
Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester Bonn schafft sich ab???
Seit der Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch Ende
November vergangenen Jahres mit seinem Vorschlag, die Finanzen
der Stadt (das Defizit nähert sich der Zwei-Milliarden-Grenze)
durch die Schließung des Opernhauses zu sanieren, bundesweite
Schlagzeilen machte, ist keine Ruhe eingekehrt. Schnell hatten
sich die „Jungen Liberalen“ mit dem politischen Gegner
verbrüdert, indem sie ihr Kulturbewusstsein dahingehend definieren,
dass ein Opernhaus lediglich ein „Statussymbol“ sei,
dessen Abschaffung „ gerade im Hinblick auf künftige
Generationen ein besonders wichtiges Anliegen“ sei, da hierdurch
ja Kindergartenplätze finanziert werden könnten. Ganz
so dreist war noch nicht einmal der Erfinder der Aktion. In der
folgenden öffentlichen Diskussion wiederum überwog weithin
die Ablehnung bzw. Skepsis gegenüber dem Projekt. Als besonders
skurril in dieser Diskussion ist die Argumentation des Oberbürgermeisters
hervorzuheben, durch Abschaffung der Oper könne sich Bonn
besser mit seinem internationalen Alleinstellungsmerkmal als „Beethoven-Stadt“ mit
Beethoven-Orchester und Beethoven-Fest profilieren – ein
plumper Versuch, Kulturinstitutionen zur Selbst-Kannibalisierung
anzustiften.
Ganz wohl scheint es dem selbsternannten Terminator Nimptsch
in seiner Haut denn auch von Anfang an nicht gewesen zu sein: Kurz
nach Bekanntgabe seiner Schließungsphantasien machte er den
Vorschlag, ihre Umsetzung vorab durch eine „Bürgerbefragung“ zu
legitimieren. Dies ist letztlich nichts anderes als ein Eingeständnis
der eigenen Verantwortungsunfähigkeit oder –unwilligkeit,
getarnt als basisdemokratische Großtat…….
Bundesweiten Protesten und Solidaritätsaktionen, in deren
Verlauf bereits über 25.000 Unterschriften gesammelt werden
konnten, zum Trotz beginnt am 18. Januar 2011 die „Bürgerbefragung“ unter
dem Titel „Bonn packt´s an“. Weitschweifig getragen
wird die Aktion von der ebenso unsinnigen wie juristisch falschen
Aussage, Einsparungen seien nicht im Bereich der so genannten „Pflichtaufgaben“,
sondern nur in dem der so genannten „freiwilligen Aufgaben“ möglich.
Damit ist sofort der Fokus auf den Kulturbereich gerichtet. Folglich
lautet Verwaltungsvorschlag V1: „Wegfall / Kürzung des
Betriebsmittelzuschusses an das Theater Bonn (Oper, Schauspiel,
Tanz)“ mit einem geschätzten Sparvolumen von 8.750.000
Euro bis 2015! So kann der gewünschte Bürgerwille manipuliert
werden, ohne auf primitiv-populistische Klischees wie das der „Jungen
Liberalen“ zurückgreifen zu müssen.
Sinnigerweise hat die Bonner SPD just einen Tag vor Beginn der „Bürgerbefragung“ noch
eins draufgelegt: Die Kölner Oper soll in den letzten zwei
Jahren der Sanierungsphase ihres Hauses zwischen 2013 und 2015
doch einfach Bonn mit bespielen. Offiziell als Beitrag zur beiderseitigen
Kostensenkung getarnt, kann dies realistischer Weise nur dahingehend
verstanden werden, dass sich die Kölner Künstler und
das Bonner Publikum schon einmal an den Wanderzirkus gewöhnen
sollen. Und sollen die Bonner Opern-Mitarbeiter nach dem Plan der
SPD dann schon abgewickelt sein, ein bezahltes Sabattical einlegen
oder etwa – als Auslaufmodell – in Köln auftreten?
Natürlich hat noch niemand berechnet, welche Kosten durch
Abfindungen und – etwas später – an Hartz-IV-Leistungen
für Hunderte „freigesetzter“ Mitarbeiter und deren
Familien entstehen.
Die VdO wird ihren Beitrag leisten, diesen beispiellosen Akt
kultur- und gesellschaftspolitischer Barbarei zu verhindern. Wie
gefährlich
er ist, zeigt sich daran, dass neuerdings ausgerechnet der Kölner
Kulturdezernent Georg Quander Sympathie für die ausgedünnten
Bonner Großraum-Bespielungspläne zeigt. Um so wichtiger
ist es, dass wiederum der Kölner Opernintendant Uwe Eric Laufenberg
diesen Plänen eine klare Absage erteil hat und für den
Fall ihrer Umsetzung seinen Posten zur Verfügung stellt. Eine
so konsequente Haltung wird in Deutschland leider immer seltener.
Es ist daher zu hoffen, dass er nicht in die Lage gedrängt
sein wird, diese Drohung wahrzumachen.
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