Das DNT verkauft seine Stühle
Die CDU-Regierung des Freistaats Thüringen verfolgt den Plan, die beiden Dreispartentheater in Erfurt
und Weimar zu fusionieren (O&T hat ausführlich darüber berichtet: vgl. Ausgaben 2/01
S. 6, 4/01 S. 4 und 6/01
S. 1013). Stärkstes Mittel, die beiden Städte gefügig zu machen, ist das Geld. Die
Staatsregierung droht, die Betriebszuschüsse einzufrieren.
Fusionsdruck
Der Etat des Theaters der Landeshauptstadt Erfurt (200.000 Einwohner) in Höhe von 21,12 Millionen Euro
(Spielzeit 1999/2000) setzt sich aus 1,64 Millionen Euro Eigeneinnahmen, 6,44 Millionen Euro Landeszuweisung
und 13,04 Millionen Euro Betriebszuschüssen der Stadt zusammen.
Der Etat des Deutschen Nationaltheaters (DNT) in Weimar (62.000 Einwohner) ist mit 21,84 Millionen Euro geringfügig
höher. Die Eigeneinnahmen belaufen sich auf 3,53 Millionen Euro (Kulturhauptstadtjahr 1999), die Landesmittel
auf 15,8 Millionen Euro und die Stadt leistet Betriebszuschüsse in Höhe von 2,51 Millionen Euro.
Bleiben das Deutsche Nationaltheater und die Staatskapelle Weimar selbstständig, wie es dem Willen der
Stadt und ihrer Bewohner entspricht, und werden die Zuweisungen des Landes nicht angehoben, so baut sich in
Weimar, selbst wenn die Stadt ihren Betriebszuschuss um rund eine Million Euro aufstockte, in den Folgejahren
aufgrund der Kostensteigerungen ein jährliches Defizit von bis zu vier Millionen Euro auf. Nur mit erheblichem
Personalabbau, der Qualitäts- und Attraktivitätsverlust zur Folge hätte, ließe sich dann
dem Zwang, mit Erfurt zu fusionieren, allenfalls noch ein paar Jahre Widerstand entgegensetzen. Es klingt ebenso
kühn wie abenteuerlich, wenn die Gründer der Stiftung Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle
Weimar vorrechnen, das Stiftungskapital müsse nur 81,81 Millionen Euro betragen, um aus
den Zinsen die Fehlbeträge abdecken zu können.
Und für die fernere Zukunft sei es so die Stiftungssatzung in § 2 Abs. 2 nicht ausgeschlossen,
bei hinreichendem Stiftungskapital die Trägerschaft für das DNT und die Staatskapelle zu übernehmen...
Immerhin waren bereits 38.347,44 Euro beisammen, als die Stiftung am 13. Dezember 2001 gegründet wurde;
fast ein Drittel des Stiftungskapitals kam vom Kulturkaufhaus Peter Dussmann aus Berlin. Die Stiftungsurkunde
unterschrieben Musikdirektor Rolf Bräuer, Reinhard Bokemeyer vom DNT-Förder- und Freundeskreis (vgl.
O&T 6/01 S. 11), Generalintendant Stephan Märki, Dieter Bauhaus für die Sparkasse Weimar und der
Stiftungsrechtsexperte der Universität Jena, Professor Dr. Olaf Werner. Er gehört neben Bokemeyer
und Bauhaus zugleich dem Gründungsvorstand an; Mitglied des Gründungsbeirates ist auch Weimars Oberbürgermeister
Dr. Volkhardt Germer.
Nicht klagen, sondern wagen
... sei das Motto der Gründungsstifter, sagte Olaf Werner, und jeder Euro aus hoffentlich ganz Europa
sei willkommen. Wer die Spenden-Hotline der Stiftung anwählt, ist mit 20 Euro dabei (0190-06 10 66). Und
symbolisch verkauft das Theater für je 510 Euro alle 857 Sessel im Großen Haus: Bei ausverkauftem
Haus wäre das fast eine halbe Million Euro für die Stiftung.
Aus dem Gründungsaufruf der Stiftung
In den griechischen Stadtstaaten der Antike, den Poleis, war es Brauch, dass die Theaterzuschauer für
die Choraufführungen eine freiwillige Spende gaben. Der Chor repräsentierte bei den Aufführungen
antiker Tragödien die Öffentlichkeit, das Publikum im eigentlichen Sinn, und damit jeden einzelnen
Bürger.
Eine solche Bürgerkultur kann auch heute als Leitbild für ein bürgerschaftliches Engagement
für das Deutsche Nationaltheater in Weimar dienen, der Stadt, die, lange bevor sie zur Kulturhauptstadt
Europas gekürt wurde, den ehrenvollen Namen Ilm-Athen erhielt.
Weimar ist gelebte Theater- und Musikgeschichte, die mit Goethe, Schiller, Liszt, Strauss und vielen anderen
namhaften Persönlichkeiten der deutschen Kultur verbunden ist. Daraus ergibt sich die Verpflichtung gegenüber
unseren Nachkommen, auch ihnen ein hochqualifiziertes Theater- und Musikleben in Weimar zu übergeben und
für die Zukunft zu sichern.
Wenn Sie sich verantwortlich fühlen für eine lebendige und zukunftsweisende Kultur in Weimar und
Sie das Theater- und Musikleben, das die kulturelle Identität der Stadt geprägt hat, unterstützen
wollen, möchten wir Sie für die Stiftung Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar gewinnen...
Mit Ihrem und unserem Engagement wollen wir die öffentliche Hand nicht aus ihrer Verantwortung für
dieses kulturgeschichtlich einzigartige Theater entlassen. Sie können jedoch helfen, dass seine Zukunft
nicht den kultur- und finanzpolitischen Wechselfällen ausgeliefert ist.
Ziele der Stiftung
1. Förderung des Deutschen Nationaltheaters und der Staatskapelle Weimar im Hinblick auf die Unterstützung
einzelner Inszenierungen und Aufführungen sowie sonstiger Veranstaltungen des Deutschen Nationaltheaters
und der Staatskapelle Weimar und der Stiftung selber;
2. Verbesserung der Spielstätten des DNT;
3. Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Nationaltheaters und der Staatskapelle Weimar;
4. Einwerbung von Sach- und Geldmitteln (Zustiftungen, Spenden, Sponsoring) zugunsten der vorgenannten Institutionen;
5. Treuhänderische Hilfe bei der Errichtung und Verwaltung unselbständiger Stiftungen zugunsten der
vorgenannten Zwecke;
6. Heranführung junger Menschen an Theater und Musik;
7. Ausbildung junger Künstler
sowie ähnlicher Aufgaben, die gemeinnützig oder sozial im Sinne der Abgabeordnung sind.
Kontakt:
Förder- und Freundeskreis Deutsches Nationaltheater & Staatskapelle Weimar e.V., Tel.: 03643-75 53
01, Fax: 75 53 21
www.nationaltheater-weimar.de
mail: service@nationaltheater-weimar.de
Bankverbindung: Sparkasse Weimar, BLZ 820 510 00
Konto-Nr.: 301 032 203 (Verwendungszweck Stiftung DNT)
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