Hintergrund
„Besondere Versicherung“ für Bühnenangehörige
Die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB)
Die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB) ist eine berufsständische Pflichtversorgungseinrichtung. Sie hat die Aufgabe, den an deutschen Theatern abhängig beschäftigten Bühnenangehörigen im Wege der Pflichtversicherung eine zusätzliche Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.
Der Lebenslauf eines Bühnenangehörigen verläuft zumeist anders als der des klassischen Festangestellten. Die Versicherung bei der VddB trägt den Besonderheiten Rechnung und hilft, Lücken der gesetzlichen Rentenversicherung zu schließen. Daneben wird dem erhöhten Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrisiko von Bühnenkünstler*innen Rechnung getragen.
Leistungen und deren Finanzierung
Die Leistungen der VddB umfassen das Altersruhegeld wegen Erreichens der Regelaltersgrenze und das flexible Altersruhegeld. Ferner gewährt die VddB Versorgungsleistungen im Fall einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und leistet Hinterbliebenenversorgung (Sterbegeld, Witwen- oder Witwergeld, Hinterbliebenenversorgung für eingetragene Lebenspartner, Waisengeld). Tänzer*innen haben die Möglichkeit, eine sogenannte „Tänzerabfindung“ in Anspruch zu nehmen. Daneben erbringt die VddB einmalige freiwillige Leistungen wie Zuschüsse zu Heilkosten (insbesondere zu Zahnersatz und Heilbehandlungen).
Finanziert werden die Leistungen aus den Beiträgen der Versicherten und ihrer Arbeitgeber sowie aus den Erträgen der Vermögensanlagen. Es gibt keine staatlichen Zuschüsse. Die für den einzelnen Versicherten entrichteten Beiträge dienen zur Ansparung seines Ruhegeldes (sogenanntes Anwartschaftsdeckungsverfahren). Im Gegensatz zum reinen Umlageverfahren werden im Anwartschaftsdeckungsverfahren die Leistungen durch angespartes Kapital abgedeckt. Dabei wird der Barwert aller vorhandenen Leistungsverpflichtungen durch Vermögen abgedeckt. Das erforderliche Kapital für die Erbringung der Rentenleistungen wird bereits während der Anwartschaftszeit durch Beiträge und Zinsen angesammelt. So wird für die Ansprüche aller Versicherten eine Rückstellung gebildet, aus der die Leistungen schließlich erbracht werden.
Die Höhe des zu erwartenden Ruhegelds aus der VddB hängt von den bis zum Eintritt des Versorgungsfalles eingezahlten Beiträgen und den im Zeitpunkt der Beitragsentrichtung geltenden Verrentungssätzen ab. Die Verrentungssätze ergeben sich insbesondere aus der Höhe des zugrundeliegenden Rechnungszinses. Der Rechnungszins gehört zu den Rechnungsgrundlagen und ist derjenige Zinssatz, der bei den versicherungsmathematischen Berechnungen verwendet wird. Bei der Festlegung von Leistungsversprechen oder der Bildung von Rückstellungen muss dieser Zins erreicht werden, damit die Verpflichtungen erfüllt werden können. Wird ein höherer Zins erwirtschaftet, erzielt die Anstalt Überschüsse, wird er unterschritten, Verluste. Ein niedriger Rechnungszins führt regelmäßig zu hohen Rückstellungen und niedrigen Verrentungssätzen, da ein geringer Zinsertrag einkalkuliert ist. Im Gegenzug können in der Zukunft auch höhere Zinsüberschüsse anfallen, die dann gegebenenfalls für Dynamisierungen verwendet werden können.
