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Aktuelle Ausgabe

Editorial

Kulturpolitik
Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Zwischen Hoffen und Bangen
Die Situation des Sorbischen National-Ensembles (SNE)
Sorbische Traditionen bewahren
Ein Gespräch mit der Intendantin des SNE, Milena Vettraino
Ein „Weiter so!“ ist nicht mehr möglich
Das Sorbische Nationalensemble vor dem Exitus


Schwieriger Übergang
Die Stiftung Tanz-Transition wurde in Hamburg präsentiert
Fächerübergreifende Ausbildung
Jan Broeckx, neuer Leiter der Münchner Ballett-Akademie
Vom Tänzer zum Therapeuten
Thierry Paré im Gespräch mit Malve Gradinger

Berichte
Niedliche Ratten in Bayreuth
Neue „Lohengrin“-Inszenierung von Hans Neuenfels
Spiegel gegen das Verbrechen
Weinberg-Opern in Bregenz wiederentdeckt
Viele Blicke, wenig Substanz
Die 12. Münchener Musiktheater-Biennale
Ins Innere der Menschenseele
Eröffnung der Hamburger Ballett-Tage mit John Neumeier

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Kulturpolitik

Brennpunkte

Zur Situation deutscher Theater und Orchester

Berlin

Die letzte Verhandlungsrunde am 28.06. in Berlin hat leider entgegen den hoffnungsvollen Erwartungen, die aus dem vorletzten Verhandlungstermin zwei Wochen zuvor geschöpft werden durften, einen gewaltigen Rückschritt dargestellt.

Zwar konnte ein grundsätzlicher Konsens in Hinblick auf die beim Land unmittelbar beschäftigten Künstler gefunden werden, für die Beschäftigten der Stiftung Oper in Berlin hingegen überraschte die Arbeitgeberseite mit inakzeptablen Vorstellungen: War doch im vorletzten Termin noch Einigkeit dahingehend erzielt worden, dass zwar ein eigenständiger Weg, wirtschaftlich aber für die Künstler (mindestens) ein vergleichbarer Umfang wie im nichtkünstlerischen Bereich zugrunde gelegt werden solle, so litt die Arbeitgeberseite respektive die Stiftung Oper in Berlin bzw. deren Vertreter unter Führung von Generaldirektor Peter F. Raddatz nun offensichtlich unter Gedächtnisverlust und sah die vorhergehenden Verhandlungstermine lediglich als unverbindliche Gespräche an. Es wurden nun Verhandlungsangebote unterbreitet, die gerade wirtschaftlich in erheblichen Teilen hinter dem, was im nichtkünstlerischen Bereich vereinbart worden ist, zurückbleiben und nicht auch nur annähernd annehmbar sind.

Dennoch sollte die (Verhandlungs-)Tür nicht ganz zugeschlagen werden, so dass die Gespräche gegen 01:00 Uhr nachts unterbrochen wurden und nun am 28.08. fortgeführt werden. Wir werden weiter berichten.

Halle

Die erst vor eineinhalb Jahren gegründete Theater, Oper und Orchester GmbH Halle steht vor großen finanziellen Problemen. Konnte die Kultur GmbH die Spielzeit 2009/2010 mit einem Defizit von „nur“ 90.000 Euro noch relativ erfolgreich abschließen, droht für die nächsten beiden Spielzeiten das Zehnfache: massive Finanzlöcher von jeweils 900.000 Euro.

Derzeit laufen mit den Gewerkschaften bereits Sondierungsgespräche für einen Haustarifvertrag, um das Schlimmste abzuwenden. Doch auch ein Haustarifvertrag kann nur eine Zwischenlösung sein, wie Geschäftsführer Rolf Stiska richtig feststellt. Sollte es keine tiefgreifenden Änderungen geben, so lande die GmbH spätestens 2015 in der Zahlungsunfähigkeit, so Stiska. Betriebsbedingte Kündigungen wie auch der Abbau einer der Bühnen (das Thalia-Theater als schwächstes Glied wird diskutiert) stünden bevor.

Zur Gründung der Kultur GmbH hatte sich der Stadtrat noch eindeutig politisch positioniert: Alle Spielstätten und alle Sparten sollten erhalten bleiben. Dazu steht jedoch klar im Widerspruch, dass im Zuschussplan die allfälligen Tarifsteigerungen nicht enthalten sind, was bei einem Personalkostenanteil von über 80 Prozent naturgemäß erhebliche Auswirkungen hat und von Anfang an für die Politik auch klar erkennbar war.

War das Bekenntnis der Politik bei der Gründung also nur ein wertloses Lippenbekenntnis? Ein Haustarifvertrag kann in jedem Falle nur eine vorübergehende Lösung sein. Wie es langfristig weitergehen soll? „Das ist eine politische Entscheidung“, wie Geschäftsführer Stiska zu Recht konstatiert!

Hof

Eine neue Form der Tarifflucht nimmt am Theater Hof Gestalt an: Der Betrieb des bisher als Eigenbetrieb des Zweckverbandes Nordostoberfränkisches Städtebundtheater geführten Hauses wird zum 1. September 2010 auf die neu gegründete Theater Hof GmbH übergehen. Den Beschäftigten – künstlerischen wie nichtkünstlerischen – ist dieser Betriebsübergang angezeigt worden; ihnen wurde freigestellt, ihre Arbeitsverhältnisse unverändert, das heißt (zumindest zunächst) unter Einschluss der Anwendbarkeit der bisher geltenden Tarifverträge auf den neuen Betreiber übergehen zu lassen oder dem Übergang zu widersprechen. Dies hat die Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber fortbesteht, diese Beschäftigten aber dem neuen Betreiber „überlassen“ werden, sich an ihrer Arbeit also nichts ändert. Für diese Widerspruchslösung hat sich praktisch die gesamte Belegschaft entschieden.

Lässt man außer Acht, ob hierfür eine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eingeholt worden ist, erscheint diese Lösung für die Betroffenen zunächst wenig problematisch: Sie behalten ihren bisherigen Arbeitgeber einschließlich der unmittelbaren Tarifbindung. Problematisch wäre die Sache, wenn sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen hätten: die GmbH ist nämlich nicht tarifgebunden; nach Ablauf eines Jahres ist die Anbindung an die künftige Tarifentwicklung nicht mehr gewährleistet. Hier liegt auch der wirkliche Pferdefuß der Neukonstruktion: Neueinstellungen sollen ausschließlich durch die GmbH erfolgen – und das schon jetzt zu Bedingungen, die massiv schlechter sind als die tariflichen. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Theater durch natürliche Fluktuation zum Billiglohnladen mutiert. Das Schlimmste daran: Das Beispiel könnte Schule machen. Von daher wäre auch vom Deutschen Bühnenverein eine Initiative zu erwarten, die derartiges Treiben zumindest massiv anprangert. Doch aus dieser Richtung ist leider – zumindest öffentlich – gar nichts zu hören. Sollte man sich mit solchen Entwicklungen abfinden wollen? Dann drohen den deutschen Theatern unruhige Zeiten.

 

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