Editorial
Friede, Freude, Eierkuchen?
Allen Mitgliedern und Angestellten der VdO, sowie den interessierten mitlesenden Menschen wünsche ich ein gesundes, glückliches, frohes und hoffentlich friedvolleres neues Jahr!
Möge das neue Jahr Verständnis und Mitgefühl zwischen uns Menschen befördern.
Heiko Retzlaff. Foto: Pascal Schmidt
Jeder Beruf ist ein schöner Beruf, wenn er mit Liebe ausgeübt wird. Bei mir stellt sich dadurch punktuell Freude ein. Diese Erfüllungsfreude auf der Bühne oder im Konzert ist ein angenehmes Gefühl, das sich aber naturgemäß nicht festhalten lässt. Das ist auch gut so – Musik ist eine flüchtige Kunst...
In diesem Jahr finden die turnusmäßigen Verbandswahlen statt und die Manteltarifverhandlungen nehmen Fahrt auf. Es bleibt bewegend anspruchsvoll.
Auch die Energiekrise nebst aller Sachkostensteigerungen für Unternehmen, Behörden usw. werden die Ängste um auskömmliche Theaterfinanzierungen wieder aufleben lassen.
Dabei beobachte ich eine immer wieder auftretende Geschichtsvergessenheit beim Thema „Freiwillige Leistungen“.
Vor vielen Jahren warnte Holk Freytag, während einer Podiumsdiskussion im Landestheater Altenburg, vor der Brandenburgisierung der Theaterlandschaft. Außerdem referierte er, dass die freiwilligen Leistungen ein Ergebnis der Diktatur im Dritten Reich seien.
Durch die dezentrale Übergabe der Verantwortung für Kultur und Bildung in die föderale Hoheit der Bundesländer nach dem zweiten Weltkrieg, sollte ein für allemal verhindert werden, dass ein Durchregieren von oben wieder möglich ist.
Stefan Meuschel, Geschäftsführer der VdO bis 2009, schrieb dazu im Editorial der Ausgabe 4/2004 von „Oper & Tanz“: „Die Frage, ob die Rechtsauffassung der Kulturverwaltungen, ihre Tätigkeit beruhe auf freiwilligem, paternalistischem Mäzenatentum, mit dem gewandelten Verständnis der Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz noch in Einklang zu bringen sei, wurde erst 2004 mit höchster Autorität beantwortet, als der scheidende Bundespräsident Johannes Rau Bilanz der bisherigen Arbeit der von ihm ins Leben gerufenen Kommission „Bündnis für Theater“ zog. Nicht freiwillige Leistung des Staates dürfe die Kulturförderung sein, sondern Pflichtaufgabe.
Gerrit Wedel schrieb in der Ausgabe 4/2009: „Die Kultur und damit auch das Theater sind als Katalysator einer prosperierenden Gesellschaft unverzichtbar. Kultur ist keine freiwillige Leistung, sie muss Pflichtaufgabe sein.“
In der Rubrik „Schlagzeilen – Krisen-Spots aus der Kulturhauptstadt-Region“ der Ausgabe 2/2010 ist zu lesen: „Ein Ausweg aus der Misere wäre nach Ansicht des Kulturrats NRW, Kultur als ‚verpflichtende Selbstverwaltungsaufgabe‘ der Kommunen einzustufen und nicht als ‚freiwillige Leistung‘.“
Weitere Leseanregungen finden sich im Editorial der Ausgabe 5/2010, 3/2017 und in der Ausgabe 4-5/2020: „Kulturpolitik – Auf ein Wort mit Ulrich Khuon“.
Diese Texte im Online-Archiv von „Oper & Tanz“ sind bereits vor vielen Jahren verfasst worden – die Argumentationen haben seither an Aktualität nichts verloren!
Auf Bundesebene ist das Bewusstsein dafür, dass Kultur zusätzlicher finanzieller Förderung bedarf, angestiegen. Das Bundesprogramm „Neustart Kultur“ ist nur eines von vielen Förderinstrumenten.
In einigen Bundesländern zeigt sich, dass die zuständigen Ministerien willens sind, Förderzusagen über längere Zeiträume zu geben und zum Teil sogar Zuwendungen zu erhöhen. Es bleibt zu hoffen, dass die kommunalen Träger von Theatern und Orchestern in ihrer Selbstverwaltungsverantwortung gestärkt und durch Mittelumschichtung bzw. Mittelerhöhungen in die Lage versetzt werden, ihre Eigenanteile weiterhin zu leisten.
Bewahren wir uns trotz aller Zukunftsbefürchtungen die Liebe zum Beruf. Es geht auch in diesem Jahr konstruktiv weiter!
Ich wünsche Ihnen und uns
Friede, Freude und Erfolg in den eigenen Schaffensprozessen!
Heiko Retzlaff –
Mitglied des Bundesvorstands
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