Zur Startseite


 

 
Zur Startseite von Oper & Tanz
Aktuelles Heft
Archiv & Suche
Stellenmarkt
Oper & Tanz abonnieren
Ihr Kontakt zu Oper und Tanz
Kontakt aufnehmen
Impressum
Datenschutzerklärung

Website der VdO


 

Aktuelle Ausgabe

Editorial

Kulturpolitik
Der Flautenzuber von Eisenack
Ein Fall für die Theatergeschichte
Kahlschlag beim SWR
Beschnitt des Vokalensembles

Portrait
Querelen und Konkurrenzen
Die Geschichte der Berliner Opernhäuser (Teil 2)
Hamburger Chance für Powerfrau
Ein Porträt der neuen GMD in Hamburg Simone Young

Berichte
Teutonisches Donnergrollen
„Chief Joseph“ an der Berliner Staatsoper
Hier ist der Hades und von heute
Johannes Kalitzkes „Inferno“ in Bremen uraufgeführt
Tragisches Pendant zum Fidelio
Smetanas „Dalibor“ in Saarbrücken
Verzauberung im Schlosshof
„Traviata“ der Jeunesses Musicales


Ruth Berghaus: Kein Mythos DDR
Corinne Holtz, Ruth Berghaus. Ein Porträt
Der Jahrhundert-Cellist
Capriccio für Siegfried Palm. Ein Gesprächsporträt

VdO-Nachrichten
Nachrichten
Organisationswahlen der VdO – DBV ergänzt seinen Namen – DBV kündigt Teile des TVK – Nutzung von Urheberrechten neu geregelt – ver.di gesteht „bittere Niederlage“ ein

Alles, was Recht ist
Neue Regeln beim Kindergeld Resturlaub verfällt – Keine Sonderausgaben – Entfernungspauschale – Kranker muss erreichbar sein

Service
Schlagzeilen
Namen und Fakten
Oper und Tanz im TV
Stellenmarkt
Festspiel-Vorschau 2005
Spielpläne 2005/2006

 

Berichte

Verzauberung im Schlosshof

„Traviata“ der Jeunesses Musicales · Von Barbara Kerschkowsky

Opern-Premiere in Weikersheim – das weckt Erwartungen, ruft Erinnerungen an frühere Jahre wach, fordert Vergleiche und ist immer voller Überraschungen. Im Jubiläumsjahr – 50. Sommerkurs der Jeunesses Musicales Deutschland (JMD) und 60. Jubiläum der Jeunesses Musicales International (JMI) – segelte das „Flaggschiff“ der Weikersheimer Kursarbeit mit voller Takelage in den Opernsommer 2005. Mit einer musikalisch ungemein sensiblen und sehr lebendig inszenierten Aufführung der Oper „La Traviata“ von Giuseppe Verdi begeisterten Sängerinnen, Sänger und Orchester im Weikersheimer Schlosshof das Premierenpublikum.

Äußerst zart, geradezu zerbrechlich und sehr hellhörig lässt Yakov Kreizberg das Vorspiel zu Giuseppe Verdis „La Traviata“ anklingen – so, als wäre es ein Stück Kammermusik. Leise Klänge einer zerbrochenen Seele, langsame Tempi, mehr lyrische Ausleuchtung als dramatische Impulse und weite Spannungsbogen, die sein junges Orchester ganz fordern. Yakov Kreizberg fasziniert durch eine konzentrierte, zurückgenommene und auf wenige , fast nur angedeutete Gesten gesammelte Leitung am Dirigentenpult Zuhörer und Orchestermitglieder gleichermaßen.

