Abschied von einem guten Freund
Zum Tod von Stefan Meuschel · Von Theo Geißler und
Barbara Haack
Stefan Meuschel ist – das haben wir in der letzten Ausgabe
von „Oper & Tanz“ gemeldet – nach schwerer
Krankheit am 7. April gestorben. Eine Würdigung durch seine
Nachfolger im Amt der VdO-Geschäftsführung konnten Sie
im letzten Editorial lesen. Dem Redaktionsteam von „Oper & Tanz“ ist
es ein Bedürfnis, an dieser Stelle seinerseits dieses besonderen
Menschen zu gedenken, mit dem wir zehn Jahre lang insgesamt 60
Hefte in enger Zusammenarbeit produziert haben.
Eine Zusammenarbeit, die nicht immer reibungslos, aber stets von
hohem Qualitätsanspruch, Kompetenz und fruchtbaren Ergebnissen
geprägt war. Wir verlieren mit Stefan Meuschel einen Herausgeber,
Redakteur, akribischen Korrekturleser, einen verlässlichen „Merker“,
der fast jeden sachlichen Fehler, jede inhaltliche Ungereimtheit
in der Schlussredaktion noch entdeckte und korrigierte. Dabei war
Stefan Meuschel Zeitungsmacher ja nur im Nebenberuf. Was war eigentlich
sein Hauptberuf? Eine kurze Übersicht über seine berufliche
Laufbahn haben wir anlässlich seines 70. Geburtstages veröffentlicht:
„Schon mit 20 Jahren unternahm Stefan Meuschel praktische
Filmversuche. Unter anderem erarbeitete er mit dem Komponisten
Josef Anton Riedl
eine filmische Dokumentation über elektronische Musik. Nach
den ersten Filmerfahrungen zog es ihn zum Theater. 1959 engagierte
Hans Schweikart ihn als Dramaturgen an die Münchner Kammerspiele,
1968 holte ihn Boleslaw Barlog in gleicher Position ans Schiller-Theater
in Berlin. Dabei arbeitete er unter anderem mit Samuel Beckett,
Max Frisch und Carl Zuckmayer. Parallel prägte ihn die Tätigkeit
als Regieassistent, unter anderem bei Fritz Kortner. Und er begann
mit eigenen Regiearbeiten, zunächst in der Provinz, dann auch
in Berlin.“ Seit fast 30 Jahren war er nun im Auftrag von Künstler-Gewerkschaften
unterwegs, dabei immer kulturpolitisch aktiv, Gremienmitglied bei
der KSK, dem Regieverband und der VG Bild-Kunst: Im Hauptberuf
war Stefan Meuschel also wohl „Kulturmensch“ im besten
Sinne des Wortes. Nach seinen künstlerischen Stationen bei
Film und Theater wurde er zunächst Gewerkschaftssekretär
beim Bundesvorstand der DAG in Hamburg, 1995 machte ihn die Vereinigung
deutscher Opernchöre und Bühnentänzer (VdO) zu ihrem
Geschäftsführer. Bei allem Engagement für die Künstler,
ihre Tarife und Arbeitsbedingungen verlor er jedoch das Große
und Ganze der Kultur nie aus den Augen. Nicht ohne Grund genoss
er sowohl das volle Vertrauen „seiner“ Gewerkschafts-Mitglieder
als auch den Respekt der Gegner am Verhandlungstisch.
Wichtiger
als die Zahl hinter dem Komma war ihm das Fortbestehen der (Theater-)Kultur
in all ihrer Vielfalt und in ihrer kritischen Reflexion des menschlichen
Lebens. Den „kulturellen Sand im Getriebe“ forderte
er im „Oper & Tanz“-Interview, „wenn die
weltweite Vernetzung nicht zum Amüsierbetrieb auf dem Vulkan“ werden
solle.
Nicht immer bequem war Stefan, wenn er – wo alle anderen
schon den gemütlichen Teil des Abends bei gutem Essen und
gutem Wein vor Augen hatten – noch einmal den Rotstift hob
und mit Akribie und umfassendem Wissen einen Satz, eine Zahl, einen
beschriebenen Zusammenhang korrigierte, wenn er Texte, die seinem
Anspruch nicht genügten, rabiat veränderte oder gleich
ganz strich. Der Qualität des Heftes tat dies regelmäßig
sehr gut. Wenn alle anderen den Gedanken an Wein und Essen schon fast aufgegeben
hatten, wurde er doch immer wieder Realität. Dazu gab es lange
und gute Gespräche wie Diskussionen. Und so wurde aus der
beruflichen Zusammenarbeit schnell viel mehr. Das Kultur- und vor
allem das Theaterleben verliert mit Stefan Meuschel einen klugen,
umfassend gebildeten, kritisch-analytischen und höchst engagierten
Kämpfer für die Sache. ConBrio und das Team von „Oper & Tanz“ verlieren
darüber hinaus einen guten Freund.
An zwei Zitate aus dem oben erwähnten Interview (ebenfalls
zum 70.), beispielhaft für sein Denken und Handeln, möchten
wir hier noch einmal erinnern:
„Im politischen Bereich sind Erfolge stets das Ergebnis
gemeinsamer Anstrengungen, auch der Kooperation mit anderen Organisationen.“
„Neben ihren tarif- und betriebspolitischen Aufgaben ist
die Künstlergewerkschaft einem Kulturauftrag verpflichtet,
der nicht nur in der Sicherung von Arbeitsplätzen und Kultureinrichtungen,
sondern auch im Erhalt einer kulturellen Grundversorgung und eines
hohen künstlerischen Niveaus besteht. Das hat auch eine
besondere partnerschaftliche Beziehung zum Arbeitgeberlager zur
Folge.“
Ich möchte mich an dieser Stelle
sehr herzlich für die große Anteilnahme, die ich zum
Tod meines Mannes erfahren habe,
bedanken.
Es hat mir sehr geholfen und war mir ein großer Trost!
Wie Sie sicher alle wissen, haben Stefan und ich sehr gerne für
die VdO gearbeitet.
Ich freue mich, auch weiterhin für die Redaktion von „Oper & Tanz“ tätig
zu sein.
Monika von Loeben-Meuschel
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