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Hoffnungsvoller Blick in die Zukunft
Ideen und Perspektiven im Fadenkreuz der VdO · Von Stefan
Moser Zum zweiten Mal in diesem Jahr trafen sich Vertreter der VdO mit
interessierten aktiven und ehemaligen Tänzerinnen und Tänzern
und mit Funktionsträgern, um über das Thema Transition/Karriereübergang
sowie andere verbandsrelevante Themen zu diskutieren und die Meinungen
derer einzuholen, die in erster Linie Betroffene sind oder sein
werden.
Das Treffen fand in der Sächsischen Staatsoper in Dresden
statt. Die Organisation vor Ort übernahm diesmal die Bundesvorsitzende
der VdO, Margot Ehrlich, die auch an der Diskussionsrunde teilnahm.
Außerdem waren die Hauptdiskussionspartner unseres ersten
Symposiums vom 1. Februar in Berlin anwesend: Sabrina Sadowska
(Mitglied des Präsidiums der Bundesdeutschen Ballett- und
Tanztheaterdirektorenkonferenz BBTK und der AG Transition der ständigen
Konferenz Tanz e.V.), Kathy Pope (ehemalige Tänzerin Deutsche
Oper Berlin, Charakterdarstellerin und Initiatorin des Education-Programmes
des Staatsballetts Berlin), Tobias Könemann (Geschäftsführer
VdO), Gerrit-Michael Wedel (Justitiar und stellvertretender Geschäftsführer
VdO) und Stefan Moser (Tänzer Bayerisches Staatsballett, Mitglied
des Bundesvorstands der VdO, Personalratsvorsitzender Bayerische
Staatsoper), außerdem Adi Luick (Ballettbetriebsdirektor
des Balletts der Semperoper) und Tänzerinnen und Tänzer
der Ballettcompagnien Dresden, Chemnitz und Halle.
Die Ausgangsüberlegungen zu der Initiative der Symposien wurden
bereits ausführlich geschildert („Behütet, beschützt – verlassen?“, „Oper & Tanz“,
01/09) und die folgenden Informationen bauen auf diesem Bericht
auf. Ein positiver Anfang
Nach kurzer Begrüßung durch Stefan Moser, der hier noch
einmal schilderte, wie die Idee zu den Symposien entstanden ist,
machte erneut Sabrina Sadowska den Anfang mit ihrem Referat, das
auch diesmal ausführlich erläuterte, warum die Errichtung
eines Transition Zentrums Tanz in Deutschland absolut notwendig
erscheint. Sie schilderte noch einmal die Entstehung der BBTK,
der AG Transition und der ständigen Konferenz Tanz e.V. und
belegte die derzeitige unbefriedigende Situation der Tänzerinnen
und Tänzer mit Zahlen und Fakten. Sie erklärte den daraus
resultierenden Gedanken, als Fundament für ein solches Zentrum
eine Stiftung ins Leben zu rufen. Bei dieser Gelegenheit informierte
sie die Anwesenden auch über ihre Fortschritte bei dem schwierigen,
aber unvermeidbaren Thema Fundraising. Der Entwurf der Stiftungssatzung
würde momentan geprüft. Die von ihr aufgezeigten Entwicklungen
zur Gründung der Stiftung und des Transition Zentrums lassen
mit leiser Hoffnung und vorsichtigem Optimismus in die Zukunft
blicken. Die Anwesenden waren jedoch einhellig der Auffassung,
dass dies nur ein Anfang sein kann, dass jede Hilfe – und
sei sie auch noch so klein – weiter benötigt wird, und
dass alle unmittelbar und mittelbar Betroffenen gemeinsam tatkräftig
mit anpacken müssen, um dem Gedanken „Transition“ zu
einem guten Start zu verhelfen. Es wird außerdem darum gehen,
diesen Gedanken dann auch weiter zu leben und ihn am Leben zu erhalten.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs bestätigte sich auch
diesmal, dass der Transition-Gedanke schon während der Ausbildung
eines Tänzers beginnen muss und zwar nicht nur bei ihm selbst,
sondern auch bei den verantwortlichen Ausbildenden. Tänzerabfindung
Anschließend sprach Tobias Könemann über die derzeitigen
Grundstrukturen der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen
(VddB) (auch hier sei verwiesen auf den Bericht in „Oper & Tanz“,
01/09), die besondere Problematik der freien Szene und die allgemeinen
Bedingungen der so genannten „Tänzerabfindung“.
Deren Inanspruchnahme steht jedoch nach Auffassung der Anwesenden
dem Grundgedanken der drei Säulen der Altersvorsorge diametral
entgegen. In vielen Fällen schafft sie erfahrungsgemäß keine
ausreichende finanzielle Basis für einen zweiten Lebensweg.
