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Vielfältiges Spektrum

Neue Opern-DVDs · Von Wolf-Dieter Peter

Für Thielemann-Fans

Richard Strauss: Die Frau ohne Schatten. Mit Anne Schwanewilms, Stephen Gould, Michaela Schuster, Wolfgang Koch, Evelyn Herlitzius u.a., Wiener Staats-opernchor und Philharmoniker. ML: Christian Thielemann, R: Christof Loy (2011). Opus Arte/Naxos 2 DVDs OA 1072 D (220 + 26 Min.)

Künstlerische Rückerinnerung: So wie Strauss und Hofmannsthal den Geist der „Zauberflöte“ beschwören wollten, so sieht Regisseur Loy das Werk als Beschwörung eines „Neubeginns“ nach 1945 in den Wiener Sophiensälen: bei einer Schallplattenaufnahme der „Frau“ – reizvoll schwierig. Thielemann-Fans kommen auf ihre Kosten.

Gelungenes Hof-Kostüm

Antonio Vivaldi: Orlando furioso. Mit Marie-Nicole Lemieux, Philippe Jaroussky, Jennifer Larmore, Veronica Cangemi, Christian Senn u.a., Chor des Théâtre des Champs-Élysées, Ensemble Matheus.
ML: Jean-Christophe Spinosi,
R: Pierre Audi (2011). Naïve DVD DR 2148 (190 Min.)

1727, das Uraufführungsjahr mag dramaturgischer Ausgangspunkt der Inszenierung gewesen sein: Ariosts vielfach theatralisch ausgestalteter „Action-Thriller“ um Ritter Orlando und die Zauberin Alcina diente den aristokratischen Damen und Herren Venedigs so recht als Erlebnisersatz in der gestelzten Eleganz ihres höfischen Lebens – der „rote Priester“ Vivaldi lieferte ihnen fulminante Musikdramatik dazu. So waren lebensgefährliche Abenteuer und Rivalitäten in der Liebe wunderbar in der Sicherheit eines edlen Salons nachzuerleben. Regisseur Pierre Audi und Ausstatter Patrick Kinmonth haben alles in die geheimnisvolle blauschwarze Eleganz eines höfischen Saales verlegt – raffiniert ausgeleuchtet. Wie aus einem gefährlich düsteren Traum tauchen die Figuren in perfekten höfischen Kostümen auf, mitunter als Schattenriss wie die im 18. Jahrhundert beliebten Scherenschnitte. Alles glänzend musiziert und gesungen (leider ohne deutsche Untertitel) – dennoch insgesamt eine hinreißende Stil-Studie und eine Repertoirebereicherung der unverzichtbaren Art.

Dieskau-Dokument

Giuseppe Verdi: Don Carlos (Dt. SW-Mono 1965). Mit James King, Dietrich Fischer-Dieskau, Josef Greindl, Martti Talvela, Pilar Lorengar, Patricia Johnson u.a., Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin. ML: Wolfgang Sawallisch, R: Gustav Rudolf Sellner (1964). Arthaus DVD 101 621 (155 Min.)

Den inoffiziellen CD-Mitschnitt haben Gesangsfreunde längst „erjagt“ – nun kommt erfreulicherweise die TV-Übertragung in Schwarz-Weiß von 1965. Abermals: Es ist kein leerer Wahn um die Stars von einst! Einfach beeindruckend: der eben entdeckte Talvela als riesenhafter Inquisitor gegen Greindls Philipp; oder Dieskaus Posa – ein pathetischer Aufklärer mit dramatischer Fallhöhe neben dem jung-emotionalen Carlos von King. Und alle übrigen Solisten samt dem jungen Wolfgang Sawallisch: ansehens- und hörenswert.

Massenet-Hommage

Jules Massenet: Don Quichotte. Mit José van Dam, Silvia Tro Santafé, Werner Van Mechelen u.a., Chor u. Orchester de la Monnaie Brüssel. ML: Marc Minkowski, R: Laurent Pelly (2010). Naïve DVD DR 2147 (150 + 22 Min.)

Ein zweifaches Dokument: eine Veröffentlichung zu Massenets 170. Geburts- und 100. Todestag 2012 – und der Bühnenabschied des damals 70-jährigen belgischen Starsängers José van Dam. Womöglich singen jüngere Bassbaritone die Rolle imposanter, doch van Dams Don Quichotte ist ein Phantast, dessen Imagination völlig zu Recht und bezaubernd alle Realität übersteigt. Calderóns „Das Leben ein Traum“ könnte für Laurent Pellys durchdachte Inszenierung der Aufhänger gewesen sein: Der hier inmitten von Papierbergen lesende, träumende und schließlich sterbende alte Herr ist eine anrührende Mischung aus altem Massenet und diesem Ritter von der traurigen Gestalt – und über beider Tod hinaus sind Noten und Buch geblieben. Marc Minkows-ki lässt den hispanischen Elan der Musik flirren und tanzen – und kontrastiert die Traum-
Seligkeit von Dulcinée-Liebe über Duell- wie Windmühlen-Abenteuerturbulenz zum melancholischen Lebensabschied musikalisch reizvoll. Einziges Manko: Es gibt keine deutschen Untertitel, ansonsten ein rundum lohnendes Dokument!

Erschütternde Traviata

Giuseppe Verdi: La Traviata. Mit Natalie Dessay, Charles Castronovo, Ludovic Tézier u.a., Estnischer Kammerchor, London Symphony Orchestra. ML: Louis Langrée, R: Jean-François Sivadier (2011). Virgin Classics/EMI DVD 7307989 (139 Min.)

Die Alternative zur Neudeutung durch Konwitschny mit Marlis Petersen: Im raffiniert durch Licht und wenige Accessoires verwandelten Einheitsbühnenbild hat Regisseur Jean-François Sivadier nicht nur die begrenzten Bühnenmöglichkeiten des Théâtre de l’Archevêché in Aix-en-Provence beeindruckend überwunden. Er hat die vormalige Koloratur-Artistin Natalie Dessay zu einem kecken Durchleben und dann erschreckenden Durchleiden der Titelrolle geführt, wie man sie nur von einem Loy, Guth oder Konwitschny für möglich hält: am Ende selbst auf dem Bildschirm erschütternd. Auch beide Herren, voran Bariton Tézier beeindrucken. Prädikat: gehört in die „Traviata“-Sammlung!

Wolf-Dieter Peter

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