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Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Chemnitz
Neues Ungemach droht dem Städtischen Theater Chemnitz, dessen
Beschäftigte ohnehin schon durch Teil-Gehaltsverzicht zur Fortexistenz
ihres Hauses beitragen. Die Stadt muss in einem Konsolidierungshaushalt
ein Defizit von 28 Millionen Euro schließen; 3,5 Millionen
Euro davon sollen in den nächsten drei Jahren durch Kürzung
des Theater-Betriebszuschusses erwirtschaftet werden. Das Theater
rechnete der Stadt vor, dass diese Maßnahme die Streichung
von 150 Stellen bedeuten würde.
Freiburg
Das Theater Freiburg hat einiges zu verkraften: Erst muss es eine
Budget-Kürzung um 1,4 Millionen Euro hinnehmen, dann kündigt
die Intendantin, Amélie Niemeyer, zum Ende der Spielzeit
2005/06 ihren Wechsel nach Nürnberg an, dann beschließt
der Stadtrat voller Anerkennung der vom Theater geleisteten Arbeit
die Umwandlung des bisher als Regiebetrieb geführten Hauses
in einen Eigenbetrieb, um im gleichen Atemzug weitere Kürzungen
des Betriebszuschusses um 500.000 Euro im Jahr 2006, um 250.000
Euro im Jahr 2007 und um erneut 500.000 Euro im Jahr 2008 anzukündigen.
„Die Art und Weise, wie Grüne und CDU am Budget des Theaters
herumkürzen wollen, spottet jeder Beschreibung“, kommentierte
der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Klaus Zehelein.
Ob daraufhin oder aus anderen Gründen bat Karen Kamensek,
die Generalmusikdirektorin, ebenfalls um vorzeitige Auflösung
ihres Vertrages zum Ende der Spielzeit 2005/06 mit der Folge, dass
Niemeyers Nachfolgerin, Barbara Mundel, nach einem neuen musikalischen
Leiter Ausschau halten muss. Angesichts der prekären finanziellen
Lage sehe sie sich aber im Augenblick eigentlich außerstande,
im künstlerischen Bereich Verträge abzuschließen,
erklärte Mundel.
Da kam Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) die rettende
Idee: Man könne doch das Theaterorchester mit dem ebenfalls
in Freiburg ansässigen Sinfonieorchester des Südwestrundfunks
fusionieren. Von einer Million Einsparungsvolumen träumte der
Grüne und war bass erstaunt, dass nicht nur die Musikszene
schon bei dem Gedanken einer Fusion der international renommierten,
auf Neue Musik spezialisierten SWR-Sinfoniker mit dem Freiburger
Theaterorchester in fassungsloses Gelächter ausbrach, sondern
dass auch SWR-Intendant Peter Voß, dem im Hinblick auf das
SWR-Vokalensemble Spargedanken nicht fremd sind, verlauten ließ,
der SWR werde, nur um Freiburg aus der Klemme zu helfen, mit Sicherheit
keines seiner Orchester zerschlagen. Barbara Mundel hat nach langem
Zögern, aber vor Bekanntwerden dieser grün-schwarzen Fusionsträume
ihren Vertrag mit der Stadt Freiburg unterschrieben.
Halberstadt
Ungeachtet des inzwischen weitgehend vollzogenen Sanierungsplanes
(vgl. O&T Ausg. 3/2004, S. 6 und Ausg. 5/2004, S. 7), der die
Entlassung von 40 Beschäftigten vorsieht, kommt das Nordharzer
Städtebundtheater Halberstadt/Quedlinburg nicht zur Ruhe. Weitere
Kürzungen der Betriebszuschüsse des Zweckverbandes, die
aufgrund der Vertragsautomatik auch Kürzungen des Zuschusses
des Landes Sachsen-Anhalt zur Folge haben, bewirken für das
Jahr 2005 ein Defizit von 500.000 Euro. Um weitere 13 Kündigungen
zu vermeiden, hat das Theater um die Aufnahme von Haustarifverhandlungen
ersucht.
Hannover-Hildesheim
Die angekündigte Neuordnung von Finanzierung und Struktur
der niedersächsischen Kommunaltheater und Landesbühnen,
die vom Land mitfinanziert werden, und die generelle Absenkung der
Theaterfördermittel zeitigen erste Folgen. Auf Veranlassung
des niedersächsischen Kulturministeriums haben die Intendanten
der Landesbühne Hannover und des Stadttheaters Hildesheim Gespräche
über eine künftige Zusammenarbeit beider Häuser aufgenommen.
Die Landesbühne ist ein von einem Zweckverband unterhaltenes
Schauspiel-Theater, das rund 50 Abstecher-Orte bespielt, die Stadttheater
Hildesheim GmbH ein Dreispartenhaus mit eigenem Orchester. Von einer
Zusammenfügung beider Theater verspricht sich das Land eine
Kostenminderung.
Saarbrücken
Wie und in welchem Zeitraum die von der saarländischen Landesregierung
beschlossenen Kürzungen der Betriebszuschüsse für
das Staatstheater Saarbrücken (vgl. O&T Ausg. 6/2004, S.
7) realisiert werden können, sollen bis spätestens Juni
2005 zwei von der Regierung bestellte Experten prüfen: der
Verleger und Marketing-Chef des Jüdischen Museums Berlin, Klaus
Siebenhaar, und der Saarbrücker Tarif- und Arbeitsrechtler
Wolfgang Zimmerling. Ihr Konzept solle den Zuwendungsbedarf des
Staatstheaters bis 2009 möglichst nah an die 18,5 Millionen
Euro heranführen, auf die der bisher 24,5 Millionen Euro betragende
Zuschuss schrittweise gekürzt werden soll. Zeitrahmen und genaue
Einsparsumme seien aber „ergebnisoffen“, der Erhalt
der drei Sparten Grundlage der Prüfungen. Als erste Sparmaßnahme
hat der Aufsichtsrat die Schließung der dritten Spielstätte
des Staatstheaters, der 99 Plätze fassenden Studiobühne
„Theater St. Arnual“ zum Ende der laufenden Spielzeit
beschlossen.
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