Könemann berichtete über ein Spitzengespräch der
Verbände mit der VddB vom 4. März 2009. Dort scheinen
erfreulicherweise einige Gedanken, die nicht zuletzt im ersten
Symposium „TanzTransition“ formuliert wurden, gewisse
Beachtung gefunden zu haben: Es wird nach wie vor bei Auszahlung
der Abfindung über eine Zweckbindung nachgedacht, die aber
möglichst unbürokratisch und ohne zu großen Aufwand
kontrolliert werden müsste. Dies könnte zum Beispiel über
eine verpflichtende Beratung eines Betroffenen abgedeckt werden.
Außerdem gibt es Ideen zur Schaffung mehrerer Zeitfenster,
innerhalb derer es verschiedene Unterstützungs-Modelle für
Tänzer geben könnte.
Zum Ersten könnte eine Möglichkeit geschaffen werden,
die bislang nicht vorgesehen war: Bis jetzt war eine Berufsunfähigkeitsrente
für Tänzer auch bei der VddB ausgeschlossen, da man ja
davon ausgehen musste, dass jeder Tänzer vor Erreichen des
Rentenalters berufsunfähig wird. Andererseits ist es jedoch
relativ unwahrscheinlich, dass diese Situation vor dem 30. Lebensjahr „automatisch“ eintritt.
Aus diesem Grund nähert man sich dem Gedanken an, einen Tänzer,
der dann doch vor dem 30. Lebensjahr nachgewiesenermaßen
berufsunfähig wird, dem berufsunfähigen Opernchorsänger,
Schauspieler, Orchestermusiker u.ä. gleichzustellen. Ihm wäre
dann eine Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen, bis er einen
neuen Beruf ergreifen kann, maximal jedoch bis zum Renteneintrittsalter.
Zum Zweiten sollte es dann weiterhin die Möglichkeit der zweckgebundenen
Auszahlung (s.o.) zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr geben, allerdings – und
auch dies ist eine überlegenswerte Neuerung – müsste
der Betrag nicht mehr als Ganzes, sondern könnte auch nur
teilweise in Anspruch genommen werden, der Rest könnte weiter
bei der VddB stehen bleiben. Nach dem 40. Lebensjahr soll, nach
derzeitigem Wissensstand, wie bisher keine Auszahlung der Abfindung
mehr möglich sein, wobei, so Könemann, die letztendliche
Festlegung der Altersstufen noch nicht vorgenommen wurde. Dies
bedarf sicher noch einer genaueren Betrachtung. Dass die-
se aus unserem letzten Symposium resultierenden Anregungen bereits
derart umfassende Berücksichtigung fanden, ist sehr erfreulich
und die VdO ist bestrebt, im Sinne der Betroffenen in diese Richtung
weiter tätig zu sein.
Dies wird der VdO als Berufsverband natürlich umso erfolgreicher
gelingen, je mehr Informationen und Ideen engagierter Mitglieder
aus dem Tanzbereich uns erreichen. Und eine Mitgliedschaft in einem
Berufsverband wie dem unseren sollte gerade in den heutigen Zeiten
keine Unmöglichkeit mehr darstellen, da auch Ballettdirektorinnen
und -direktoren mehr und mehr zu der Erkenntnis gelangen, dass
die Zugehörigkeit ihrer Tänzer zu einem Berufsverband
ihnen nicht etwa größere Beschränkungen auferlegt,
sondern viel eher Sicherheit bezüglich der Größe,
des weiteren Bestehens und der inneren Stabilität ihrer Compagnien
bietet. Struktur und Finanzierung
Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde unter anderem die Struktur
der Geschäftsstelle wie auch die Finanzierung des benötigten
Personals der Stiftung zum Transition Zentrum thematisiert. Zur
Debatte steht auch eine Briefmarkenaktion, bei der Sondermarken
mit einem Zuschlag gedruckt werden könnten. Dieser würde
dann dem Grundstockvermögen der Stiftung zugeführt werden.
Die VdO ist ebenfalls zu einem Brainstorming aufgefordert, wie
sie die Stiftung und das geplante Transition Zentrum, aber auch
die Tänzerinnen und Tänzer selbst praktisch unterstützen
kann. Momentan wird zum Beispiel geprüft, inwieweit Deutschkurse
für ausländische VdO-Mitglieder finanziell gefördert
werden könnten, denn, so Sadowska, gerade die Integration
der ausländischen Tänzerinnen und Tänzer ist ein
wesentlicher Grundbestandteil des Transitionsgedankens. Eine solche
Integration könne über das Erlernen der deutschen Sprache
erfolgen. Vorteile der Mitgliedschaft
Im Anschluss wurde noch ausgiebig über Vor- und vermeintliche
Nachteile einer Mitgliedschaft in einem Berufsverband generell
diskutiert und nach einer allgemeinen Aussprache und Abschlussrunde
waren sich die Teilnehmer einig, dass es in jedem Fall sinnvoll
sei, die Symposien fortzusetzen und durchaus auch auf andere Themengebiete
zu erweitern. Wir hoffen, dass wir auf diese Art und Weise und
durch die entsprechenden Aktivitäten mehr Kolleginnen und
Kollegen aus dem Bereich Tanz erreichen, für unsere Arbeit
interessieren und von den positiven Aspekten einer Verbandszugehörigkeit überzeugen
können. Stefan Moser |