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Editorial

„Wenn Sie zwei Mal im Monat mit Ihrer Frau in die hoch subventionierte Oper gehen, erhalten Sie von der Gemeinschaft höhere Transferleistungen als die meisten Hartz-IV-Empfänger“, so heißt es in einem mehr als unsäglichen Artikel aus der Wirtschaftswoche vom 22. November letzten Jahres. Offenbar gehört es inzwischen in einigen Teilen der Gesellschaft zum guten Ton, vor allem die Finanzierung der Opernhäuser anzugreifen. Der benannte Artikel aus der Wirtschaftswoche ist ein Paradebeispiel hierfür, aber vor allem auch für schlechten Journalismus. „Schlampig und tendenziös recherchiert, falsch gerechnet, falsch zitiert.“ So kritisiert der Tagesspiegel diesen Artikel als ein Exempel für das neue „Bashing“ gegen Kulturinstitutionen, das alle gesellschafts- und kulturpolitischen Aspekte völlig außer Acht lässt.

   

Gerrit Wedel

 

Man könnte dies jetzt darauf schieben, dass in den Zeiten knapper Kassen auch für Journalisten einfach keine Mittel zur Verfügung stehen für eine anständige Recherche. Jedoch bediente sich der Verfasser hoch qualifizierter (und im Übrigen auch hoch subventionierter!) Gesprächspartner wie zum Beispiel des geschäftsführenden Direktors des Deutschen Bühnenvereins Rolf Bolwin, schwang sich aber in unglaublicher Selbstherrlichkeit zum Hüter einer streng nach Pseudo-Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Kulturlandschaft auf und ignorierte die ihm vorgelegten Fakten.

Abgesehen davon, dass die Zahlen in dem Pamphlet des Wirtschaftswoche-Autors falsch wiedergegeben worden sind, werden Theaterplätze in Deutschland durchschnittlich mit knapp 100 Euro pro Karte finanziert (und nicht mit bis zu 400!). Was der Bau eines Fußballstadions kostet, wollen wir lieber gar nicht erst anführen – von fehlenden kostenintensiven Einsätzen der Ordnungshüter für nach der Vorstellung marodierende Opernhooligans mal ganz abgesehen... Doch statt dem plumpen Populismus zu verfallen, schauen wir uns lieber mal an, was unsere Theater, die trotz aller Subventionen vom Sparzwang zunehmend gebeutelt sind, immer noch geleistet haben. Die Fakten sind folgende:

Ausweislich der Theaterstatistik 2008/09 des Deutschen Bühnenvereins haben 38.783 fest angestellte Mitarbeiter in 888 Spielstätten mit 65.500 Veranstaltungen 31,1 Mio. Zuschauer erreicht, wovon 19,3 Mio. Besucher allein auf die Stadt- und Staatstheater sowie die Landesbühnen entfielen. Allen Unkenrufen zum Trotz konnte damit in allen Bereichen eine Steigerung verzeichnet werden. Eine beachtliche Leistung, die weltweit ihresgleichen sucht. Kaum eine andere Branche vermag, mehr Menschen zu erreichen; von der unglaublichen Vielfalt des Angebotes mal ganz abgesehen. Nur zum Vergleich: die 1. und 2. Bundesliga verzeichneten 17,6 Mio. Menschen in den Stadien.

Abgesehen von allen Zahlenspielen sollten aber die gesellschafts- und kulturpolitischen Aspekte nicht aus den Augen verloren werden. Im Gegensatz zu einer körperlichen Ertüchtigung, einem Sprachkurs oder einer warmen Mahlzeit sei Oper nicht existenziell, sagen die einen; seit wann der Mensch im Land der Dichter und Denker nur leibliche Bedürfnisse habe, fragen die anderen.

Kunst ist in diesem Sinne auch als Lebensmittel anzusehen, schreibt das Handelsblatt in einem Artikel vom 10.11.2010, die Kunst kümmert sich um Visionen, soll sich frei bewegen im Reich der Fantasie, unvernünftig sein dürfen, provozieren und, ja, auch lästig sein. So setzt sich auch die kulturpolitische Sprecherin der Grünen Agnes Krumwiede dafür ein: die aktive Beschäftigung mit den Künsten könne unser Denken verändern. Ihr zufolge benötigt unsere Gesellschaft Menschen, die querdenken, die kreativ und mutig sind, es gehe eben um neue Ideen und Gestaltungskompetenzen für die Welt; was das Bruttoinlandsprodukt misst, sei eben nicht allein der Maßstab für ein erfülltes Leben (siehe Interview auf S. 11).

Nach der Aussage des US-amerikanischen Philosophen William James Durant dienen Kunst und Kultur nicht nur der Unterhaltung, Verschönerung des Lebens oder individuellen ästhetischen Entwicklung. Kultur ist vielmehr notwendig, um ein funktionsfähiges Gemeinschaftsleben zu organisieren. Daraus ist grundsätzlich die Förderung von Kunst und Kultur als eine der Kernaufgaben staatlichen Handelns abzuleiten.

Vergessen wir auch nicht, dass das kulturelle Angebot weitgehend die Attraktivität und das Image einer Kommune oder eines Landes bestimmt. Investitionen in Kultur rechnen sich und bringen – das kann nicht oft genug wiederholt werden – sogar nachweislich wirtschaftlich messbare Erträge.

In diesem Sinne wünschen wir uns mehr Respekt für die erfolgreiche künstlerische Arbeit und viele weitere innovative Impulse für unsere Gesellschaft in 2011. Frohes Neues Jahr!

Gerrit Wedel

 

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