 
Buntes, teilweise auch einsames Leben in den Containern der „Traviata“-Inszenierung. Foto: PIC
 

Buntes, teilweise auch einsames Leben in den Containern der „Traviata“-Inszenierung. Foto: PIC

 

Das Nationale Jugendorchester Spaniens ist in diesem Jahr das Opernorchester. Die jungen Musiker folgten der behutsamen aber straffen Führung von Yakov Kreizberg, der auch die Akteure auf der Bühne an unsichtbaren Fäden leitete und damit ein Gesamtbild einer Bühnen- und Orchesterlandschaft schuf. Mittelpunkt der Weikersheimer Premiere ist Violetta, La Traviata, die Verirrte, Zerrissene. Auf sie ist die Inszenierung zugeschnitten, auf diese wunderbare Stimme der Koreanerin Ga-Seoul Son. Mit ihrem klaren, kraftvollen Sopran meisterte sie die schwierigsten Koloraturen ebenso wie die weichen, tieferen Passagen ihrer Arien oder Rezitative. Beeindruckend ist, wie leidenschaftlich diese zierliche Frau ihre zwei Gesichter – die Hure und die Liebende – zu einer Person vereint, wie sie Hingabe, Schmerz, Verlassenheit und Stolz ausdrucksvoll zu spielen weiß. Ihr Partner Alfredo, Sa-Hoon Johannes An, hatte dieser strahlenden Violetta wenig entgegenzusetzen. Jae-Seop Kim als Giorgio, Alfredos Vater, überzeugte dagegen mit einem kräftigen, warmen Bariton.

Die Inszenierung , nach einem Konzept von Manfred Weiß, ist in die heutige Zeit gesetzt. Sie ist aus einem Guss, was Bühnenbild und Kostüme deutlich machen. Fünf Container in zwei Stockwerken übereinander, riesige Rachen, die Menschen verschlucken und wieder preisgeben, mit Jalousien zu öffnen oder zu verschließen, was im Zusammenspiel mit Licht und Farbe überraschende Effekte auslöst. Ein karges Bühnenbild spielt dennoch mit vielen Symbolen. Eine große Tapetenwand weitet den Blick in einen Park, Monitore holen dem Zuschauer den Weikersheimer Schlosspark und Alfredo die glückliche Violetta gleich mehrfach auf die Bühne.

Schrill und bunt ist die Welt Violettas und ihrer Freunde, einer trinkfreudigen und sexbesessenen Gesellschaft. Hier tritt der Chor in Aktion, in grellen, frechen, ja, gewagten Kostümen, geschminkt und gestylt. Der Landesjugendchor Nordrhein-Westfalen ist hier in seinem Element . Lärmende, ineinander verschlungene Paare. Das tanzt, wiegt und wackelt, stampft, hüpft und liebt nur so durcheinander. Alles ist hier mit Geld zu haben: Spiel, Sex und Spaß. Farbige, lebendige Szenen, die durch die Container wogen, Menschen auf der Suche nach ein bisschen Nähe, Zärtlichkeit und Glück, bis auch sie der Schrecken erreicht, den Krankheit und Tod ihrer Primadonna Violetta verbreiten. Da wird im dritten Akt das Bühnenbild in fahles Weiß getaucht, ein Leichentuch, das Violettas Sterben andeutet. Noch einmal geht der Blick zurück auf ein Leben, das ihr nur eine kurze Zeit Glücklichsein schenkte, eine kleine Hoffnung keimt auf, als Alfredo noch einmal zu ihr zurückkommt. Eine Szene mit Violettas Double, ein Bild wie eine Metapher.

Ganz unsentimental hat die Regie die Weikersheimer Oper zu einem rundherum stimmigen Kunstwerk geformt, vor allem mit jungen Menschen, die in Weikersheim gemeinsam arbeiten, sich austauschen, gegenseitig anregen und internationale Gemeinschaft erleben, und für die der Sommerkurs im Schloss darüber hinaus oft schon ein Sprungbrett auf die Bühnen der Welt geworden ist. So stand auch die Weikersheimer „Traviata“ ganz in der Tradition der Jeunesses Musicales Deutschland, die sich „für die Vision einer humanen Gesellschaft im Zeichen der Musik“ einsetzt und musikalische Bildung „als Weg des Menschen zu sich selbst“ sieht, verbunden mit „innovativen Impulsen für das Musikleben“.

Barbara Kerschkowsky


startseite aktuelle ausgabe archiv/suche abo-service kontakt zurück top

© by Oper & Tanz 2000 ff. webgestaltung: ConBrio Verlagsgesellschaft & Martin Hufner