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Tarifverhandlungen 2005 – Anpassungen an
TVöD
Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes unter Verhandlungsführung
der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di haben sich mit
Bund und Kommunen am 9. Februar 2005 über die Eckdaten eines
neuen „Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst
(TVöD)“ verständigt, der voraussichtlich ab dem
1. Oktober 2005 die bisher geltenden sechs Flächentarifverträge
ablösen wird (BAT, BAT-O, MTArb, MTArb-O, BMT-G, BMT-G-O).
Die VdO wird am 27. April 2004 mit dem Deutschen Bühnenverein
Verhandlungen darüber aufnehmen, welche Auswirkungen die Neuregelungen
des TVöD, insbesondere im Entgeltbereich, auf den Normalvertrag
Bühne haben. Denn § 58 Abs. 4 (Solo), § 67 Abs. 3
(Technik), § 76 Abs. 4 (Chor) und § 89 Abs. 4 (Tanz) bestimmen,
dass Gagen und Rahmenbeträge der Gagenklassen durch Tarifvertrag
sinngemäß anzupassen sind, wenn die Grundvergütungen
der unter den Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) fallenden Angestellten
des Bundes rechtsverbindlich allgemein geändert werden. Eine
derartige Änderung liegt mit der vorgesehenen Überleitung
der Angestellten des Bundes in die neue „Entgelttabelle TVöD“
vor, in die allgemeine Zulagen sowie Orts- und Sozialzuschläge
bisherigen Rechts eingearbeitet sind. Bestandsschutz zum Zeitpunkt
der Überleitung zum 1. Oktober 2005 ist gewährleistet.
Lineare, prozentuale Entgeltanhebungen sieht der TVöD, der
eine Mindestlaufzeit bis zum 31. Dezember 2007 hat, für das
Tarifgebiet West nicht vor; stattdessen erhalten die Beschäftigten
in den Jahren 2005, 2006 und 2007 Einmalzahlungen in Höhe von
300 Euro, die wie folgt ausgezahlt werden: Je 100 Euro zum 1. April,
1. Juli und 1. Oktober 2005, je 150 Euro zum 1. April und 1. Juli
der Jahre 2006 und 2007. Diese Regelung gilt auch für die Bundesangestellten
im Tarifgebiet Ost. Für die Beschäftigten der kommunalen
Arbeitgeber im Tarifgebiet Ost wird anstelle der Einmalzahlungen
der West-Ost-Bemessungssatz jeweils zum 1. Juli 2005, 1. Juli 2006
und 1. Juli 2007 um 1,5 Prozentpunkte angehoben; er steigt also
von derzeit 92,5 auf 97 Prozent.
Im Tarifgebiet West wird in den Jahren 2005 und 2006 eine Jahressonderzahlung
auf der bisherigen Grundlage, also bestehend aus Zuwendung und Urlaubsgeld
gezahlt. Ab 2007 soll diese Jahressonderzahlung einerseits dynamisiert,
andererseits prozentual gestaffelt werden mit 90 Prozent für
die unteren, 80 Prozent für die mittleren und 60 Prozent für
die oberen Entgeltgruppen. Die ab 2007 anzuwendende Bemessungsgrundlage
ist in den Nachverhandlungen noch festzulegen. Im Tarifgebiet Ost
beträgt die Jahressonderzahlung 75 Prozent der jeweiligen Jahressonderzahlung
des Tarifgebiets West.
Für das Tarifgebiet Berlin gilt der TVöD zunächst
nicht, da Berlin den kommunalen Arbeitgeberverbänden nicht
angehört. Er gilt auch nicht für die Beschäftigten
der Bundesländer, da er bisher nur mit dem Bund und der Vereinigung
kommunaler Arbeitgeberverbände abgeschlossen worden ist (vgl.
hierzu Editorial der „Oper
& Tanz“-Ausgabe 1/2005).
Der Bundestarifausschuss der VdO wird Anfang April die Verhandlungen
mit dem Bühnenverein vorbereiten.
VdO bei Gitta Connemann
Zu einem Meinungsaustausch trafen sich in Berlin die Vorsitzende
der Bundestags-Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“,
Gitta Connemann (CDU), und der Geschäftsführer der VdO,
Stefan Meuschel. Connemann erläuterte den Auftrag der Kommission
dahingehend, dass sie prüfen und aufzeigen wolle, ob und wie
der Bundesgesetzgeber durch Reformen im Arbeits-, Sozial-, Tarif-,
Steuer-, Vergabe- und Urheberrecht dazu beitragen könne, den
kulturellen Auftrag weiterhin flächendeckend umzusetzen. Die
Verankerung des „Staatszieles Kultur“ in der Verfassung
sehe die Kommission dabei als äußerst wichtigen Schritt
an.
