TVK-Verhandlungen unterbrochen
Die Verhandlungen über die Neufassung des Tarifvertrages für
die Musiker in Kulturorchestern (TVK), die seit mehr als zweieinhalb
Jahren zwischen dem Deutschen Bühnenverein (DBV) und der Deutschen
Orchestervereinigung (DOV) geführt werden, sind überraschenderweise
am 24. April 2007 unterbrochen worden – „ohne Vereinbarung
eines neuen Termins“, wie es in der Tarif-Diplomatie heißt.
Im Wesentlichen ist es ein Punkt, über den – trotz des
im Übrigen fast abschlussreifen Verhandlungsstands – Verständigung
nicht erzielt werden konnte: Wie sollen künftige Anpassungen
der Vergütungen im öffentlichen Dienst auf die Orchestermusiker übertragen
werden?
Seit 1957 erhielten die Musiker gemäß § 55 TVK
stets dieselben Vergütungserhöhungen wie die Angestellten
im öffentlichen Dienst. Wie auch im Normalvertrag Bühne
lautete die Anpassungsbestimmung: „Werden die Grundvergütungen
der unter den Bundes-Angestelltentarifvertrag fallenden Angestellten
des Bundes rechtsverbindlich allgemein geändert, sind die
Grundvergütungen und Tätigkeitszulagen der Musiker diesen
Veränderungen durch Tarifvertrag sinngemäß anzupassen.“ Diesen
Anpassungsanspruch hat das Bundesarbeitsgericht 1994 ausdrücklich
bestätigt.
Inzwischen gilt aber nur noch in den Ländern Berlin und Hessen
der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT). Die übrigen Bundesländer
haben die Verhandlungsgemeinschaft mit Bund und Kommunen verlassen
und mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes einen
eigenständigen Tarifvertrag abgeschlossen, den „Tarifvertrag
für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)“.
Der Bund und die Kommunen hingegen haben sich mit den Gewerkschaften
auf den „Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD)“ verständigt.
Beide Verträge weisen bereits heute unterschiedliche Vergütungsregelungen
auf. Nun mag zwar zu hoffen sein, dass mittelfristig sich Kommunen,
Länder und Bund zumindest im Vergütungsbereich wieder
auf eine Verhandlungsgemeinschaft verständigen, dass sich
Berlin und Hessen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder wieder
anschließen – doch Tatsache ist zurzeit, dass es zwei
neue Flächentarifverträge und darüber hinaus zwei
Länder gibt, die – zurzeit ohne jede Vergütungsanpassung – den
alten BAT anwenden. Was soll also im Fall künftiger unterschiedlicher
Tarifbewegungen im öffentlichen Dienst geschehen?
Die DOV hält es für nicht akzeptabel, dass dann ein unmittelbarer
Rechtsanspruch nur auf die jeweils geringste Vergütungsanhebung
bestehen soll, wie es sich der Bühnenverein vorstellt. Sie
fordert, die Anpassung müsse sich automatisch an den Vergütungsanhebungen
orientieren, die der jeweilige Rechtsträger des Orchesters
auf seine Angestellten im öffentlichen Dienst anwendet. Das
wiederum lehnt der Bühnenverein ab.
Auch der Bundestarifausschuss der VdO wird sich mit diesem Problem
zu befassen haben. Als VdO und GDBA am 15. Januar 2006 den 2. Änderungstarifvertrag
zum Normalvertrag Bühne mit dem DBV vereinbarten, stellet
es sich noch gar nicht: Es gab noch keinen TV-L und die Gewerkschaften
des öffentlichen Dienstes verhandelten mit der TdL unter der
Maßgabe, das einheitliche Tarifrecht im öffentlichen
Dienst der Bundesrepublik zu erhalten. M.
Privates Schimpfen erlaubt
Abfällige Bemerkungen über den Chef einer Firma, die
im privaten Umfeld gefallen sind und der Firmenleitung hinterbracht
wurden, dürfen nicht der Begründung einer fristlosen
Kündigung dienen. Der Arbeitnehmer dürfe darauf vertrauen,
dass eine Meinungsäußerung im privaten Bereich, selbst
wenn sie eine Beleidigung darstellt, nicht an den Betroffenen weitergegeben
wird, entschied das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
(AZ: 1 Sa 69/06).
Sozialplan darf erstreikt werden
Streiks zur Durchsetzung von Sozialtarifverträgen bei drohenden
Entlassungen durch Produktionsverlagerungen oder andere Betriebsänderungen
sind nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zulässig. „Gewerkschaften
dürfen zu Streiks für einen Tarifvertrag aufrufen, in
dem wirtschaftliche Nachteile aus einer Betriebsänderung ausgeglichen
oder gemildert werden“, urteilte das BAG in Erfurt. Typische
Sozialplaninhalte wie Ansprüche auf Abfindungen oder Qualifizierungsangebot
seien tariflich regelbare Angelegenheiten, heißt es weiter
in dem Urteil. Mit Streiks dürften Gewerkschaften auch „sehr
weitgehende Tarifforderungen“ im Fall von Betriebsänderungen
verfolgen.
Das Betriebsverfassungsgesetz schränke die Regelungsbefugnis
von Tarifvertragsparteien nicht ein, führte das BAG aus. Der
Umfang einer Streikforderung, die auf ein tariflich regelbares
Ziel gerichtet sei, unterliege zudem wegen der im Grundgesetz gewährleisteten
Koalitionsfreiheit von Gewerkschaften und im Interesse einer funktionierenden
Tarifautonomie keiner gerichtlichen Kontrolle (AZ: 1 AZR 252/06).
Passivraucher
Wer von seiner Betriebsleitung nicht vor rauchenden Kolleginnen
und Kollegen geschützt werde, habe das Recht zur sofortigen
Auflösung seines Beschäftigungsverhältnisses und
Anspruch auf sofortigen Bezug von Arbeitslosengeld. Mit dem Zwang
zum passiven Mitrauchen liege der im Gesetz vorgesehene „wichtige
Grund“ für eine sofortige Kündigung vor. Die
Arbeitsagentur dürfe in diesem Fall keine Sperrzeit verhängen,
urteilt das Hessische Landessozialgericht am 7. Mai 2007 (AZ:
L6 AL 24/05).
Für die Rechtsberatung der VdO-Mitglieder stehen zur Verfügung:
Rechtsanwalt Tobias Könemann
Liebermannstraße 23, 55127 Mainz
Rechtsanwalt Gerrit-Michael Wedel
Marburger Straße 2, 10789 Berlin
Rechtsanwalt Bruno Lehmann wird seine Tätigkeit als Justiziar
der VdO am 30. Juni 2007 beenden.
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