Die GVL
Leistungsschutzrechte ausübender Künstler · Von
Burkhard Sehm
Was erhält eigentlich ein Musiker von einem Radiosender, dessen
im Handel erhältliche Aufnahme im Radio gespielt wird? Nichts!
Jedenfalls nicht unmittelbar von der Sendeanstalt. Denn bei der
Sendung erschienener Tonträger handelt es sich um eine so
genannte Zweitverwertung der in der Aufnahme verkörperten
Leistungsschutzrechte, die – wie auch andere Zweitverwertungen – über
die GVL vergütet wird.
Seit 1959 nimmt die GVL die Rechte von ausübenden Künstlern,
Tonträgerherstellern und Veranstaltern wahr. Zu den ausübenden
Künstlern zählen Personen, die urheberrechtlich schutzfähige
Werke künstlerisch darbieten oder an der Darbietung künstlerisch
mitwirken, so zum Beispiel Musiker, Sänger, Tänzer oder
Schauspieler. Den Tonträgerherstellern und Veranstaltern wird
ein Leistungsschutzrecht für ihre organisatorische und wirtschaftliche
Verantwortung bei der Veröffentlichung beziehungsweise der öffentlichen
Veranstaltung von künstlerischen Darbietungen zugebilligt.
Leistungsschutzrechte dienen unter anderem dem Schutz der Rechtsinhaber
gegen unautorisierte Nutzung ihrer Leistungen und dem Zweck ihrer
wirtschaftlichen Beteiligung an der geldwerten Nutzung ihrer Leistungen. Erst- und Zweitverwertung
Das Urheberrechtsgesetz differenziert hinsichtlich der Nutzung
von Leistungsschutzrechten zwischen der so genannten Erst- und
Zweitverwertung. Im Bereich der Erstverwertung können die
Rechtsinhaber frei entscheiden, ob, wem und zu welchen Bedingungen
sie eine Nutzung ihrer Leistungen erlauben wollen, und schließen
mit den Verwertern individuelle Verträge über die Verwertung
ihrer Rechte: zum Beispiel Musiker durch Künstlerverträge
mit Tonträgerherstellern über die Vervielfältigung
und Verbreitung von Tonträgern oder Schauspieler durch Darstellerverträge
mit Produktionsunternehmen oder Sendeanstalten über die Sendung
von Filmproduktionen. Derartige Erstverwertungen ziehen in der
Regel weitere (Zweit-)Verwertungen nach sich. Diese sind: Die Sendung
erschienener Tonträger und Videoclips, die öffentliche
Wiedergabe erschienener Tonträger, Bildtonträger und
Sendungen, die entgeltliche Vermietung und der unentgeltliche Verleih
erschienener Tonträger und Bildtonträger, die private Überspielung
erschienener Tonträger, Bildtonträger und Sendungen,
die Kabelweitersendung künstlerischer Darbietungen und die
Verwendung erschienener Tonträger und Bildtonträger in
Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch. Verteilungspläne Da diese Zweitverwertungen als Massennutzungen der individuellen
Kontrolle durch die Rechtsinhaber weitestgehend entzogen sind und
eine Einholung der Nutzungsrechte durch die Verwerter für
jeden einzelnen dieser Nutzungsvorgänge unzumutbar oder sogar
unmöglich wäre, hat sich der Gesetzgeber entschieden,
derartige Nutzungen gesetzlich zu erlauben und im Gegenzug hierzu
den Rechtsinhabern einen Anspruch auf angemessene Vergütung
zu verleihen. Diese Vergütungsansprüche werden von den
Leistungsschutzberechtigten durch Verträge zur treuhänderischen
Wahrnehmung an die GVL übertragen, die bei den Nutzern die
Vergütungen auf
Basis aufgestellter Tarife und im Rahmen von Verträgen einfordert
und an die Leistungsschutzberechtigten gemäß den beschlossenen
Verteilungsplänen verteilt.
Zu welchen Bedingungen die Rechte und Ansprüche der Rechtsinhaber
wahrzunehmen und wie die eingenommenen Vergütungen zu verteilen
sind, beschließt der 24-köpfige Beirat der GVL. Dieser
setzt sich zusammen aus zwölf Mitgliedern, die von den Gesellschafterinnen
der GVL – der Deutschen Orchestervereinigung e.V. und der
Deutschen Landesgruppe der IFPI (International Federation of the
Phonographic Industry) – vorgeschlagen werden. Die weiteren
zwölf Mitglieder setzen sich paritätisch aus Mitgliedern
aller Berechtigtengruppen der GVL zusammen: zwei Mitglieder aus
der Gruppe der Tonträgerhersteller und jeweils ein Mitglied
aus der Gruppe der Dirigenten, der Instrumentalsolisten, der Gesangs-
und Tanzsolisten, der Orchester, der Chor- und Ballettmitglieder,
der Studiomusiker, der Schauspieler und künstlerisch Vortragenden,
der Regisseure, der Bild- und Tonträgerhersteller und der
Veranstalter. Steigende Einnahmen
Die GVL hatte im Jahr 2005 Gesamteinkünfte in Höhe von
etwa 150 Millionen Euro. Die höchsten Umsätze werden
regelmäßig im Bereich der Tonträger- und Videoclipsendung
generiert; im Geschäftsjahr 2005 betrugen die Sendeeinnahmen
von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern knapp 75 Millionen
Euro. Weitere bedeutende Einnahmequellen sind die Vergütungen
für die öffentliche Wiedergabe von Tonträgern, Bildtonträgern
und Radio- und Fernsehsendungen (Einnahmen im Geschäftsjahr
2005: knapp 34 Millionen Euro) sowie die Vergütungen für
die private Vervielfältigung von Tonträgern und Bildtonträgern
(Einnahmen im Geschäftsjahr 2005: knapp 38 Millionen Euro).
Die Verteilung der Zweitverwertungsvergütungen an die Rechtsinhaber
folgt jährlich aktualisierten Verteilungsplänen. So wird
die Vergütung für Tonträgerhersteller für sämtliche
möglichen Zweitverwertungen erschienener Tonträger auf
Basis der tatsächlichen Sendenutzung ermittelt und lag im
Jahr 2005 bei etwa 1,90 Euro pro Sendeminute. Die Ermittlung der
Vergütungen für die ausübenden Künstler für
die Zweitverwertung ihrer Rechte erfolgt hingegen auf Basis des
für die Erstverwertung ihrer Rechte erhaltenen Honorars: so
erhielt ein Musiker für sämtliche möglichen Zweitverwertungen
seiner Rechte aus einer erschienenen Tonträgerproduktion im
Jahr 2005 einen Aufschlag von etwa 45 Prozent auf das Erstverwertungshonorar.
Da die Höhe der an die Berechtigten ausgeschütteten Vergütung
unmittelbar von der Höhe der Einnahmen der GVL abhängig
ist, ist die GVL ständig darauf bedacht, die Tarife und Verträge
mit den Nutzern zu Gunsten der Berechtigten anzupassen. In den
vergangenen Jahren konnte auch aufgrund dessen eine kontinuierliche
Steigerung der Einnahmen verzeichnet werden und auch kommenden
Jahren blickt die GVL für ihre Berechtigten zuversichtlich
entgegen. Burkhard Sehm ist Justitiar und Abteilungsleiter Künstlerverteilung
der GVL.
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