Die „Hochkultur“, so auch die Opernhäuser und
das Tanztheater, sollte sich bewusst sein, dass ihre flächendeckende
Existenz in Deutschland nur noch bedingt von einem gesamtgesellschaftlichen
Konsens getragen sei. Die Forderung, das deutsche Theater- und Kulturorchester-System
müsse in seiner Unverwechselbarkeit erhalten bleiben, dürfe
sich nicht nur als „l’art pour l’art“ begründen,
sondern müsse sich auch konkret nach dem gesellschaftlichen
„Nutzen“ befragen lassen. Der müsse dem gewählten
Volksvertreter in Stadt, Land und Bund vermittelt werden können.
Eine Anhörung der Verbände des Theater-, Opern- und Kulturorchester-Bereichs,
auch zu dem vorliegenden Gutachten Peter Raues, werde es aller Wahrscheinlichkeit
nach nicht geben.
Sozialkarte
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat angesichts der hohen
Armutsquote in Berlin vorgeschlagen, eine „Sozialkarte“
einzuführen, mit der es bei allen mit öffentlichen Mitteln
geförderten Kultureinrichtungen eine 50-prozentige Preisermäßigung
auf die Eintrittskarte geben solle. Die Ermäßigung solle
auch für Museen gelten. Ferner sollten Inhaber der Sozial-Karte
unverkauft gebliebene Billets für Theater- und Konzertveranstaltungen
an der Abendkasse kostenlos erhalten.
VdO Hamburg spendet
Dem Erlös der zwei Benefiz-Vorstellungen der Richard Strauss-Oper
„Die Frau ohne Schatten“ zu Gunsten der Opfer der Flutkatastrophe
in Südostasien, die die Hamburgische Staatsoper durchführte,
fügte der VdO-Ortsverband 700 Euro hinzu. Der Gesamtbetrag
ging anschließend unter dem Stichwort „Seebebenopfer“
an die „Ärzte für die dritte Welt“, EKK-Bank,
BLZ 500 605 00, Konto 104 888 880. Vielleicht wollen sich auch andere
VdO-Ortsverbände beteiligen?
Ehrenamt für Meuschel
Die Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung,
Ulla Schmidt, berief Stefan Meuschel, Geschäftsführer
der VdO und Mitherausgeber unserer Zeitschrift, „als sachkundigen
Vertreter für den Bereich darstellende Kunst“ für
weitere vier Jahre in den Beirat der Künstlersozialkasse. Er
ist als einer der Versichertenvertreter in das Amt berufen worden.
Meuschel ist bereits seit 1983 Beiratsmitglied der KSK.
Tarifausschuss
Neuer Vorsitzender des aus 16 Mitgliedern bestehenden, von der
Hauptversammlung zu wählenden Tarifausschusses des Deutschen
Bühnenvereins ist Wilhelm Hüllmantel, Ministerialdirigent
im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, Leiter der Abteilung
II (Recht des öffentlichen Dienstes und Personalverwaltung).
Zu seinem Stellvertreter wurde der Geschäftsführer des
Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern e.V., Dr. Armin Augat, gewählt.
Dauerbrenner: Haustarifverträge
Die an den deutschen Bühnen vertretenen Gewerkschaften DOV,
GDBA, ver.di (damals noch DAG und ÖTV) und VdO hatten sich
am 2. November 1999 in einer „Gemeinsamen Erklärung“
auf Voraussetzungen und Bedingungen für den Abschluss von Haustarifverträgen
verständigt (abgedruckt in „Oper & Tanz“ Ausgabe
6/1999, S. 27). War 1999 der einen Teil-Gehaltsverzicht der Beschäftigten
beinhaltende Haustarifvertrag die Notlösung, um einem Theater
einen zeitlich begrenzten finanziellen Engpass überbrücken
zu helfen, so ist er heute in einer Vielzahl von Fällen, von
Annaberg-Buchholz im Südosten bis zum Landestheater Schleswig-Holstein
im Nordwesten, die einzige Möglichkeit, angesichts brutal abgesenkter
Betriebszuschüsse das Theater zu erhalten und Personalabbau
– bis hin zur Spartenschließung – zu verhindern,
zumindest zu minimieren.
Die Gewerkschaften DOV, GDBA, ver.di und VdO beschlossen bei einer
Zusammenkunft am 8. März 2004 in Berlin, ihre „Gemeinsame
Erklärung“ aufrecht zu erhalten – ungeachtet der
Erkenntnis, dass die zeitliche Begrenzung der Verträge und
die Rückkehr zum Flächentarifvertrag meist Wunschvorstellungen
sind. Vereinbart wurde mehr gemeinsames Vorgehen; insbesondere sollen
gemeinsame Sondierungsgespräche mit der jeweiligen Bühne
und den Tarifpartnern (öffentliche Arbeitgeber und Bühnenverein)
der Verhandlungsaufnahme vorgeschaltet werden.
