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Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester Volkstheater
Rostock
Undurchschaubares Durcheinander in der hoch verschuldeten
Hansestadt,
die seit 2006 versucht, im Rahmen eines Haushaltssicherungskonzepts
2006/2009 die Betriebszuschüsse für ihr Mehrspartentheater
abzusenken: Teure Veberas-Gutachten, Umwandlung des Regiebetriebs
in eine GmbH, Total- oder Teilfusion mit Schwerin, Auflösung
von Sparten? Eine von der Bürgerschaft eingesetzte Projektgruppe
legte einen Bericht vor, aus dem hervorging, dass die GmbH schon
deshalb nur schwer zu gründen sei, weil bereits vor der
Gründung insolvent. Oberbürgermeister Roland Methling
verweigerte die Annahme des Berichts. Generalintendant Steffen
Piontek, des Dauerstreits wohl müde, stimmte einer vorzeitigen
Auflösung seines bis 2012 laufenden Vertrages zu. Jetzt
teilt die Stadtverwaltung mit, Piontek sei fristlos gekündigt
und habe Hausverbot. Das Hauptamt der Stadt müsse dieser Maßnahme
des OB nur noch zustimmen. Kündigungen werden jedoch in Rostock
mit der selben Sorgfalt bearbeitet wie die Haushalts-Konsolidierung:
die letzte fristlose Kündigung Pionteks musste wieder zurückgenommen
werden.
Staatstheater Thüringen-Weimar
Der 2003 abgeschlossene Haustarifvertrag mit dem Deutschen Nationaltheater
Weimar, der eine der Säulen der selbständigen Fortexistenz
von Theater und Staatskapelle bildete, geht im Dezember 2008 zu
Ende. Die Vergütungen der Beschäftigten wieder an das
Niveau der Flächentarifverträge heranzuführen, war
als Ziel der in Fortsetzung zu führenden Verhandlungen formuliert
worden. Doch schon im März 2008 bat das Theater um neue haustarifvertragliche
Gehaltsverzichte für den Zeitraum 2009/2012, um die Gewerkschaften
jetzt wissen zu lassen, dass das Theater nicht einmal in der Lage
sei, die für 2008 vereinbarten Tariferhöhungen zu zahlen.
Neubrandenburg/Vorpommern
Die Geschäftsleitungen der Theater- und Orchester GmbH Neubrandenburg-Neustrelitz
sowie der Theater Vorpommern GmbH Greifswald-Stralsund appellierten
an die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns, bei der Verlängerung
der Theaterverträge die Finanzierungen durch das Finanzausgleichsgesetz
den Tarifabschlüssen entsprechend zu dynamisieren. Die Theater
seien nicht in der Lage, die Mehrkosten selbst zu tragen, ohne „Beschäftigungsabbau
in größerem Umfang“ vornehmen zu müssen,
so Vorpommern-Theater-Geschäftsführer Hans-Peter Ickrath.
In Schwerin wird allerdings halblaut auch über weitere Fusionen
nachgedacht.
Theater Hagen
Die Situation in der Stadt Hagen spitzt sich zu (vgl. O&T,
Ausg. 4/07, S. 6). Unter dem Konsolidierungsdruck des Regierungspräsidiums
hat der Rat der Stadt das Theater aufgefordert, bis Ende der Spielzeit
2008/09 ein auch die Rechtsform umwandelndes Modell zu entwickeln,
das eine Kürzung der städtischen Betriebszuschüsse
von derzeit rund zehn auf fünf Millionen Euro erlaube. Andernfalls
drohe Personalabbau und Spartenschließung.
Theater für Niedersachsen (TfN)
Das 2007 aus der Zusammenlegung des Stadttheaters Hildesheim
mit der Landesbühne Hannover entstandene „Theater für
Niedersachsen“ ist in schwere finanzielle Wetter geraten.
Beide Theater brachten Altlasten in die Fusion ein, die angesichts
eher sinkender Einnahmen nicht getilgt werden konnten. Da im Zuschussvertrag
mit dem Land Niedersachsen geregelt ist, dass Mehrkosten durch
Tarifsteigerungen vom Theater zu tragen sind, konnten nur vorgezogene
Zuschusszahlungen der Stadt Hildesheim und ihr Verzicht auf Rückzahlung
alter Forderungen verhindern, dass die Mehrbelastungen durch den
Tarifabschluss 2008 zur Zahlungsunfähigkeit des TfN führten. Staatsoperette Dresden
Die Tarif-Uhr beginnt zu ticken: Wenn die Stadt Dresden nicht
bis zum 31. Juli 2009 mit dem Neubau der Staatsoperette begonnen
hat,
tritt der mit einem Gagenverzichtsvolumen von rund 14,3 Millionen
ausgestattete Haustarifvertrag außer Kraft. Dann sei der
Neubau „hochgradig gefährdet“, so Intendant Wolfgang
Schaller. Anlass zur Sorge gibt die Tatsache, dass der Stadtrat
sich zwar für den neuen Standort der Staatsoperette im ehemaligen
Kraftwerk Mitte am Wettiner Platz entschieden, aber keinen Cent
im Doppelhaushalt 2009/10 dafür eingestellt hat. Ob die Stadt
erneut auf einen privaten Investor hofft, ob auf Nachzahlungen
des Freistaats oder ob sie durch Verzögerungstaktik das Projekt
doch noch platzen lassen will, ist unklar. Die Oberbürgermeisterwahlen
sind ja vorüber und was kümmert die Kandidatinnen und
Kandidaten ihr dummes Geschwätz von gestern, als sie der Staatsoperette
Hilfe zugesagt hatten.
Bautzen und Nordhausen
Neue Haustarifverträge, beim Sorbischen National-Ensemble
für das Jahr 2008, beim Theater Nordhausen für die Zeit
bis Juli 2012, mussten von den Gewerkschaften abgeschlossen werden. Dessau
Das Anhaltische Theater Dessau wollte unter seinem neuen Intendanten
André Bücker versuchen, mit dem Abbau von rund 50 von
derzeit 350 Stellen den Abschluss neuer Haustarifverträge
zu vermeiden. Nach heftigen Protesten des Ensembles, insbesondere
des Orchesters, das 18 seiner 84 Stellen verlieren sollte, wird
jetzt nach einem Kompromiss gesucht, der auch die Fortsetzung der
Arbeit des Theaters im Kinder- und Jugendbereich erlaubt.
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