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Schwieriger Übergang
Die Stiftung Tanz-Transition wurde in Hamburg präsentiert · Von
Annette Bopp Dass am 21. Juni im Hamburger Ballettzentrum nur vier Journalisten
zur schon seit gut zwei Wochen bekannten Pressekonferenz zusammenkamen,
wirft ein bezeichnendes Licht auf die Tatsache, dass Themen, die
mit Tanz zu tun haben, selbst in der Tanz-Hochburg Hamburg nicht
immer mit gebührender Aufmerksamkeit gewürdigt werden.
Und das, obwohl hier eine illustre Runde zusammengekommen war,
um eine bereits am 19. Januar 2010 gegründete Institution
nunmehr offiziell aus der Taufe zu heben, die in der Tanzwelt seit
Jahrzehnten herbeigesehnt wird: die „Stiftung Tanz – Transition
Zentrum Deutschland“.
Ignoranz beim Arbeitsamt
Anders als Leistungssportler nämlich, denen während ihrer
Karriere sage und schreibe 24 von der Bundesregierung bezahlte
Laufbahnberater zur Seite stehen, um den Übergang vom Profisportler
in ein normales Berufsleben zu erleichtern, können sich Tänzer
hierzulande noch nicht einmal an einen einzigen kompetenten Berater
wenden. Nach Beendigung der aktiven Bühnenkarriere sitzen
nicht wenige von ihnen, denen sonst Abend für Abend mit Standing
Ovations gehuldigt wurde und die in der Tanzwelt Stars waren, beim
Arbeitsamt einem ignoranten Sachbearbeiter gegenüber, der
ahnungslos fragt: „Und was haben Sie tagsüber getan?“ Oder: „Wieso
haben Sie während des Tanzens nicht schon etwas Richtiges
gelernt?“ Eine durch und durch entwürdigende Situation
und ein Beweis dafür, „wie wenig in der allgemeinen Öffentlichkeit
bekannt ist über ein Tänzerleben“, wie Sabrina
Sadowska, Vorsitzende der Stiftung, selbst ehemalige Tänzerin
und seit 1999/2000 Stellvertreterin von Ballettdirektor Ralf Dörnen
beim Ballett Vorpommern, sagt.
Die Gründung des Transition Zentrums soll diesem Zustand jetzt
endlich ein Ende machen. Bezuschusst mit einer Anschubfinanzierung
von knapp 60.000 Euro aus den Fördermitteln von Tanzplan Deutschland
wurde die „Stiftung Tanz – Transition Deutschland“ in
Berlin etabliert. Weitere Zustifter sollen über den Vorstand
und das Kuratorium gewonnen werden. Gesucht wird nun ein Projektleiter,
der ein Netzwerk aufbaut, um den Tänzerinnen und Tänzern
als Anlaufstelle zu dienen und Lotse zu sein auf dem Weg in eine
neue Existenz. „Das Transition Zentrum soll außerdem
die Erfahrungen aus dem In- und Ausland bündeln und den Tänzern
zugänglich machen, und es soll eine Schnittstelle sein zu
anderen Institutionen, zum Beispiel zur Bundesagentur für
Arbeit und zu einschlägigen staatlichen Stellen“, betont
Sabrina Sadowska.
Eine Arbeit, die die bestehenden Ballett-Compagnien nicht leisten
können: „Es ist wichtig, dass sich Tänzer ganz
auf den Tanz konzentrieren können und sich keine Sorgen machen
müssen um das, was danach kommt“, betont Hamburgs Ballett-Intendant
John Neumeier, der dem 16-köpfigen Kuratorium der „Stiftung
Tanz – Transition Deutschland“ vorsteht. „Dafür
sorgt das Transition Zentrum, und deshalb werde ich dieses Projekt
unterstützen, soweit und solange ich kann.“
Gerade Deutschland hat so ein Zentrum dringend nötig – hier
gibt es die meisten Tanzgruppen der Welt, insgesamt arbeiten 1.300
Tänzer in einem festen Engagement an deutschen Bühnen,
ganz abgesehen von den zahllosen freien Gruppen. Disziplin, Einsatzfreude,
Teamgeist, Leistungsbereitschaft und schnelle Auffassungsgabe kultivieren
alle Tänzer in ihren aktiven Berufsjahren – und nicht
ohne Grund sind sie als Umschüler meistens die Besten ihrer
Kurse. Ideale Bedingungen also für den Start in ein neues
Berufsleben. Für die richtige Orientierung und Unterstützung
beim Marsch durch den Paragraphendschungel soll ab sofort die Stiftung
sorgen. „Wir tanzen alle an den Abenden und an den Feiertagen
und sind dafür da, dass sich die Menschen bei Kunst und Kultur
erholen können“, sagt Sabrina Sadowska. „Wir geben
uns in diese Aufgabe, wir inspirieren die Menschen – und
dann kommt der Tag, wo wir umgekehrt die Hilfe der Bevölkerung
brauchen, damit wir den Wechsel in ein anderes Berufsleben schaffen.
Da ist es doch nur legitim und normal, dass wir in diesem Anliegen
unterstützt werden.“ Kompetente Besetzung
Dem Vorstand der Stiftung gehören neben Sabrina Sadowska noch
an: Inka Atassi vom Verein Dionysos zur Förderung freier Theaterprojekte;
Ulrike Schmidt, Ballett-Betriebsdirektorin beim Hamburg Ballett;
Georg Graf zu Castell-Castell, Rechtsanwalt und Notar in Berlin
sowie Marc-Aurel von Dewitz von der Deutschen Bank. Das Kuratorium
besteht neben John Neumeier aus Stefan Moser, Tänzer, Personalratsvorsitzender
der Bayerischen Staatsoper und Mitglied des Bundesvorstands der
VdO; Cornelia Dümcke, Kulturökonomin und Inhaberin der
Agentur „Culture Concepts“, die auch die bislang ers-te
und einzige Studie über die Situation der Tänzer in Deutschland
erarbeitet hat; Kim Ry Andersen, Direktor der Dresdner Musikfestspiele;
Rüdiger Bloch, Intendant i.R.; Rolf Bolwin, Geschäftsführender
Direktor des Deutschen Bühnenvereins in Köln; Barbara
Friedrich von der Uferstudios GmbH, Berlin; Rolf Hunck von der
Deutschen Bank, Hamburg; Heather Jurgensen, langjährige Erste
Solistin beim Hamburg Ballett und künftige Co-Direktorin (zusammen
mit ihrem Mann Yaroslav Ivanenko) des Balletts in Kiel; Adil Laraki,
ehemaliger Tänzer beim Ballett Essen und Landesvorsitzender
NRW der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA);
Wolf Mirus, Leitender Regierungsdirektor i.R. und Diplom-Psychologe,
München; Gabriele Naumann-Maerten, Kulturattaché der
kanadischen Botschaft; Oliver Scheytt, Jurist und Geschäftsführer
der RUHR.2010 GmbH; Liane Simmel, Ärztin, ehemalige Tänzerin
und Vorstand von tamed e.V., München; Martin Schläpfer,
Ballettdirektor an der Rheinoper Düsseldorf/Duisburg; Ralf
Stabel von der Staatlichen Ballettschule und Schule für Artistik,
Berlin. Ehrenmitglied des Kuratoriums ist die „Grande Dame
des Tanzes“, Nele Hertling von der Akademie der Künste
in Berlin. Quelle: www.tanznetz.de -
www.annettebopp.de
Annette Bopp
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