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Pina Bausch: „Orpheus und Eurydike“ by Christoph W. Gluck; Mit Yann Bridard, Marie-Agnès Gillot, Maria Riccarda Wesseling, Julia Kleiter, Miteki Kudo, Sunhae Im, dem Ballet de l‘Opéra national de Paris, Balthasar-Neumann Ensemble & Chor unter Thomas Hengelbrock; 104 min; BelAir classiques; ca. 30 Euro

Fast ist es Orpheus gelungen, mit Gesang und Saitenspiel seine kurz nach der Hochzeit gestorbene Eurydike aus der Unterwelt zurückzugewinnen. Doch weil er sich, gegen die Auflage des Hades, schon beim Aufstieg in die Oberwelt nach der Geliebten umdreht, verliert er sie ein zweites Mal. In die lange Liste der Choreografen, von Jean-Georges Noverre (schon 1763) bis zu George Balanchine, Maurice Béjart, John Neumeier, William Forsythe und vielen anderen, die diesen Mythos zu verschiedenen Kompositionen vertanzt haben, reiht sich auch Pina Bausch ein. 1975, ein Jahr nachdem sie als Leiterin des Wuppertaler Tanztheaters angetreten war, kreierte sie ihre Version: eine Tanzoper zu Glucks „Orpheus und Eurydike“. Dass sie schon damals eine Meisterin der Ausdrucks-Geste war, aber auch des Gespürs für Raum und Struktur, ist nun auf einer DVD zu erleben. Und dies dank des doppelten Glücksfalls, dass die Choreografin dieses Werk 2005 mit dem exquisiten Ballett der Pariser Oper einstudiert und Francois Duplat die DVD produziert hat. Dem Produzenten Duplat, nebenbei noch Münchner Kinobesitzer, verdankt man schon die exzellenten Aufnahmen einer Reihe von Balletten der Pariser Oper. Durch seinen Regisseur Vincent Batallion wird Bauschs dramatisch durchatmete Choreografie so sensibel ins Bild geholt, dass man beim Anschauen geradezu ein Live-Gefühl hat. Nicht zuletzt auch durch die musikalische Qualität der Gesangssolisten für Orpheus, Eurydike und Amor – sie erzählen den Mythos (Texte auf deutsch) – und des ausgezeichneten Balthasar-Neumann Ensembles und Chor unter Thomas Hengelbrock. Bausch, was ja für sie typisch ist, illustriert die Geschichte nicht, sondern entwirft Gefühlsbilder für „Trauer“, „Gewalt“, „Frieden“ und „Sterben“. Natürlich gibt es halb erzählerische Soli und Pas de deux für die Liebenden und Amor. Aber vielleicht ist in noch intensiverem Maße das Ensemble der Vermittler von Schmerz, Leid, Unwiederbringlichkeit, Versöhnung mit dem Schicksal und Abschied: die entschlossenen Hadeshüter in großen Schlachterschürzen (Ausstattung und Licht: Rolf Borzig), die Gruppe der Frauen, wie getragen von Chor und Orchester, weich im Oberkörper mit diesen beseelt fließenden Armbewegungen des Folkwang-Stils, der hier durch die hohe französische Schule des Pariser Opernballetts noch sublimiert wird. Tanz und Musik werden hier wirklich eins und schaffen Bilder, die noch lange in einem nachschwingen.

Malve Gradinger

 

 

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