Die Verrentungssätze, die aktuell gelten, werden mit einem anderen Rechnungszins berechnet als die früher geltenden Verrentungssätze. Um die Anwartschaften, die auf unterschiedlicher Basis berechnet wurden, unterscheiden zu können, wurden sogenannte Anwartschaftsverbände eingeführt. Seit 1. Januar 2021 bestehen vier Anwartschaftsverbände bei der VddB mit unterschiedlich hohen Rechnungszinsen. Während für Ruhegeldanwartschaften, die im seit 1. Januar 2021 geltenden Anwartschaftsverband 4 erworben wurden, nur mehr ein Rechnungszins von 0,9 Prozent gilt, betrug dieser für Ruhegeldanwartschaften, die im Anwartschaftsverband 3 (2011 bis einschließlich 2020) erworben wurden, noch 2 Prozent, für Ruhegeldanwartschaften, die im Anwartschaftsverband 2 (2006 bis einschließlich 2010) erworben wurden, 3,25 Prozent und für Ruhegeldanwartschaften, welche im Anwartschaftsverband 1 (bis 2005) erworben wurden, noch 4 Prozent. Aufgrund der Entwicklungen an den Kapitalmärkten musste der Rechnungszins dabei stetig abgesenkt werden. Da hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen der VddB deren langfristige wirtschaftliche Sicherheit und Zuverlässigkeit an erster Stelle stehen muss, darf in die Verrentung der künftig zu entrichtenden Beiträge nur ein Zinssatz eingerechnet werden, der bei einem langfristigen und zuverlässigen Kapitalanlagemanagement voraussichtlich auch erzielbar sein wird.
Tänzerabfindung
Auch Tänzer*innen dient die Versicherung bei der Bühnenversorgung in erster Linie der Vermeidung von Altersarmut durch den Erwerb einer Zusatzrente. Dennoch nehmen Tänzer*innen innerhalb der Bühnenberufe eine Sonderstellung ein: Sie können in der Regel ihren Beruf nur zeitlich begrenzt ausüben. Darum ist es umso wichtiger, auch jüngere Tänzer*innen zu unterstützen. Die VddB bietet den bei ihr versicherten Tänzer*innen die Möglichkeit, eine Tänzerabfindung in Anspruch zu nehmen. Diese soll der Erleichterung des Berufswechsels und der Gründung einer neuen Existenz von Tänzer*innen dienen.
Als Empfänger dieser Abfindung kommen auftretende Tänzer*innen in Betracht. Dazu gehören Solo-, Gruppen- und Musicaltänzer*innen, deren Bühnentätigkeit wesentlich und dauerhaft durch Tanz geprägt ist. Voraussetzung für die Tänzerabfindung ist, dass jegliche Bühnentätigkeit (also nicht nur die Tätigkeit als Tänzer*in) spätestens mit dem Ende der Spielzeit, in der das 44. Lebensjahr vollendet wird, global aufgegeben und eine Umschulung, Fortbildung oder Existenzgründung (Transition) glaubhaft nachgewiesen wird. Im Vorfeld müssen 60 Monate Beiträge an die VddB entrichtet worden sein und die Tänzerin oder der Tänzer dürfen noch keine Versorgungsleistungen der VddB in Anspruch genommen haben, also etwa Zahlungen von der VddB aufgrund einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit erhalten haben.
Liegen die Voraussetzungen vor, erhalten Tänzer*innen die Abfindung, nachdem sie diese bei der VddB beantragt haben. Tänzer*innen können hinsichtlich der Abfindungshöhe zwischen zwei Optionen wählen:
Sie können die gesamte Abfindung in Anspruch nehmen. Als Abfindung werden in diesem Fall alle eingezahlten Beiträge ausbezahlt – also auch die Arbeitgeberanteile – plus Zinsen. Lassen sich Tänzer*innen den vollen Abfindungsbetrag ausbezahlen, verfallen die erworbenen Versorgungsansprüche und es können künftig keine Versorgungszahlungen mehr geltend gemacht werden.
Alternativ können Tänzer*innen die teilweise Abfindung beantragen. Bei dieser Variante bekommen Tänzer*innen zwar nur einen Teil der einbezahlten Beiträge mit Zinsen ausbezahlt. Allerdings besteht die Versicherung bei der VddB fort und Ansprüche auf eine Versorgung bleiben (in gekürzter Höhe) erhalten.
Im Laufe des Jahres 2023 wird die Verwaltung der VddB unter ihrer Leitung einen Expertenrat mit ausgewählten Gremienvertretern einberufen, um zu ermitteln, ob ein perspektivischer Bedarf für eine Anpassung der bestehenden Satzungsregelung besteht, insbesondere wird überprüft, ob es Möglichkeiten gibt, einen Teil der Abfindung bereits vor der Berufsaufgabe zur Finanzierung einer beruflichen Weiterbildung auszuzahlen. Die Ergebnisse werden im Rahmen der nächsten Gremiensitzungen vorgestellt.
Weiterführende Informationen stellt die VddB – auch auf Englisch – auf ihrer Homepage unter www.buehnenversorgung.de zur Verfügung.
Julia Schneider |