Brenn-Punkte
Die Situation deutscher Theater
Frankfurt am Main
Kulturdezernent Hans-Bernd Nordhoff und Stadt-Kämmerer Horst
Hemzal haben sich für die Frankfurter Städtischen Bühnen
auf einen Haushaltsplan bis 2006 verständigt. Danach sollen
die Betriebszuschüsse schrittweise von 70,9 Millionen Euro
(2002) auf 59,5 Millionen Euro (2006) sinken.
Berlin: Metropol-Theater
Das letzte Stündlein des Metropol-Theaters in der Friedrichstraße
dürfte geschlagen haben. Das Musical-Unternehmen Stage Holding
hat das für 2,85 Millionen Euro gekaufte Haus an die Stadt
Berlin zurückgegeben und für den gleichen Betrag die Theater
des Westens GmbH am Bahnhof Zoo gekauft. Die Stadt Berlin will das
Metropol-Grundstück möglichst teuer verkaufen.
Das traditionsreiche Operettenhaus war 1997 nach einjähriger
Intendanten- und Alleingesellschafter-Zeit des Tenors René
Kollo in Insolvenz gegangen. In einem Gespräch mit der „Berliner
Zeitung“ verriet Kollo, der gerade seinen 65. Geburtstag feierte,
er sei damals von Kultursenator Radunski gelinkt worden. Der Insolvenz
habe er zugestimmt, um die 360 Angestellten des Hauses loszuwerden;
mit rund 250 Beschäftigten sollte der Spielbetrieb schon im
November 1997 wieder beginnen. Daraus wurde dann nichts. Die Beweise
für den Trick, das Haus erst zu privatisieren, dann im Insolvenzverfahren
das zumeist unkündbare Personal ohne Abfindungen zu entlassen
und – entgegen der Zusage der Senatsverwaltung – doch
keine neue Metropol-GmbH zu errichten, seien ihm jetzt erst zugänglich
gemacht worden.
Gera-Altenburg
Angesichts „der schwierigen Haushaltslage“ haben die
Gesellschafter der Altenburg-Gera Theater GmbH in Übereinstimmung
mit dem Thüringer Kunstministerium den Generalintendanten und
Geschäftsführer, Dr. René Serge Mund, beauftragt,
bis Juli 2004 rund 70 Entlassungen vorzunehmen. Das Orchester soll
von 89 auf 68 Stellen reduziert, der Opernchor aufgelöst werden.
Flankierend soll für die Zeit von 2004 bis 2008 ein personalkostensenkender
Haustarifvertrag abgeschlossen werden, da andernfalls „Spartenschließungen
zum Juli 2004 unvermeidbar“ seien. Das Theater Gera hatte
vom 18. Oktober bis 13. November unter reger Publikumsbeteiligung
sein Jubiläum „100 Jahre Theaterhaus Gera“ gefeiert
und ein Buch samt CD mit dem Titel „Musis sacrum“ herausgebracht.
Fünf Tage danach zeigten die Gesellschafter, wie sie die Musen
einschätzen.
Freiburg im Breisgau
Als erste Sparmaßnahme hat Freiburgs neuer Oberbürgermeister
Dieter Salomon (Bündnisgrüner) die Stelle des Kulturdezernenten
gestrichen und sie kommissarisch mit sich selbst besetzt, dann ließ
er die neue Intendantin des Theaters, Amélie Niermeyer, wissen,
dass die Betriebszuschüsse bis 2005 von derzeit 14,27 Millionen
Euro auf 11 Millionen Euro gesenkt werden müssten. Niermeyer,
die einen fulminanten Saison-Start mit gestiegenen Auslastungszahlen
hingelegt hat, fragt sich, wie so etwas im reichen Baden-Württemberg
möglich ist.
Dresden
Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) unterrichtete
die Presse über die Sparmaßnahmen der Stadt Dresden,
die unter anderem die Schließung der Staatsoperette zum 1.
August 2003 vorsehen. Dem bereits ernannten neuen Intendanten, Wolfgang
Schaller, der Fritz Wendrich ablösen soll, wurde untersagt,
Verpflichtungen für die Spielzeit 2003/04 vorzunehmen.
Die Staatsoperette Dresden, das einzige selbstständige Operettentheater
im deutschsprachigen Raum, beschäftigt 246 Mitarbeiter, erhält
einen Betriebszuschuss von rund zehn Millionen Euro und zählt
mit einer Auslastungsquote von 90 Prozent zu den bestbesuchten Theatern
Deutschlands. Zu ihrem Repertoire gehören Operetten, Musicals,
Spielopern, Ballette und Konzerte. Aufgrund reger Gastspieltätigkeit
genießt es auch international einen guten Ruf.
Fritz Wendrich nannte das Vorhaben der Stadt Dresden „ein
Stück aus dem Tollhaus“ und wies darauf hin, dass Einsparungen
mit der Schließung kurzfristig gar nicht zu erzielen seien,
die Schäden für das Ansehen der Stadt und ihren Tourismus
aber unabsehbar.
Oper
& Tanz bittet seine Leserinnen und Leser, sich an der laufenden
Unterschriftenaktion für den Erhalt der Staatsoperette zu
beteiligen. Formblätter liegen in allen Theatern aus, können
bei der VdO-Geschäftsstelle abgefordert oder im Internet
unter www.staatsoperette-dresden.de
abgerufen werden.
Weimar
Die Umwandlung des städtischen Eigenbetriebs Deutsches Nationaltheater
und Staatskapelle Weimar in eine gemeinnützige GmbH wurde zum
1. November vollzogen; alle Mitarbeiter haben der Personalüberleitung
zugestimmt, nachdem Stadt und Freistaat gedeckelte Finanzierungszusagen
auf dem Stand von 2002 bis zum Jahr 2008 abgegeben hatten. Die Gewerkschaften
haben der GmbH zugesagt, Haustarifverträge des Inhalts abzuschließen,
dass durch Verzicht der Beschäftigten auf Gehaltsbestandteile
die bis 2008 erfolgenden Tarifsteigerungen neutralisiert werden.
Sie wiesen aber darauf hin, dass es kein „Weimarer Modell“
gebe, sondern dass es sich um einen der historischen und kulturellen
Bedeutung Weimars geschuldeten Ausnahmefall handle.
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