mit Wirkung
zum Ende der Spielzeit 2003/04 vorzubereiten. Der Eisenacher Oberbürgermeister
Gerhard Schneider will das Konzept am 24. Januar im Stadtrat beraten
lassen. Auch ihm dürfte klar sein, dass es eine Kapitulation
des – inzwischen auch führungslosen – Eisenacher
Theaters beinhaltet. Intendant Johannes Scheurich hat seinen Vertrag
vorzeitig zum 31. Dezember 2002 beendet.
Dresden
Der Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden hat am 19. Dezember
2002 die Vorlage zur Schließung der Staatsoperette zum 1.
August 2003 von der Tagesordnung genommen und an die Ausschüsse
zurück verwiesen (vgl. O&T
Ausgabe 6/02, S. 8).
|