Wir gratulieren
zum 25-jährigen VdO-Jubiläum
Gerd Freissegger, Ulmer Theater
zum 40-jährigen Bühnenjubiläum
Rolf Telling, Oper Leipzig, Opernhaus
zum 25-jährigen Bühnen-Jubiläum
Eberhard Dunkel, Altenburg-Gera Theater GmbH, Landestheater Altenburg
Jan Bien, Oper Frankfurt am Main
Martha Raudonus, Oper Frankfurt am Main
Fundgrube:
Hochprozentige Verwirrungen
Feuilletonleser und Kulturpolitiker entnehmen der Presse, das
Theater A habe, verglichen mit dem Vorjahr, seine durchschnittliche
Auslastung von 60 auf 65 Prozent steigern können, das Theater
B hingegen habe eine Minderung seiner Auslastung von 70 auf 65 Prozent
hinnehmen müssen. Erfolglosigkeit und Misswirtschaft herrschen
im Theater B, vermittelt sich dem Leser, der nicht weiß, dass
Theater A gerade mal 200 Plätze hat, also durchschnittlich
zehn Besucher hinzugewinnen konnte, während Theater B mit seinen
500 Plätzen immer noch 325 Besucher pro Vorstellung hatte,
zwar 25 weniger als im Vorjahr, aber 195 mehr als das Theater A.
Zu ähnlichen, eher verwirrenden als erhellenden Erkenntnissen
müssen die Leser der in der Presse veröffentlichten Statistiken
der „Stiftung Oper in Berlin“ gelangen. Weder wird ihnen
die Bezugsgröße der veröffentlichten Prozentzahlen,
nämlich die unterschiedliche Platzzahl der drei Opernhäuser
mitgeteilt (Komische Oper 1.270, Staatsoper 1.396, Deutsche Oper
1.865), noch erfahren sie die Veränderungen der Besucherzahlen
pro Vorstellung von 2003 auf 2004 (KO: 619 auf 669, StO: 1.067 auf
1.016, DO: 1.155 auf 1.194), sondern sie lesen nur die von 2003
auf 2004 veränderten Prozentzahlen der durchschnittlichen Auslastung
(KO: 48,7 zu 52,7; StO: 76,4 zu 72,8; DO: 61,9 zu 64,0). Dass beispielsweise
die 64 Prozent der Deutschen Oper 178 Besucher pro Vorstellung mehr
bedeuten als die 72,8 Prozent der Staatsoper bleibt ihnen verborgen.
Noch aussageschwächer wird die Statistik dadurch, dass für
2004 die Besucherzahlen des in Deutsche Oper und Staatsoper auftretenden
Staatsballetts (mit nur 56,5 Prozent durchschnittlicher Auslastung)
gesondert erfasst wurden.
Merke: Vertraue keiner Statistik, die du nicht selbst manipuliert
hast.
Bayreuth: Eine Chance für Schlingensief
Die Leitung der Bayreuther Festspiele reagierte auf die Bitte des
„Parsifal“-Dirigenten Pierre Boulez, Wolfgang Wagner
möge das dem Regisseur Christoph Schlingensief wegen Unstimmigkeiten
auferlegte Hausverbot aufheben, mit der lakonischen Feststellung,
ein solches Hausverbot habe es nie gegeben.
Berliner Mozart ein Münchner Stadtrat
Als „Weltsensation“ bejubelte die Berliner Gemäldegalerie
im vergangenen Jahr die Entdeckung eines in ihren Archiven lagernden,
bisher unbekannten Porträts von Wolfgang Amadeus Mozart. Kunst-
und Musikwelt waren begeistert. Als „Berliner Schmarrn“
entlarvte Münchens Stadtarchivar Richard Bauer den Fund: Das
von dem Münchner Maler Johann Georg Edlinger (1741-1819) gefertigte
Bild stellt den Münchner Kaufmann Joseph Anton Steiner (1753-1813)
dar, der Mitglied des „Äußeren Rats“ der
Stadt war.
Nachricht aus dem Reich des Schönen, Wahren
und Guten (Musikmagazin „taktlos“ des Bayerischen Rundfunks
und der neuen musikzeitung):
Eisenach. Das Landestheater Eisenach schreibt
einen „Peter-Konwitschny-Nachwuchsregie-Preis“ aus.
Zur Bewerbung können junge Regisseure bis 65 Jahre ein ausgearbeitetes
Inszenierungskonzept für die Oper „Carmen“ von
Georges Bizet einreichen. Mit Sonderpreisen versehen werden die
längste und die blutigste Mord-Szene, wobei die Wahl der Waffen
freigestellt ist. Gute Chancen rechnet sich Regie-Jungstar Peter
Konwitschny selbst aus, der den Show-Down mit einer Kettensäge
und drei hungrigen Mastinos ausgestalten will.
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