Einigen Theorien zufolge endet am 21. Dezember 2012 nach dem Langzeitkalender
der Maya die menschliche Zivilisation. Was das konkret bedeutet,
ist noch nicht ganz klar. Ob die Welt dann komplett untergeht,
die Menschen nur in eine gänzlich neue Zivilisation eintreten
oder aber an diesem Tag die Götter der Maya aus dem Weltall
auf die Erde zurückkehren, darüber streiten sich die
Experten noch. In jedem Falle aber stehen wohl gravierende Änderungen
bevor.
Zumindest wenn man auf das höchste Amt im Staate schaut,
scheinen Änderungen
im Hinblick auf dessen personelle Besetzung zunehmend unvermeidlich.
Demnächst erscheint eine der wohl passendsten Karikaturen
zum Skandal um Bundespräsident Wulff. In seiner aktuellen
Ausgabe, die am 10. Februar erscheinen soll, bringt das Micky Maus
Magazin eine Satire, in der sich Hundepräsident Wuff weigert, „Platz“ zu
machen, er bleibt bei „Sitz“. Für jemanden, der
den Maßstab im Falle des Verdachts auf Vorteilsannahme durch
eigene Aussagen wie „Es muss der Anschein vermieden werden,
dass es Interessenkollisionen gibt.“ oder „Was privat
ist, muss auch privat bezahlt werden.“ derart hoch gehängt
hat, ist es bei dieser Form der scheibchenweisen „Transparenz“ höchste
Zeit, eben diesen Platz zu räumen. Aber was ist schon dabei, wenn man bei Freunden kocht, auch wenn
diese selbst nur durch ihr Personal vertreten sind. Was ist schon
ein Freundschaftsdienst, wenn man Bundespräsident ist! Man
wird ja wohl noch unter Freunden, die man schon als Ministerpräsident
gewonnen hat, Gefälligkeiten austauschen dürfen. Wir
erinnern an seinen eigenen Buchtitel: „Besser die Wahrheit.“ Und
wie es so schön bei Gericht heißt: „Wenn Sie eine
Aussage machen, so sind Sie auch verpflichtet, die ganze Wahrheit
zu sagen und nichts wegzulassen!“
Dies alles scheint symptomatisch für ein global übergreifendes
Problem: Niemand hat ein glaubwürdiges Konzept. Alle schwafeln.
Man fürchtet um den Zusammenhalt des Landes. Wenn
dieses Editorial erschienen ist, hat sich die Affäre
Wu(l)ff hoffentlich bereits erledigt, denn es ist mit Sicherheit
einer der beschämendsten Sachverhalte in der Politik dieses
Landes und der Höhepunkt einer unvergleichbaren Selbst-Demontage
einhergehend mit der Besudelung dieses Amtes. Angesichts solcher
Verhaltensweisen muss man sich sicher nicht weiter über die
zunehmende Politikverdrossenheit gerade der jüngeren Bürger
wundern. Es fehlt an Integrations- und Identifikationsfiguren.
Für die Maya stellte im Endeffekt der durch den Einfall der
Spanier bedingte Verlust der eigenen Identität den kulturellen
Untergang dar. Passen wir auf, dass wir in 2012 nicht auch den
kulturellen Untergang erleben. Geht 2012 die Welt nun unter? Kann
das stimmen in einem Schaltjahr? Erste Wissenschaftler geben Entwarnung,
der Kalender habe nur ein Kapitel abgeschlossen, es geht weiter,
es bleibt Hoffnung.
Und es gibt auch noch weitere Hoffnung: Vom 28. Dezember 2011
bis zum 1. Januar 2012 fand in Berlin das internationale Taizé-Treffen
statt, zu dem über 30.000 junge Christen aus ganz Europa zusammenkamen.
Lena Meyer-Landrut hat’s schon letztes Jahr vorgemacht...
Taizé, eigentlich eine ökumenische Bruderschaft mit
Sitz im gleichnamigen Dorf im Burgund, ist eine Art christliches
Dauer-Woodstock, das weniger durch eine eigene Philosophie als
vielmehr durch eine Lebenshaltung verbindet, die dadurch geprägt
ist, das Gute im Menschen in den Vordergrund zu rücken: „Sei
unter den Menschen ein Zeichen der Liebe und Freude...“ so
ein Teil der Ordensregel. „Wir wollen vor allem Menschen
sein, die anderen zuhören“ war das Motto des verstorbenen
Gründers Frère Roger. Diese Gemeinde, die vor allem
mit stimmgewaltigen Chören mit vierstimmigen Gesängen
Aufsehen erregt, lässt hoffen. Verbunden im internationalen
Gemeinschaftsgefühl geht es ihnen darum, dass die Menschen
alle zusammengehören und so die Welt gerettet werden kann.
Wenn also durch Gesang die Welt verbessert werden kann, hört
sich das doch ganz nach unserem Spezialgebiet an. Also liebe Kollegen,
lasst uns in diesem Jahr doch noch alles zum Guten wenden, wir
haben schließlich in dem Schaltjahr auch einen Tag mehr Zeit,
um („nur noch kurz“) die Welt zu retten. Also bitte
schaltet entsprechend!
In diesem Sinne: ein Frohes Neues Jahr! Gerrit Wedel
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