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Unbedingte Einsatzfreude
Ein Porträt des Freiberg-Döbelner Opernchores ·
Von Werner Wolf
Hut ab vor kleinen Chören wie dem des Mittelsächsischen
Theaters Freiberg/Döbeln. Da ist jeder an jedem Abend und natürlich
auch in den Proben voll gefordert, kann sich keiner in der zweiten
Reihe zurückhalten oder gar verstecken. Und die Sänger
haben nicht nur ihre Partien zu singen und zu spielen. Sie sind
oft auch noch als Tänzer gefordert und zudem in kleinen solistischen
Partien.
Vielfältiges Repertoire
Wer Vorstellungen in den beiden kleinen anheimelnden Häusern
in Freiberg oder Döbeln erlebt, spürt sofort, wie da jeder
mit ganzem Einsatz und echter Spielfreude agiert und singt. Der
vielfältige Spielplan brachte in den letzten Jahren Werke wie
Mozarts „Zauberflöte“, Konradin Kreutzers anderswo
kaum noch aufgeführtes „Nachtlager von Granada“,
Lortzings frühe Liederspiele „Der Weihnachtsabend“
und „Der Pole und sein Kind“, Lortzings ebenfalls selten
gespielten „Hans Sachs“ (dessen jugendliche Abenteuer
durchaus als erster Teil zu Wagners „Meistersingern“
verstanden werden können), Wagners „Fliegenden Holländer“
(mit dem das Ensemble auch auswärts, so in Straßburg
und in Dänemark, gastierte), Verdis „Traviata“,
Bizets „Carmen“, auch Victor Nesslers einst beliebte
Opern „Der Trompeter von Säckingen“ und „Der
Rattenfänger von Hameln“, Puccinis „Bohème“,
Brittens „Sommernachtstraum“. Als Weihnachtsoper steht
nicht nur Humperdincks „Hänsel und Gretel“ im Repertoire,
sondern war vor wenigen Jahren auch Hans Pfitzners „Christelflein“
in stimmungsvoller Inszenierung in ausverkauften Vorstellungen zu
erleben. Als besondere Herausforderung für das Theater erwies
sich die Aufführung des dritten Aktes der Wagnerschen „Meistersinger“
in der als Konzerthalle dienenden Nikolaikirche. Am Ende der jetzigen
Spielzeit wird in der Nikolaikirche Claudio Monteverdis „Orfeo“
die ganze Kraft des Theaters, auch des Chores fordern.
Selbstverständlich nehmen Operetten und Musical einen beträchtlichen
Raum im Spielplan ein: Lehárs „Lustige Witwe“,
„Im weißen Rößl“, „Meine Schwester
und ich“, Porters „Kiss me, Kate“, „My fair
Lady“. Und überall ist der Chor gefordert, auch in kleinen
Solopartien oder schon mal in mittleren Rollen wie in der des Dr.
Siedler im „Weißen Rößl“.
Voller Einsatz
Die Theaterbesucher werden schnell von der Intensität der
Gestaltung und der Spielfreude erfasst. Da gibt jeder sein Bestes.
Wer mit Akteuren spricht, erfährt, dass die Solisten, Chorsänger
und Orchestermusiker mit Leib und Seele dabei sind, dass Theater
ihr Leben ist. Die 17 Chormitglieder (zu den 16 angestellten kommt
noch ein begeisterter und voll einsatzfähiger „Ruheständler“)
stehen in fast allen Stücken auf der Bühne. So bereiteten
Ensemble, Chor und Orchester im März mit großer Einsatzbereitschaft
die Einstudierung der kaum noch gespielten Lortzing-Oper „Rolands
Knappen“ vor. In der geraten die drei Knappen des in der Schlacht
gegen die Sarazenen gefallenen sagenhaften Ritters Roland in allerlei
verhängnisvolle Situationen und haben mancherlei Abenteuer
zu bestehen. Vor allem der Männerchor hat da zu tun und wird
von einigen Studenten des Freiberger Universitätschores verstärkt.
Kulturraum-Ensemble
Entstanden ist die jetzige Theater-GmbH durch eine Neugründung.
Der Kreisrat Döbeln löste das seit 120 Jahren bestehende
Döbelner Stadttheater am 31. Dezember 1992 auf und überließ
dessen Mitglieder ihrem Schicksal. Das schon 1791 eröffnete
Freiberger Stadttheater hatte auch seine Sorgen. Nach mancherlei
Überlegungen und Erörterungen wurde nicht zuletzt dank
des sächsischen Kulturraumgesetzes die jetzige Lösung
gefunden. Ein Ensemble in der Größe, wie es vorher jedes
der beiden Theater hatte, wurde für den mittelsächsischen
Kulturraum gebildet. Arbeitslos gewordene Döbelner Künstler
fanden wieder eine Wirkungsstätte. Gesellschafter des Theaters
sind die Städte Döbeln und Freiberg sowie der Landkreis
Freiberg. Den größten Teil des Etats erhält das
Theater vom Kulturraum Mittelsachsen, zu dem die Landkreise Döbeln,
Freiberg und Mittweida gehören. Entsprechend spielt das Theater
nicht nur in den beiden Stammhäusern, sondern auch in anderen
Orten des Kulturraumes.
Werner Wolf
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