Christina Weiss, die neue Staatsministerin für Kultur
und Medien, brachte es im Gespräch mit Bundespräsident
Johannes Rau auf den Punkt. Die Frage, wie künftig die öffentlichen
Theater und Orchester zu finanzieren seien, meinte sie, sei nichts
anderes als ein Teil der generellen Frage nach der künftigen
Finanzierung des öffentlichen Dienstes in Deutschland. Auch
wenn die Theaterfinanzierung mit gerade mal 0,2 Prozent der Gesamtausgaben
der öffentlichen Hände ein winzig kleiner Teil der Frage
sei, begrüße sie es sehr, dass „das Theater“
nach eigenen Antworten suche.
„Das Theater“ hatte zu suchen begonnen. Eine vom Bundespräsidenten
eingesetzte Expertengruppe, bestehend aus Musiktheater- und Schauspielintendanten,
Vertretern der Gewerkschaften und des Deutschen Bühnenvereins,
Arbeitsrechtlern und Kulturpolitikern aus Bund, Ländern und
Kommunen hatte in anderthalbjähriger Arbeit „Überlegungen
zur Zukunft von Oper und Theater in Deutschland“ zu Papier
gebracht und diese in Form eines „Zwischenberichts“
am 11. Dezember 2002 Johannes Rau übergeben.
Keine Sinnkrise, keine Theaterkrise, sondern die Finanzkrise
der öffentlichen Hände, vor allem der Kommunen habe die
Arbeit der Expertengruppe bestimmt, sagte Stuttgarts Opernintendant
Klaus Zehelein bei der Übergabe des Zwischenberichts, der,
so der Bundespräsident, eine breite Diskussion anstoßen
soll: „Wir müssen uns als Gesellschaft darüber im
Klaren werden, welche Zukunft wir Oper und Theater in Deutschland
geben wollen. Wir müssen ein gesellschaftliches Bündnis
zur Sicherung dieses großen kulturellen Erbes erreichen. Es
geht um nichts Geringeres als um unser Selbstverständnis als
Kulturnation.“
Der Zwischenbericht gibt eine Bestandsaufnahme und setzt
mit Lösungsvorschlä gen an zwei Stellen an. Kulturförderung
solle zur Pflichtaufgabe der Länder und Gemeinden gemacht werden:
„Kultur als – gesetzlich normierte – Pflichtaufgabe
der Länder und Gemeinden würde sie mit anderen politischen
Aufgaben gleichstellen.“ Gleichzeitig müssten die Theater
zu modernen Betrieben werden, wobei sich Fragen nach Organisationsstruktur
und Rechtsform, arbeits- und tarifrechtlichen Rahmenbedingungen,
Programmauftrag und Publikumsakzeptanz stellen.
Folgerichtig besteht der „Ausblick“ auf die
weitere Arbeit am Bericht aus einem Katalog von zehn Fragen, deren
wichtigste lauten: Wie könnte eine gemeinsame Initiative von
Bund, Ländern und Gemeinden zur Sicherung der öffentlichen
Kulturfinanzierung in Deutschland aussehen? Welche Maßnahmen
sind erforderlich, damit die Theater in der Lage sind, die öffentlichen
Mittel noch effektiver einzusetzen? Wie können bestehende Tarifstrukturen
theaterspezifisch weiterentwickelt werden? Was müssen die Theater
tun, um mehr Publikum zu erreichen und so ihre Produktionen besser
auszulasten? Welche politischen, vor allem bildungspolitischen Initiativen
sind erforderlich, damit Kunst und Kultur wieder eine stärkere
Rolle in der Gesellschaft spielen? Was können dazu die Medien
beitragen?
Der Anstoß des Bundespräsidenten, einen Bericht
zur Lage der Theaternation Deutschland erarbeiten zu lassen und
ein breites, diskursives Bündnis für das Theater zu schmieden,
verdient Dank und Hochachtung. Im Sommer will er von den Experten
mehr, vielleicht auch schon mehr Antworten als Fragen hören.
Auf den erhofften Beitrag der Medien wird man jedoch auch
im Sommer vergeblich warten müssen. Deprimierend dürftig
war die Berichterstattung über die Veranstaltung im Schloss
Bellevue in Berlin. Ist die Zeit für „Runde Tische“
und Expertenberatungen vorbei, wie Jürgen Schitthelm, Vorsitzender
des Landesverbandes Berlin des Bühnenvereins, kritisch anmerkte?
Oder hätte das Bundespräsidialamt Verona Feldbusch und
Christoph Schlingensief zur Übergabe des Berichtes verpflichten
sollen?
Ihr
Stefan Meuschel
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