Neue Regeln beim Kindergeld
Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem am 13. Mai 2005 veröffentlichten
Urteil (AZ.: 2 BvR 167/02) die bisherige Praxis der Familienkassen
für verfassungswidrig erklärt, bei der Prüfung der
Höhe des Eigenverdienstes von Kindern den jährlichen Bruttoverdienst
heran- zuziehen.
Die bei der Bundesarbeitsagentur angesiedelten Familienkassen müssen
künftig - laut Auskunft des Bundesfinanzministeriums: rückwirkend
für vier Jahre - vom Bruttoeinkommen des Kindes die Sozialversicherungsbeiträge
und die Werbungskostenpauschale von 920 Euro (bei höheren Werbungskosten:
die tatsächlichen Ausgaben) abziehen, um die Kindergeldberechtigung
zu ermitteln.
Das Kindergeld wird unabhängig vom Einkommen der Eltern gezahlt.
Es beträgt je 154 Euro monatlich für die ersten drei Kinder,
179 Euro ab dem vierten Kind. Es wird grundsätzlich bis zur
Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes (Volljährigkeit)
gezahlt. Auf Antrag wird es für arbeitslose oder Arbeit suchende
Kinder bis zum 21. Geburtstag gezahlt, für Kinder, die sich
in der Ausbildung befinden, bis zum 27. Geburtstag. Bei Zivil- und
Wehrdienstleistenden verschiebt sich die Anspruchsgrenze nochmals
um die entsprechende Dienstzeit.
Für volljährige Kinder gibt es Kindergeld nur, wenn
deren Jahreseinkommen unter dem Existenzminimum von derzeit 7.680
Euro liegt. Im Jahr 2001 lag die Existenzminimumsgrenze bei 15.040
DM, in den Jahren 2002 und 2003 bei 7.188 Euro. Die Entscheidung
der Karlsruher Richter besagt, dass es sich hierbei um Netto-Grenzen
handelt.
Ein Beispiel: Verdient eine 23-Jährige in ihrer Ausbildungszeit
(als Ausbildungsvergütung oder durch Jobben in den Semesterferien)
10.500 Euro im Jahr, so bestand bisher kein Anspruch auf Kindergeld.
Nach dem Karlsruher Urteil sind jetzt von den 10.500 Euro die gezahlten
Sozialversicherungsbeiträge i.H.v. rund 2.205 Euro und die
Werbungskostenpauschale i.H.v. 920 Euro abzuziehen. Das anrechenbare
Nettoeinkommen beträgt dann nur 7.375 Euro, liegt also unter
der Existenzminimumsgrenze. Die Familienkasse muss Kindergeld zahlen,
auch rückwirkend bis zum Jahr 2001.
Kindergeld für volljährige Kinder muss beantragt werden;
die Entscheidung über die Kindergeldberechtigung fällt
von Jahr zu Jahr. Kindergeld kann auch nach Zahlungspausen erneut
beantragt werden, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen wieder
erfüllt sind. Ein „Merkblatt Kindergeld“ ist kostenlos
bei den Familienkassen erhältlich.
Da es nach der vorgesehenen Einbeziehung der „Kinder- bzw.
familienbezogenen Entgeltbestandteile“ (Ortszuschläge)
in die Besitzstandsregelungen des „Tarifvertrages öffentlicher
Dienst“ darauf ankommt, ob ein Kindergeldanspruch besteht,
wächst dem Urteil des Bundesverfassungsreichts auch tarifrechtliche
Bedeutung zu. m.
Wirksame Kündigung
Auch eine unberechtigte Kündigung eines Arbeitsverhältnisses
ist „von Anfang an wirksam“, wenn der Arbeitnehmer nicht
innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung
beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben hat. Diese
stehende Rechtsprechung bestätigte das Landesarbeitsgericht
Rheinland-Pfalz mit einem am 27. Juni 2005 veröffentlichten
Urteil (AZ.: 9 Sa 26/05).
Resturlaub verfällt
Eine Arbeitnehmerin hatte sich ihren Anspruch auf zwölf Tage
Resturlaub auf das Folgejahr übertragen lassen. Zu Jahresbeginn
erkrankte sie, ihr Arbeitsverhältnis endete am 30. April. Der
Krankheit wegen konnte sie den Urlaub nicht bis zum 31. März
antreten. Der Urlaub sei verfallen, urteilte das Landesarbeitsgericht
Rheinland-Pfalz (AZ.: 5 Sa 209/04); die Arbeitnehmerin hätte
sich rechtzeitig mit dem Arbeitgeber auf eine weitere Übertragung
des Anspruchs verständigen müssen.
Keine Sonderausgaben
Die Kosten für die Betreuung eines Schulkindes sind auch
für Alleinerziehende weder Sonderausgaben noch außergewöhnliche
Belastungen und mindern damit nicht die Steuerlast. So entschied
das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (AZ.: 1 K 2189/03): Die Kosten
seien mit dem Kindergeld und dem Betreuungsfreibetrag abgegolten.
Entfernungspauschale
Das Bundesverfassungsgericht hat die mit Rechtsschutz der VdO
eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen die steuerliche Nichtberücksichtigung
dienstlich erforderlicher Mehrfachfahrten pro Tag zum Arbeitsort
noch nicht entschieden (AZ.: 2 BvR 2085/03). Eine andere, ebenfalls
das Thema Entfernungspauschale betreffende Streitfrage hat der Bundesfinanzhof
jetzt zu Gunsten der Steuerzahler beantwortet (AZ.: VI R 40/04):
Einem Arbeitnehmer, der für einen Teil des Jahres die Pauschale
geltend gemacht hatte, dann aber auf Abrechnung der tatsächlichen
Kosten umgestiegen war, indem er die Tickets für seine Bahn-
und Busfahrten vorlegte, gab der Bundesfinanzhof recht. Wenn er
wolle, könne er für jeden einzelnen Tag die für ihn
jeweils günstigere Variante geltend machen.
Kranker muss erreichbar sein
Das Landesarbeitsgericht Frankfurt/Main (AZ.: 9 Sa 1766/04) hat
entschieden, dass jemand, der sich krank meldet, ohne Aufenthaltsort
und Telefonnummer mitzuteilen, allenfalls eine Abmahnung hinnehmen
muss, nicht aber entlassen werden darf.
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